Allie kommt gross raus Band 4
sollte ich meine Energie auf dieses blöde Stück verschwenden, das sowieso nur unsere Eltern zu sehen bekommen?«
Elizabeth und Shamira sahen sich an.
»Ich möchte vor meinen Eltern nicht schlecht dastehen«, sagte Shamira.
»Aber genau darum geht es doch«, sagte Cheyenne. »Meine Eltern wissen, zu welchen schauspielerischen Leistungen ich fähig bin. Ich habe schließlich Helen Keller gespielt. Ein Talent wie meines ist für so eine Rolle völlig verschwendet. Warum sollte ich mich also anstrengen, kann ich nur sagen? M und D sind ganz meiner Meinung.«
Marianne und Dominique, die hinter ihnen herschlenderten - aber vor Sophie und mir -, nickten.
»Soll das heißen«, mischte Sophie sich ein, die sich keine Sekunde länger beherrschen konnte, »dass du nicht mal versuchst, in dem Stück gut zu sein?«
»Genau!«, antwortete Cheyenne achselzuckend. Sie sah nicht so aus, als schämte sie sich.
»Aber…« Sophie fehlten die Worte, so fassungslos war sie. »Das musst du aber.«
»Nein«, erwiderte Cheyenne. »Ich muss gar nichts.«
Sophie bekam einen starren Blick und für einen Augenblick lang dachte ich, ihr Kopf würde vom Körper abplatzen.
»Du musst aber, Cheyenne!«, schrie sie geradezu. »Du musst dir Mühe geben! Weil unsere Klasse das Stück aufführt und ich der Star bin in diesem Stück und weil ich es dir sage! Jeder muss sein Bestes geben!«
Huch! Sophie war ihre Hauptrolle wohl doch ein bisschen zu Kopf gestiegen.
Ich legte ihr sanft meine Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. Zu Cheyenne, die Sophies Wutanfall mit einem fiesen Grinsen beantwortete, sagte ich: »Das ist wirklich eine miese Einstellung, Cheyenne. Alles nur, weil du nicht die Rolle bekommen hast, die du haben wolltest. Es gibt keine schlechten Rollen, weißt du das eigentlich, es gibt nur schlechte Schauspieler.«
Cheyenne verging das Grinsen und sie glotzte mich an. »Was soll das denn heißen?«, wollte sie wissen.
»Finde es selber raus«, riet ich ihr.
Dann nahm ich die zornige Sophie am Arm und führte sie aus der Gefahrenzone.
»Oh«, wütete Sophie, als wir auf dem Gelände, wo wir immer Königinnen spielen, zu Caroline und Erica stießen. »Ich kann es nicht glauben, dass es so was wie sie überhaupt gibt! Sie ist so grässlich! Ich dachte, je mehr wir proben, umso besser werden wir, aber so kann das ja nichts werden. Das wird eine schreckliche Aufführung!«
»Nein«, sagte Caroline in aller Ruhe, nachdem ich ihr erklärt hatte, wovon Sophie redete. »Cheyenne und ihre Leute
werden schrecklich sein, aber wir werden trotzdem gut spielen.«
»Du weißt, was ich meine.« Sophie ließ sich auf den Rasen plumpsen. »Was sollen wir bloß machen?«
»Vielleicht sollten wir es Mrs Hunter sagen«, schlug Erica sorgenvoll vor.
»Ja!« Sophies Miene hellte sich auf. »Wir sagen es Mrs Hunter. Gute Idee!«
Ich warf Sophie einen besorgen Blick zu. Es war eindeutig - sie bildete sich auf ihre Rolle als Prinzessin mächtig viel ein.
»Dann werden sie nur noch saurer«, wandte Caroline ein. »Ganz ehrlich, ich wüsste nicht, was wir tun könnten. Man kann niemanden mit einer negativen Einstellung zu einer positiven bekehren, echt nicht.«
In meinen Ohren hörte sich das wie eine Regel an. Eine Regel, gegen die man verstoßen sollte. Das Problem war nur, dass ich keine Ahnung hatte, wie.
Allerdings hatte ich größere Probleme als dass Cheyenne und ihr Elfen-Hofstaat nicht mal versuchten, anständig Theater zu spielen. Ich machte mir auch Sorgen um Sophie, der ihre Rolle so zu Kopf gestiegen war. Aber vor allem hatte ich selbst immer noch nicht genug über meine Figur herausgefunden. Was hatte Melissa die Mordlustige erlebt, dass sie so böse war?
Schließlich ist es allgemein bekannt, dass man nur Freunde
gewinnt, wenn man andere so behandelt, wie man selbst behandelt werden möchte. Das ist überhaupt die Regel Nummer eins! Andererseits hatte ich die Erfahrung gemacht, dass diese Regel nicht immer befolgt wird. Sollte sie aber. Warum wollte jemand also die ganze Zeit über lieber gemein als nett sein?
Ich wusste, es gab nur einen Menschen, an den ich mich mit meinen Theater-Problemen wenden konnte. Zum Glück kam er zum Abendessen, weil Mom heute zum zweiten Mal in Good News auftrat. Onkel Jay und Harmony brachten uns Pizza vom Pizza Express mit und Eis zum Nachtisch, um die besondere Gelegenheit zu feiern (und obwohl wir alle versprochen hatten, nicht zu kleckern, hatte Mark sich schon eine große Portion von
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