Alles zerfällt: Roman (German Edition)
Feldern. Das traf für die anderen Frauen nicht zu. Nicht, dass sie faul gewesen wären, aber sie hatten viele Mäuler zu stopfen. Man einigte sich daher darauf, dass Ekwefi die Kassaven zum Fest beisteuern würde. Nwoyes Mutter und Ojiugo würden die anderen Speisen, etwa den geräucherten Fisch, Palmöl und Pfeffer für die Suppe, bereitstellen. Okonkwo würde für Fleisch und Yams sorgen.
Ekwefi stand am folgenden Morgen zeitig auf und ging mit ihrer Tochter Ezinma und Ojiugos Mädchen Obiageli aufs Feld, um Kassaven zu ernten. Jede nahm einen langen Rohrkorb mit, ein Haumesser, um die weichen Kassavenstiele abzuschlagen, und eine kleine Hacke zum Ausgraben der Knollen. Zum Glück war nachts leichter Regen gefallen, folglich würde die Erde aufgeweicht sein.
»Es wird nicht lang dauern, bis wir beisammen haben, was wir brauchen«, sagte Ekwefi.
»Aber die Blätter werden nass sein«, sagte Ezinma. Sie balancierte auf dem Kopf ihren Korb, die Arme hatte sie vor den Brüsten verschränkt. Ihr war kalt. »Ich mag es nicht, wenn mir kaltes Wasser den Rücken hinunterrinnt. Wir hätten warten sollen, bis die Sonne höher steht und die Blätter getrocknet sind.«
Obiageli nannte sie »Salz«, weil sie kein Wasser mochte. »Hast du Angst, du könntest schmelzen?«
Wie Ekwefi versichert hatte, war die Erntearbeit nicht schwer. Ezinma rüttelte tüchtig mit einem langen Stock an den Sträuchern, ehe sie die Stiele durchschlug und die Knollen ausgrub. Manchmal war nicht einmal das nötig, dann reichte es, am Stumpf zu ziehen, und schon wölbte sich die Erde, rissen die Wurzeln und kamen die Knollen zum Vorschein.
Als sie einen ansehnlichen Haufen geerntet hatten, trugen sie die Knollen in zwei Lagen zum Fluss, wo jede Frau ihren eigenen flachen Brunnen zum Wässern der Kassaven hatte.
»Sie sollten in vier Tagen so weit sein, vielleicht schon in drei«, meinte Obiageli. »Es sind junge Knollen.«
»So jung auch wieder nicht«, sagte Ekwefi. »Das Feld habe ich vor fast zwei Jahren bepflanzt. Es ist schlechte Erde, deshalb sind die Knollen so klein.«
Okonkwo machte keine halben Sachen. Als seine Frau Ekwefi einwandte, zwei Ziegen seien doch genug für das Fest, sagte er barsch, das solle sie seine Sache sein lassen.
»Ich gebe ein Fest, weil ich es mir leisten kann. Man lebt nicht am Ufer eines Flusses und wäscht sich die Hände mit Spucke. Die Leute meiner Mutter haben mich gut behandelt, ich muss ihnen meinen Dank erweisen.«
Und so wurden drei Ziegen geschlachtet und einiges Geflügel. Es war wie ein Hochzeitsfest. Es gab Fufu und Yams-Eintopf, egusi - [134] und Bitterspinatsuppen und Krug über Krug mit Palmwein.
Die ganze umunna wurde zum Fest geladen, sämtliche Nachfahren Okolos [135] , der rund zweihundert Jahre zuvor gelebt hatte. Das älteste Mitglied dieser Großfamilie war Okonkwos Onkel Uchendu. Ihm übergab man die Kolanuss, und er bat um den Segen der Ahnen. Er bat sie um Gesundheit und Kinder. »Wir bitten nicht um Wohlstand, denn wer Gesundheit und Kinder hat, wird auch Wohlstand erlangen. Wir bitten nicht um mehr Geld, sondern um mehr Verwandte. Wir sind deshalb besser als Tiere, weil wir Verwandte haben. Ein Tier reibt sich die juckende Flanke am Baum, ein Mann bittet seinen Verwandten, ihn zu kratzen.« Er bat besonders für Okonkwo und seine Familie um Segen. Dann brach er die Nuss und warf eine der Früchte für die Ahnen auf die Erde.
Während die Nüsse herumgereicht wurden, trugen Okonkwos Frauen und Kinder und jene, die gekommen waren, ihnen beim Kochen zu helfen, die Speisen auf. Okonkwos Söhne brachten die Krüge mit Palmwein. Es gab so viel zu essen und zu trinken, dass etliche Verwandte vor Staunen pfiffen. Als alles bereitstand, erhob sich Okonkwo, um einige Worte zu sagen.
»Ich bitte euch, diese kleine Kola anzunehmen«, sagte er. »Nicht so sehr, um euch für das viele zu entschädigen, was ihr in diesen sieben Jahren für mich getan habt. Ein Kind kann die Milch seiner Mutter nicht bezahlen. Ich habe euch zusammengerufen, weil es gut ist, wenn Verwandte sich treffen.«
Zuerst wurde Yams-Eintopf gereicht, weil er leichter war als Fufu und weil Yams immer zuerst kam. Dann gab es Fufu. Manche Verwandte aßen ihn mit egusi -, andere mit Bitterspinatsuppe. Dann wurde das Fleisch so ausgegeben, dass jedes Mitglied der umunna seinen Teil bekam. Dem Alter nach standen die Männer auf und nahmen ihren Anteil entgegen. Selbst für die wenigen Verwandten, die nicht hatten
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