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Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition)

Titel: Alles zu seiner Zeit: Mein Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Gorbatschow
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und sogar die Streitkräfte aufzuteilen. Er drohte Massendemonstrationen und Unruhen an. In den Unionsrepubliken fand Jelzins Vorgehen keine Billigung und erst recht keine Unterstützung, es machte sie eher hellhörig.
    Auf diese Weise wurde die geplante durchgreifende Wirtschaftsreform zum Spielball der Politik Jelzins und der radikalsten Anhänger der Bewegung »Demokratisches Russland«. Diese hatte in ihrem Gründungsdokument unzweideutig erklärt, sollte der Oberste Sowjet und der Präsident der UDSSR die Souveränität Russlands verletzen, so werde sie den Austritt der Russischen Föderation aus der UDSSR betreiben und das Unionseigentum auf russischem Territorium nationalisieren.
    Die skandalöse Erklärung Jelzins vom 16 . Oktober, die sogar so erfahrene europäische Politiker wie Mitterrand erschreckte, zeigte, dass die Radikaldemokraten ganz andere Dinge umtrieben als die Wirtschaftsreform; nach dem Motto: Wenn Gorbatschow die ultimative Forderung nach dem Rücktritt der Ryschkow-Regierung nicht annimmt, verletzt er die Souveränität Russlands. Die Antwort darauf war der »Krieg der Gesetze« der Russischen Föderation gegen die UDSSR . Am 24 . Januar 1991 verabschiedete der Oberste Sowjet der Russischen Föderation das Gesetz »Über die Geltung der Gesetze der UDSSR auf dem Territorium der Russischen Föderation«, mit dem nicht nur der Vorrang der russischen Gesetze verkündet, sondern Bürgern und Amtspersonen, die nicht von der Russischen Föderation ratifizierte Unionsgesetze ausführen, sogar eine Strafe angedroht wurde.
    Der Haushaltsbeschluss der Russischen Föderation für das Jahr 1991 war ein Schlag für den Haushaltsplan der UDSSR . Die russische Führung kürzte ihre Zahlungen an die Union eigenmächtig um 100  Milliarden Rubel. Dadurch verringerten sich die Möglichkeiten, die anderen Republiken zu unterstützen. Da sie auf diese Gelder angewiesen waren, verringerten die Republiken die Lieferungen ihrer Produkte an die Union. Der akute Mangel an Baumwolle und Baumwollprodukten spitzte sich zu. Die russischen Behörden hoben die Großhandelspreise für Fleisch, Erdöl und Erdölprodukte einseitig an. All dies geschah im Namen der populistischen Losungen, den Lebensstandard der Russen dem des Westens möglichst schnell anzunähern. In Wirklichkeit hatte die Erschütterung der Wirtschaftsverbindungen genau das gegenteilige Ergebnis.
    Der Krieg der Gesetze, Souveränitäten und Haushalte, angezettelt von der Führung der Russischen Föderation, griff auf andere Republiken über. Die Grundlagen der Verfassung, die öffentliche Sicherheit, das ganze System der wirtschaftlichen Verbindungen waren in Frage gestellt. Dabei verlief die Diskussion des Dokuments »Grundlagen für den Übergang zum Markt« im Unionsparlament recht konstruktiv. Trotz der schwer angeschlagenen Autorität der Regierung wurde das Dokument auf Unionsebene verabschiedet.
    Einmal gelang es mir, die Spannungen zwischen Jelzin und mir zu lockern, indem ich die gemeinsame Verantwortung für das Schicksal des Landes herausstrich. Aber schon bald wurde ich von einer ganz anderen Seite unter Druck gesetzt. Der Auftritt der Konservativen, deren Interessen die Gruppe »Sojus« (Union) im Parlament vertrat, deckte sich ganz mit den Vorstellungen der extrem »linken« Opposition. Auf dem 4 . Kongress der Volksdeputierten am Ende des Jahres forderten viele aus ihren Reihen bereits, die Frage meiner Entbindung von den Amtspflichten in die Tagesordnung aufzunehmen. Für den Antrag stimmten »Verärgerte« aus beiden Lagern, aber es kamen nur 400  Stimmen zusammen. Jelzin, Popow und Stankewitsch stimmten dagegen.
    Der Kongress billigte meinen Vorschlag für eine Korrektur der Verfassung, der die Einrichtung eines Ministerkabinetts statt des Ministerrats und eine Reihe anderer angesichts der Krise notwendiger Maßnahmen zur Stärkung der Exekutive vorsah. Da die Diskussionen und Konflikte um die Integrität des Landes, das Schicksal der Union und den neuen Unionsvertrag anhielten, schlug ich vor, zu diesem Punkt das Volk zu befragen. Der Kongress nahm meinen Vorschlag auf und beschloss, für die UDSSR ein Referendum zur Frage des Erhalts der Union als erneuerter Föderation gleichberechtigter souveräner Staaten durchzuführen.
    Das Jahr 1991 begann ohne Haushaltsbeschluss. Die russische Administration hatte ihn unmöglich gemacht. Die Produktionsziffern sanken weiter (um 5  Prozent im Vergleich zum ersten Quartal von 1990 ). Die Arbeit

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