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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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Ihr Chef?«

    »Er ist nicht mein Chef. Uns verbindet eine Freundschaft auf Augenhöhe.«

    »Genau deshalb rufe ich an. Wegen einer Freundschaft. Ulf Castrop, der Name sagt Ihnen wahrscheinlich etwas.«

    »Castrop«, wiederholte Schadewaldt. »Unter Freundschaft würde ich etwas anderes verstehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er und Herr Wallenstein noch irgendetwas gemeinsam haben.«

    »Sie würden sich wundern. Können Sie mir sagen, warum Herr Castrop seinen Exfreund als Hohepriester bezeichnet?«

    »Ich habe nicht die geringste Idee. Neid, nehme ich an, die ein Blender, der Wein predigt und Wasser trinkt, auf jemanden empfindet, der wahre Größe verkörpert.«

    »Wann kann ich den guten Götz sprechen?«

    »Ich glaube nicht, dass es ihm heute passt. Sicherlich haben Sie in der Zeitung gelesen, dass ihm heute Abend das Grüne Band für Nachhaltigkeit und umweltverträglichen Lebensstil der Stadt Münster verliehen wird. Sie können sich wohl denken, dass er sich vorher noch sammeln will.«

    »Gut«, sagte ich. »Dann bin ich gleich bei Ihnen.«

37

    Es dauerte lange, um in die Davert zu gelangen. Nicht nur, weil der Weg weit war. Das sommerliche Wetter hatte fast jeden Einwohner dieser Stadt mitsamt seinem Zweirad auf die Straße gelockt, was zu feiertagsbedingten Staus geführt hatte. Auf dem Kanalseitenweg, nördlich von Hiltrup, war es zu einem schweren Auffahrunfall gekommen, hervorgerufen durch einen Sportradler, der gestoppt hatte, um seine Schnürsenkel zu binden. Mindestens zehn Rentner aus Nordhorn auf Leihfahrrädern waren in die Kollision verwickelt, aber auch eine Familie mit Kinderanhänger, die auf der falschen Seite entgegengekommen war, und zwei Studentinnen, deren Rücktrittbremsen versagt hatten. Aufgrund des dichten Verkehrsaufkommens und des durch Schaulustige verursachten Staus auf der anderen Kanalseite brauchten Polizei und Rettungskräfte lange, um zum Unfallort vorzudringen. Die Fahrradlawine reichte bis zum Hafen.

    Also nahm ich die Hammer Straße.

    Wie bei meinem ersten Besuch wimmelte die Casa Verde von Schweine fütternden Wochenendtouristen. An Bäumen, Hütten und Stallungen pappten Plakate, die Wallenstein mit seinem schiefen Pfeifenrauchergrinsen anlässlich der Verleihung des Umweltpreises huldigten.

    Ein weiteres Mal bewunderte ich die enormen Ausmaße seines Eigenheims. Wenn es einen idealen Ort gab, an dem man sich sammeln konnte, dann wohl hier. Dennoch schien der Hausherr wieder einmal ausgeflogen zu sein. Erst nach mehrmaligem Klingeln verstummte drinnen ein Staubsauger. Kurz darauf öffnete Schadewaldt in fleckigen Jeans und einem kleinkarierten Hemd, dessen Ärmel aufgekrempelt waren.

    »Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass es heute nicht passt.«

    Dieses Mal war ich schneller als er und zwängte mich hinein, bevor er die Haustür schließen konnte.

    »Sagen Sie mir einfach, wann Sie Ihren Herrn und Gönner zurückerwarten, damit er seinen Preis entgegennehmen kann.«

    »Die Feier findet doch nicht hier statt, sondern im Grünen Winkel. Der Oberbürgermeister überreicht die Medaille und der Theologieprofessor Siegbert Haberland hält die Laudatio.«

    »Wozu dann der Hausputz?«

    »An einem Tag wie diesem kann es nicht schaden, wenn für Ordnung gesorgt ist«, belehrte mich der gute Geist des Hauses. »Abgesehen davon werden so manche Freunde und Weggefährten ihre Aufwartung machen. Und die Presse.«

    »Klar«, sagte ich. »Die darf natürlich nicht fehlen.«

    »Wenn Sie mich also jetzt entschuldigen«, drängte Schadewaldt und wies mit dem Saugstutzen in Richtung Haustür. »Sie sehen ja, ich habe zu tun.«

    Auf dem Weg dorthin bog ich ab und warf einen kurzen Blick ins Gästeklo, knipste das Licht an und bewunderte die verspiegelte Decke.

    »Dort habe ich schon sauber gemacht«, kam es vorwurfsvoll von Schadewaldt. »Würden Sie so freundlich sein, mir doppelte Arbeit zu ersparen.«

    »Noch eine Frage: Vorhin, als wir telefonierten, haben Sie etwas verwechselt, nicht wahr?«

    Schadewaldt, dessen Fuß den Staubsauger einschalten wollte, zögerte. »Was denn verwechselt?«

    »Sie sagten, Castrop sei einer, der Wein predige und Wasser trinke.«

    »Na und?«

    »Die Redensart lautet umgekehrt: Wasser bedeutet Verzicht, Wein Luxus. Verzicht predigen und Luxus genießen.«

    Der gute Geist überlegte einen Moment. »Nicht unbedingt«, wandte er ein. »Castrop betätigt sich in der Fleischbranche. Wein bedeutet hochwertiges Fleisch und Wasser

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