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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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die Position des Generalsekretärs klar ist«, antwortete ich, »kann kaum jemand die Sache kippen. Aber auch Sie sollten sich darauf gefasst machen, dass bei Ihnen nun die Telefone heiß laufen.«
    Der Augenblick des entscheidenden Gesprächs mit Tichonow war gekommen. Ein Vergnügen würde das kaum werden, aber wenn er nicht mitmachte, war das Projekt bedroht.
    Das Treffen fand im Kreml statt und dauerte vier Stunden. Ich kam mit umfangreichem analytischem Material zu dem ganzen Fragenkomplex, die Argumente schienen »unschlagbar«, aber sobald die Rede auf die 16  Milliarden zur Erhöhung der Einkaufspreise kam, schaltete Tichonow ab. Ich versuchte, ihn zu erweichen: »Nikolaj Alexandrowitsch, Sie sind doch Ökonom. [25] Sie wissen doch vorzüglich, dass sich das ganze Programm ohne diesen Betrag in ein nutzloses Stück Papier verwandelt.«
    »Nein, Michail Sergejewitsch«, sperrte sich Tichonow, »ich habe dieses Geld nicht.«
    Da brachte ich das Gespräch auf den nicht rückzahlbaren Kredit.
    »Schauen Sie sich dieses Gutachten an: In den letzten Jahren haben die Kolchosen und Sowchosen jährlich Kredite im Umfang von bis zu 17  Milliarden pro Jahr aufgenommen.« Ich legte ihm die Berechnungen vor.
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Ein nicht rückzahlbarer Kredit ist ebenfalls eine Finanzierung, allerdings in der schlechtesten Form. Die Betriebe verdienen diesen Betrag nicht, sondern nehmen ihn einfach und zahlen ihn nicht zurück. Auf diese Weise entsteht auf dem Dorf eine Psychologie der Raffgier, von der Sie selbst gesprochen haben. Und solange das so weitergeht, wird es keine Ordnung im Dorf geben.«
    Man brachte Tee. Tichonows Gesicht blieb undurchdringlich; es war schwer zu ahnen, was in ihm vorging. Das Gespräch kam wieder in Gang. Alle meine ökonomischen Argumente prallten wie ein Ball an ihm ab und erschöpften sich allmählich. Tichonow war unbeirrbar und, was die Hauptsache war, er schwieg. Wie sollte ich da mit ihm streiten? Da besann ich mich unseres gemeinsamen Besuchs beim Generalsekretär und ging zu einer härteren Taktik über: »Hier ist das Schreiben an das Politbüro, das ich nach dem Gespräch mit Leonid Iljitsch vorbereitet habe. Ich möchte, dass wir es zusammen unterschreiben: Sie als Vorsitzender der Regierung und ich als der, den man mit dieser Sache beauftragt hat.«
    Tichonow schwieg.
    »Wenn Sie nicht unterschreiben, unterschreibe ich allein und schicke es ans Politbüro. Dann soll das Politbüro entscheiden. Breschnew habe ich vorgewarnt, dass die Fragen der Finanzierung nicht gelöst sind, aber Tschernenko und Sie haben dem Generalsekretär versichert, es werde sich alles regeln lassen.«
    Tichonow hörte schweigend zu und dachte über irgendetwas nach. Wieder wurde Tee gebracht, wieder trat eine Pause ein.
    »Ich bin überzeugt davon«, holte ich aus, »das Politbüro unterstützt meine Pläne. Nach den Konferenzen zu urteilen, die ich durchgeführt habe, ist das die Meinung, die in der Partei und im Land vorherrscht. Lassen Sie uns zusammenarbeiten. Ich möchte nicht, dass wir so auseinandergehen.«
    Endlich kam: »Geben Sie mir alle Papiere. Ich sehe sie durch.«
    Er nahm das Schreiben, die Gutachten und die Berechnungen, blätterte sie schweigend durch und rang sich sichtlich dazu durch, zu sagen: »Ich nehme das alles und schaue es mir noch einmal an. Aber lassen Sie uns sofort die Schaffung des Staatlichen Agroindustriellen Komitees streichen. In den Regionen mag es dieses Komitee ja ruhig geben, aber im Zentrum nicht. Es soll doch nicht etwa eine zweite Regierung bei uns eingerichtet werden, oder?«
    Das ist ja was, dachte ich, vier Stunden dazusitzen und über das Wichtigste, das dem Regierungsvorsitzenden gegen den Strich geht, zu schweigen. Und da stütze ich mich auf die wirtschaftliche Analyse, suche wissenschaftliche Argumente …
    Nicht lange vorher hatte Karlow, der Leiter der landwirtschaftlichen Abteilung des ZK , mir gesagt, jemand habe in den Apparaten des ZK und des Ministerrats das Gerücht ausgestreut, Gorbatschow wolle das Agroindustrielle Komitee für sich selbst einrichten, um die Hälfte der Volkswirtschaft des Landes unter seine Fuchtel zu bekommen. Und der Clou: Dahinter stünden seine Spekulationen auf den Posten des Vorsitzenden des Ministerrats.
    Ich hatte dem Gerücht keine Bedeutung beigemessen und abgewinkt, der übliche Klatsch des Apparats, sonst nichts. Aber nun stellte sich heraus, dass er jemandem ernstlich Angst gemacht hatte. Gleichsam

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