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Alles zerfällt: Roman (German Edition)

Alles zerfällt: Roman (German Edition)

Titel: Alles zerfällt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chinua Achebe
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werde ich euch heimsuchen und euch das Genick brechen.«
    Großes Glück hatte Okonkwo mit seinen Töchtern. Nie legte er das Bedauern ab, dass Ezinma ein Mädchen war. Von allen Kindern verstand allein sie jede seiner Launen. Zwischen ihnen war über die Jahre ein inniges Band entstanden.
    Ezinma wuchs während der Verbannung ihres Vaters zu einem der schönsten Mädchen Mbantas heran. Man nannte sie Schmuckstein der Schönheit, wie vor ihr bereits ihre Mutter. Aus dem kleinen, kränkelnden Mädchen, das seiner Mutter so viel Herzleid bereitet hatte, war fast über Nacht eine kräftige, lebhafte junge Frau geworden. Zwar kannte auch sie Zeiten der Niedergeschlagenheit, dann knurrte sie alle an wie ein wütender Hund. Diese Stimmungen bemächtigten sich ihrer ganz plötzlich und ohne ersichtlichen Grund. Aber es geschah selten und hielt nie lange an. Zu diesen Zeiten duldete sie niemanden in ihrer Nähe als den Vater.
    Viele junge Männer und wohlhabende Männer mittleren Alters aus Mbanta kamen und warben um sie. Doch sie wies alle ab, weil ihr Vater sie eines Abends zu sich hatte rufen lassen und ihr gesagt hatte: »Es gibt hier viele gute und tüchtige Leute, aber ich wäre froh, wenn du dich erst nach unserer Rückkehr in Umuofia verheiraten würdest.«
    Mehr sagte er nicht. Doch Ezinma erfasste sogleich alle Gedanken und verborgenen Bedeutungen hinter den wenigen Worten. Und sie war einverstanden.
    »Deine Halbschwester Obiageli wird es nicht verstehen«, fügte Okonkwo hinzu. »Aber du wirst es ihr erklären.«
    Obwohl fast gleich alt, übte Ezinma auf ihre Halbschwester großen Einfluss aus. Sie erklärte ihr also, weshalb sie sich jetzt noch nicht verheiraten sollten, und auch Obiageli zeigte sich einverstanden. Beide wiesen sämtliche Freier in Mbanta ab.
    ›Ich wünschte, sie wäre ein Junge‹, sagte Okonkwo sich im Stillen. Sie verstand ihn so vollkommen. Wer sonst von seinen Kindern hätte so klar seine Gedanken lesen können? Mit zwei bildschönen erwachsenen Töchtern würde seine Rückkehr nach Umuofia einiges Aufsehen erregen. Seine künftigen Schwiegersöhne würden einflussreiche Männer des Klans sein. Die Armen und Unbedeutenden würden sich gar nicht erst vorwagen.

    Umuofia hatte sich in den sieben Jahren der Verbannung Okonkwos in der Tat verändert. Die Kirche war gekommen und hatte viele vom rechten Weg gelockt. Nicht nur die niedrig Geborenen und die Ausgestoßenen waren ihr beigetreten, sondern gelegentlich sogar würdige Männer. Solche wie Ogbuefi Ugonna [136]   , der zwei Titel erworben und der wie ein Besessener seinen Titel-Fußreif zertrümmert und weggeworfen hatte, um sich den Christen anzuschließen. Auf ihn war der weiße Missionar besonders stolz, und er zählte zu den ersten Männern in Umuofia, die das Sakrament des Heiligen Abendmahls empfingen – oder Heiligen Fests, wie es auf Igbo hieß. Bei »Fest« hatte Ogbuefi Ugonna an Essen und Trinken gedacht, nur eben heiliger als in der Dorfvariante. Er hatte daher zu dem Anlass sein Trinkhorn in den Ziegenlederbeutel gepackt.
    Außer der Kirche aber hatten die weißen Männer auch eine Regierung mitgebracht. Sie hatten einen Hof errichtet, wo der »District Commissioner« in Unkenntnis urteilte. Er hatte Gerichtsdiener, die ihm Männer vorführten, über die zu richten war. Viele dieser Diener stammten aus Umuru am Ufer des Großen Flusses [137]   , wo die weißen Männer vor vielen Jahren zuerst eingetroffen waren und wo sie das Zentrum ihres Glaubens, ihres Handels und ihrer Regierung begründeten. Die Gerichtsdiener waren in Umuofia verhasst, weil sie Fremde waren, und zudem eingebildet und anmaßend. Man nannte sie kotma , und wegen ihrer aschgrauen Kniehosen erwarben sie sich darüber hinaus den Namen Aschbacken. Sie bewachten das Gefängnis, das überquoll vor Männern, die gegen das Gesetz des weißen Mannes verstoßen hatten. Manche hatten Zwillinge fortgebracht, andere Christen belästigt. Im Gefängnis wurden sie von den kotma [138]   geschlagen und gezwungen, morgens den Hof der Regierung zu kehren und Feuerholz für den weißen Commissioner und die Gerichtsdiener zu sammeln. Einige dieser Gefangenen waren Titelträger und über solche niederen Arbeiten erhaben. Die Würdelosigkeit traf sie schwer, sie trauerten um ihre vernachlässigten Felder. Wenn sie morgens Gras schnitten, sangen die jungen Männer im Takt der Schläge ihrer Buschmesser:
    Kotma mit Aschbacken,
    Er taugt nur zum Sklaven.
    Der weiße Mann

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