Allie kommt gross raus Band 4
brummte Mark.
»Wer so was sagt, wird automatisch die böse Königin«, sagte Onkel Jay und schlug Mark sachte mit dem zusammengerollten Text auf den Kopf.
Die nächste Stunde verbrachten wir mit dem, was Onkel Jay vorgeschlagen hatte. Er und Mark lasen die Texte der anderen, und ich las Prinzessin Penelopes Rolle vor. Hin und wieder ließ Onkel Jay auch Kevin eine Zeile »vorlesen« (indem er ihm den Text ins Ohr flüsterte und Kevin ihn mit viel Pathos laut aussprach).
»Letztes Jahr haben die Amerikaner 50 Milliarden Wasserflaschen aus Plastik verbraucht«, las Kevin laut vor (beziehungsweise er wiederholte, was Onkel Jay ihm zugeflüstert hatte). »Davon wurden 76 Prozent nicht recycelt. Es dauert über 1000 Jahre, bis sie verrotten!«
»Oh, nein, oh Pfandflaschen-Zauberer«, rief ich. »Das wusste ich ja gar nicht!«
»Ja, deshalb sollst du deine Wasserflaschen mehrmals benutzen oder noch besser Leitungswasser trinken!«
Nachdem wir einmal durch waren, hatte ich allmählich das Gefühl, Penelopes Charakter verstanden zu haben, als wüsste ich, »wie sie tickt«, wie Onkel Jay gesagt hat. Er sagte, für jeden
Mimen (damit meint er Schauspieler oder Schauspielerin), der sein Handwerk versteht, wäre es wichtig, so ein Gefühl für die Rolle zu entwickeln, dass er dem Regisseur erzählen könnte, was die Figur zum Frühstück gegessen hätte.
Ich beschloss, dass Prinzessin Penelope Schokopops gegessen hätte, weil sie als Prinzessin essen durfte, was sie wollte (im Gegensatz zu uns: Wir dürfen keine gezuckerten Müslis essen. Mom sagt, Zucker macht uns zu hibbelig).
Nach dem Vorlesen machten wir uns bettfertig und ich fragte Onkel Jay, warum er nicht weiter Theater spielte, wenn er doch so viel über die Schauspielerei wusste.
»Ach, das kann ich dir leicht beantworten«, erwiderte er. »Der Beruf ist echt die Härte. Ich bevorzuge die sanftere Gangart des Schreibens. Außerdem habe ich jetzt, seit ich nicht mehr proben muss, mehr Zeit, abends mit euch abzuhängen.«
»Aha.«
Als ich an jenem Abend in den Schlaf dämmerte, hatte ich das gute Gefühl, besser vorbereitet zu sein als Sophie und Cheyenne. Schließlich hatte ich die Rolle, die ich gerne hätte, mit einem halbprofessionellen Schauspieler geprobt. Ich bezweifelte sehr, dass auch nur eine von beiden dasselbe getan hatte. Selbst wenn, hatten sie auch so gute Ratschläge bekommen, wie sich zu überlegen, was die Figur zum Frühstück gegessen hatte? Unwahrscheinlich.
Ich würde die beste Prinzessin Penelope werden, die Mrs
Hunter je gesehen hatte. Und wenn es Sophies Gefühle verletzte, wenn ich die Rolle bekäme, wäre das auch in Ordnung. Sie würde darüber hinwegkommen, genau wie Onkel Jay es vorhergesagt hatte. Wahrscheinlich.
Regel Nummer 5
Möge der oder die Beste gewinnen
Am nächsten Morgen hatte meine Mutter schlechte Laune. Sie sagte, das läge daran, dass »Requiem für einen Schlafwandler« kein guter Film gewesen wäre.
»Die Sendung heißt Good News «, sagte sie besorgt. »Ich will einfach nicht, dass meine erste Kritik ein Verriss ist.«
»Die gute Nachricht ist, dass du die Leute davor rettest, sich diesen Schund anzusehen«, widersprach Dad. »Du solltest es in deiner Kritik beim Namen nennen. Schund. Also, ich fand den Film zum Einschlafen.«
»Geschnarcht hast du auch«, sagte Mom. »Das war das letzte Mal, dass ich mit dir in einen Film gegangen bin, den ich besprechen soll.«
»Oh, das tut mir aber leid«, sagte Dad, aber traurig klang er nicht.
Ich war auch nicht sonderlich gut gelaunt, aber nicht weil »Requiem für einen Schlafwandler« so ein schlechter Film war, sondern wegen des Vorsprechens. Jetzt war ich nicht mehr so
optimistisch, was die Reaktion meiner Freundinnen anging, wenn sie herausfanden, dass ich für die Rolle von Prinzessin Penelope vorsprechen wollte. Es war eine Sache, sich direkt vor dem Einschlafen vorzunehmen, was man machen würde. Aber es war etwas ganz anderes, am nächsten Morgen aufzuwachen und es tatsächlich zu tun.
Ich musste Kevin und Mark bitten, Erica beim Abholen nicht zu verraten, dass ich Prinzessin Penelope spielen wollte. Ich sagte, ich wolle es ihr, Caroline und Sophie selbst sagen, wenn ich einen guten Zeitpunkt gefunden hätte.
Mark versprach, er würde dichthalten, wenn er mittags meinen Nachtisch bekäme. Das war zwar super unfair, weil ich auch nicht gepetzt hatte, dass er im oberen Flur Fußball gespielt hatte, aber gut, ich ging darauf ein. Kevin meinte auch,
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