Allie kommt gross raus Band 4
Rollen nicht sonderlich ernst nahmen. Das hätte man von Jungen wie Patrick Day oder Stuart Maxwell
erwarten können, aber nein, ich spreche von Cheyenne. Ich konnte es mir nur so erklären, dass sie immer noch nicht darüber hinweg war, dass sie die Rolle der Prinzessin Penelope nicht bekommen hatte und deshalb den Text der Energiesparbirnen-Elfenkönigin in einem Singsang vortrug, der zu sagen schien: »Bitte schön, ich bin zwar hier und ich lese das vor, aber ich denke nicht daran, mir mit dieser Rolle Mühe zu geben.«
Marianne und Dominique taten es ihr nach, so gut sie konnten (aber sie waren sowieso so schlechte Schauspielerinnen, dass es keinen Unterschied machte).
Ich dagegen rackerte mich bei jeder Probe richtig ab - obwohl ich immer noch daran zu knabbern hatte, dass Onkel Jay gemeint hatte, ich müsste herausfinden, wie die Stiefmutter von Prinzessin Penelope ticke. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung. Warum war sie so böse - vor allem, wenn es stimmte, was Onkel Jay gesagt hatte, dass niemand böse auf die Welt kommt? Und warum war die Königin komplett gegen Recycling? Ich überlegte immer noch, was der Stiefmutter von Prinzessin Penelope zugestoßen sein konnte, dass sie so geworden war, wie sie jetzt war. Aber dank der Ereignisse bei Erica hatte ich einen passenden Namen für sie gefunden: Königin Melissa die Mordlustige!
Tatsächlich merkte ich jedes Mal, wenn ich ihren Text vorlas (Königin Melissa die Mordlustige hatte enorm viel Text, wie sich herausstellte), dass ich Ericas Schwester Missy nachmachte.
Nur ein bisschen. Mir fiel auch auf, dass ich Rosemarie, Sophie und Caroline damit zum Lachen brachte. Dauernd. Sogar Erica kicherte ab und zu mit. Schon bald lachten auch unsere Mitschüler … dabei wussten sie gar nicht, dass ich jemanden nachmachte.
Sogar Mrs Hunter lachte, obwohl sie so tat, als täte sie es nicht. Ihre Mundwinkel zuckten, wenn sie sagte: »Das machst du sehr gut, Allie.«
Ich merkte, dass es richtig Spaß machte, Leute zum Lachen zu bringen - vor allem, wenn sie es gar nicht wollen. Ich war mir zwar nicht sicher - das wusste nur Sophie -, aber vielleicht war das ja noch schöner, als die Prinzessin zu spielen.
Langsam dämmerte mir, dass ich die Rolle der bösen Königin die ganze Zeit falsch eingeschätzt hatte. Möglicherweise hatte ich gar keinen Grund, sauer zu sein, dass ich die schöne Prinzessin nicht spielen durfte, sondern sollte froh sein, dass ich eine Rolle hatte, bei der ich die Menschen zum Lachen bringen konnte.
Außer … war es nicht eher so gedacht, dass die böse Königin den Zuschauern Angst machen sollte? Es bereitete mir echt Probleme, dass ich es nicht genau wusste. Ich war immer noch verwirrt und mir war klar, dass all das mit Onkel Jays Frage zusammenhing, wie die Königin »tickte«. Ich musste herausfinden, was im Leben Königin Melissas der Mordlustigen geschehen war, das sie überhaupt so böse gemacht hatte. Warum kaufte sie so viele Trinkpäckchen und warf sie dann in
den Hausmüll statt in die gelbe Tonne? Warum fuhr sie in so einem fetten Benzinschlucker auch auf kurzen Strecken, die sie locker zu Fuß bewältigen konnte? Warum hatte sie sich einen Verschmutzungsstrahl besorgt, mit dem sie Prinzessin Penelope töten wollte? All das musste ich noch herausfinden, um meine Rolle richtig zu begreifen, wie Onkel Jay sagen würde … Doch bis zur großen Vorstellung blieb mir ja noch etwas Zeit.
Als wir am Ende der Woche in die Pause gingen, passierte etwas Interessantes. Ich fand heraus, warum Cheyenne so gelangweilt klang, wenn sie als Elfenkönigin ihren Text las. Sie machte das mit Absicht!
»Tja«, hörte ich Cheyenne zu Elizabeth Pukowski sagen, die eine Nahverkehrs-Elfe spielte, »Mrs Hunter kann mich zwingen, die Elfenkönigin zu spielen, aber sie kann mich nicht zwingen, sie gut zu spielen.«
Ich stupste Sophie mit dem Ellbogen an. Sophie griff sich an die Seite und machte ein Gesicht, als hätte ich ihr wirklich wehgetan (hatte ich nicht). Ich nickte bedeutungsvoll in Richtung der Mädchen vor uns und machte eine Geste, dass Sophie zuhören sollte.
»Was willst du damit sagen?« Elizabeth sah Shamira an, die ebenfalls eine Nahverkehrs-Elfe spielte.
»Ich spiele die Elfenkönigin«, sagte Cheyenne hochnäsig, »aber ich denke nicht daran, mich da reinzuhängen. Wieso
sollte ich auch? Das ist doch nur ein albernes Kleinkinderstück. Ich spare mir mein Schauspieltalent für mein nächstes Vorsprechen auf, egal wo. Warum
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