Alles zerfällt: Roman (German Edition)
hat keinen Verstand,
Er taugt nur zum Sklaven.
Den Gerichtsdienern missfiel es, Aschbacken genannt zu werden, und sie schlugen die Männer. Doch das Lied breitete sich in Umuofia aus.
Okonkwo beugte bekümmert das Haupt, als Obierika ihm von derlei Vorkommnissen erzählte.
»Vielleicht bin ich zu lange fort gewesen«, sagte Okonkwo wie zu sich selbst. »Denn ich verstehe nicht, was du mir sagst. Was ist nur aus unserem Volk geworden? Haben sie allen Kampfgeist verloren?«
»Hast du nicht gehört, wie der weiße Mann Abame ausgelöscht hat?«, fragte Obierika zurück.
»Ich habe es gehört«, sagte Okonkwo. »Aber ich hörte auch, dass die Leute von Abame schwach und dumm waren. Warum haben sie sich nicht gewehrt? Hatten sie keine Gewehre, keine Kampfmesser? Wir wären Feiglinge, wollten wir uns mit den Männern von Abame vergleichen. Ihre Väter haben es nie gewagt, sich den unseren entgegenzustellen. Wir müssen diese Männer bekämpfen und sie aus dem Land jagen.«
»Dazu ist es zu spät«, sagte Obierika traurig. »Unsere eigenen Männer und Söhne laufen zu den Fremden über. Sie wenden sich ihrem Glauben zu, und sie helfen, ihre Regierung aufrechtzuerhalten. Wollten wir die weißen Männer aus Umuofia vertreiben, hätten wir leichtes Spiel. Es sind nur zwei. Aber was ist mit unseren eigenen Leuten, die es ihnen gleichtun und denen sie Macht verliehen haben? Sie würden nach Umuru laufen, um Soldaten zu holen, und uns würde es ergehen wie Abame.« Er schwieg lange, und dann sagte er: »Ich habe dir bei meinem letzten Besuch in Mbanta doch erzählt, dass sie Aneto gehängt haben.«
»Was ist aus dem Streit um das Land geworden?«, fragte Okonkwo.
»Das Gericht des weißen Mannes hat beschlossen, dass es Nnamas Familie gehören soll, die den Dienern und Dolmetschern des weißen Mannes so viel Geld gab.«
»Versteht der weiße Mann unsere Landessitten?«
»Wie sollte er das, wenn er nicht einmal unsere Sprache spricht? Aber er sagt, unsere Sitten seien schlecht, und die eigenen Brüder, die seinen Glauben angenommen haben, sagen ebenfalls, dass unsere Sitten schlecht seien. Wie sollen wir kämpfen, wenn unsere eigenen Brüder sich gegen uns gewandt haben? Der weiße Mann ist listenreich. Er kam ruhig und in Frieden mit seinem Glauben. Wir haben über seine Dummheit gelacht und ihm gestattet, zu bleiben. Jetzt hat er unsere Brüder für sich gewonnen, und der Klan kann nicht mehr geschlossen handeln. Er hat ein Messer auf die Dinge gelegt, die uns zusammenhielten, und wir sind zerfallen.«
»Wie konnten sie Aneto ergreifen, um ihn zu hängen?«, wollte Okonkwo wissen.
»Als er Oduche im Streit über das Land erschlagen hatte, ist er nach Aninta geflohen, um dem Zorn der Erde zu entgehen. Das war etwa acht Tage nach dem Streit, denn Oduche erlag seinen Wunden nicht gleich. Erst am siebten Tag starb er. Doch alle wussten, dass er sterben würde, und Aneto packte seine Sachen für die Flucht. Nur hatten die Christen dem weißen Mann von der Angelegenheit erzählt, und er schickte seinen kotma , um Aneto zu ergreifen. Er wurde zusammen mit allen Oberhäuptern der Familie in das Gefängnis gesteckt. Am Ende starb Oduche, und Aneto wurde nach Umuru gebracht und gehängt. Die anderen ließ man laufen, aber selbst jetzt haben sie noch nicht den Mund wiedererlangt, von ihrem Leid zu berichten.«
Die beiden Männer saßen noch lange schweigend da.
Einundzwanzigstes Kapitel
Es gab in Umuofia viele, Männer wie Frauen, die keineswegs so sehr wie Okonkwo gegen die neuen Verhältnisse eingenommen waren. Der weiße Mann hatte in der Tat einen aberwitzigen Glauben mitgebracht, aber er hatte auch einen Handelsposten errichtet, und auf einmal waren Palmöl und -kerne kostbares Gut, und es floss viel Geld nach Umuofia.
Und selbst in der Glaubensfrage griff das Gefühl um sich, es könne vielleicht doch etwas dran sein, so etwas wie Methode in der übermächtigen Tollheit.
Dieses Gefühl war Mr Brown zu verdanken, dem weißen Missionar, der seine Schäflein mit sehr fester Hand daran hinderte, den Zorn des Klans zu erregen. Eines darunter war besonders schwer zu bändigen. Es hieß Enoch, und sein Vater war der Priester des Schlangenkults. Es ging das Gerücht um, Enoch habe den heiligen Python erschlagen und gegessen, und sein Vater habe ihn verflucht.
Mr Brown predigte gegen derlei Übereifer. Alles sei möglich, sagte er seiner umtriebigen Herde, aber nicht alles zweckdienlich. Und so errang sich Mr Brown
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