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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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Entscheidungen zu fällen. Die Erneuerung der Kader wurde trotz Schwierigkeiten fortgesetzt, zwei große Plenartagungen wurden durchgeführt: im Frühling zur Schulreform, im Oktober zu einem langfristigen Programm der Bodenmelioration mit einem Referat Tichonows.
    Dann brach auch noch ein ungewöhnlich harter Winter herein. Von verschiedenen Stellen hagelte es Telegramme an das Zentrum mit der Bitte um Hilfe. Im Ural kam es zu solchen Schneeverwehungen, dass der Verkehr lahmgelegt war. Nicht Dutzende, nein, Hunderte von Zügen standen still, mit allen Ladungen, mit allem, was die Grundlage für die Produktion und Versorgung der Bevölkerung bildete. Ein Kollaps der Volkswirtschaft drohte.
    Die Regierung hatte alle Hände voll zu tun. Mit operativen Fragen befasste sich damals Gejdar Alijew, Erster Vertreter des Vorsitzenden des Ministerrats. Auch Ligatschow schaltete sich ein. Das geschah in meinem Auftrag, fiel aber auch mit seinem Wunsch zusammen und entsprach seinem Arbeitsstil. Er war unzufrieden damit, wie die Probleme in den Republiken und auf lokaler Ebene gelöst wurden, und wollte demonstrieren, dass er Aufgaben dieser Art durchaus gewachsen war. Außerdem war es in dieser Situation, die sich mit dem Generalsekretär ergeben hatte, wichtig zu zeigen, dass das ZK funktionierte, und diese Aufgabe haben Ligatschow und andere zufriedenstellend erfüllt.
    Noch schwieriger wurde es, als Tschernenko ins Krankenhaus kam. Jeder wies als Untermauerung seiner Position auf ein Gespräch mit Tschernenko hin, was natürlich nicht nachzuprüfen war. Häufig entstand die Situation, dass die einen in ein und derselben Frage das eine, die anderen das Gegenteil behaupteten und sich beide Seiten auf Tschernenko beriefen. Es kam zu einer Polarisierung in der Führung und im Apparat. Die einen versuchten, mir die Arbeit schwerzumachen und mich aus dem Konzept zu bringen; die anderen – und es wurden immer mehr – unterstützten mich offen.
    Ich musste mich taktisch verhalten; so zum Beispiel im Fall des »ewigen« Plans für eine Plenartagung zu Problemen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, auf der ich ein Referat halten sollte. Zur Vorbereitung wurde eine spezielle Gruppe gebildet, die Sache ging gut voran. Wir stießen auf zwei Vorarbeiten: eine des Akademiemitglieds Inosemzew und eine der Abteilung für Maschinenbau. Außerdem fand sich eine Unmenge aller möglichen, zehn Jahre alten Pläne im Archiv. Nach dem berühmten Ausspruch Breschnews über den wissenschaftlich-technischen Fortschritt war von der Partei eine Plenartagung des ZK vorbereitet worden. Ich dachte: Wie viel vertane Zeit! Andere Länder haben in der Zwischenzeit einen ungeheuren Weg zurückgelegt und sich damit eine dynamische Entwicklung gesichert.
    Doch je näher die Plenartagung rückte, desto deutlicher wurde der Widerstand Tschernenkos, Tichonows, Grischins und Gromykos. Alle fanden, meine Position würde dadurch zu sehr gestärkt. Sie waren gegen die Plenartagung und verbargen das nicht im Geringsten. Was tun? Ich beschloss, mit Tschernenko zu sprechen und selbst den Vorschlag zu machen, die Plenartagung abzusetzen. Ich fuhr mit Ligatschow zu ihm ins Krankenhaus.
    »Konstantin Ustinowitsch, wir arbeiten an den Unterlagen für den Parteitag, ist es da für eine Plenartagung zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt nicht zu spät?«
    Seine Meinung kannte ich, sodass es nicht schwer war, sein Einverständnis einzuholen.
    Am nächsten Tag fand eine Politbürositzung statt. Ich sagte gleich zu Beginn betont ruhig: »Ligatschow und ich waren gestern bei Konstantin Ustinowitsch. Es geht ihm gut. Wir haben uns unterhalten und ihn in die laufenden Angelegenheiten eingeweiht.«
    Es folgte eine Pause, während derer viele wohl dachten: Aha, Gorbatschow und Ligatschow waren bei Tschernenko! Wenn sie ihn getrennt besuchen, hat das etwas zu bedeuten, was muss dann erst geschehen sein, wenn sie zusammen zu ihm gehen? Alle spitzten die Ohren.
    »Wissen Sie, ich habe mich mit Konstantin Ustinowitsch beraten. Wir sind übereingekommen, die Plenartagung zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt von der Tagesordnung abzusetzen.«
    Alle unterstützten diesen Vorschlag einmütig, ja freudig. So wurde die Idee, das drängendste Strukturproblem des Landes auf einer Plenartagung des ZK zu besprechen, zum zweiten Mal zu Grabe getragen. Vorgreifend kann ich sagen, dass es später wenigstens eine Art Kompensation gegeben hat. Im Juni 1985 führten wir im ZK

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