Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)
Gleichgültigkeit und Müdigkeit nahmen ihre Stelle ein. Das waren wohl Nebenwirkungen.
Irgendwo da, da hatten sie sich ganz aus den Augen verloren.
Jetzt lag er hier in einem Berg frischer Wäsche. Allein. Angst überkam ihn. Angst davor, einsam zu sein.
Er schloss die Augen, rollte sich zusammen und deckte sich mit einem Handtuch zu. Sein Leben war zu Ende. Zumindest fühlte es sich so an.
Er blieb bis zum späten Nachmittag im Bett. Gedankenlos starrte er an die Decke. Nickte immer wieder ein. Versuchte sich einzureden, dass es phantastisch war, den ganzen Tag im Bett liegen zu können.
Irgendwann stand er auf, um Bier zu holen. Sonnenstrahlen fielen durch den Schlitz zwischen den Gardinen.
Er machte sich ein Sandwich. Weißer Toast. Labberig. Er war zu faul, den Toaster zu benutzen. Zwei Scheiben Cheddar. Mayonnaise. Er aß es im Bett. Später döste er halb wach mit leerem Kopf ein. Krümel auf dem Kopfkissen.
Am nächsten Tag erwachte er schon um halb sieben.
Mit Kopfschmerzen blieb er eine Stunde im Bett liegen. Dann holte er sich ein Glas Wasser. Zwei Aspirin. Welcher Wochentag war es?
Er war schockiert, dass es ihm egal war. Keine Lust zu duschen. Keine Lust auf Licht.
Als er auf die Couch im Wohnzimmer umsiedelte, zog er dort die Vorhänge zu. Ein Berg aus Schokoriegeln, Bierdosen, Zigaretten und Aschenbecher lag vor ihm auf dem Couchtisch. Bis in den Nachmittag schaute er fern.
Ein vorsichtiges Klopfen an der Haustür ignorierte er. Er erwartete niemanden. Geduckt sah er durchs Küchenfenster Aidas Rücken. Wackelnde Arschbacken in enger Jogginghose.
Wieder Couch. Er war zu müde, Kaffee zu machen. Die Zigaretten gingen zu Ende.
Irgendwann hörte er sein Handy summen. Eine Textnachricht von Derek:
»Dad, treffen wir uns Dienstag um 13h zum Lunch? The Ivy? Derek« Welcher Tag war heute? Er hasste The Ivy. Ein Paparazzi-umschwärmtes, überbewertetes Restaurant in Beverly Hills. Teurer Landhausstil, die Tische, die standen zu eng beieinander. Aber Dereks Büro lag um die Ecke. Wahrscheinlich hatte er nicht viel Zeit. Es war Jahre her, dass sie dort gegessen hatten. Derek hatte Liz und ihn eingeladen. Es war Liz’ vierzigster Geburtstag gewesen.
Er erinnerte sich, dass sie bis vor der Tür des Restaurants gestritten hatten. Worüber hatten sie gestritten?
Fuck it. Er musste Derek sehen. Er antwortete: »Ok.« Die zwei Buchstaben kosteten Kraft. Checkte den Kalender. Bis Dienstag war es noch eine Ewigkeit.
Am Abend trank er den Scotch aus und schrieb Larry Greenblatt, dass er ihn unbedingt treffen wolle. Fügte seine neue Nummer hinzu. Erschöpft und betrunken schlief er vor dem Fernseher ein.
Frühe Sonne. Vogelzwitschern.
Er zog die Vorhänge einen Spaltbreit auf, öffnete das Fenster. Der Rücken schmerzte. Er musste wach werden.
Er ging in die Küche und setzte Kaffee auf. Danach duschte er lange. Heiß, dann kalt.
Er nahm sich eine von den neuen Boxershorts, T -Shirt und blaue Shorts vom sauberen Wäschehaufen.
Kaffee schwarz und die letzte Zigarette.
Er musste einkaufen. Musste die Fäden wiederaufnehmen.
Der Koreaner räumte Dosen ins Regal.
»Sie sind’s!« Er klang nett.
Als Tim versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben, riss er einige Klopapierrollen vom Regal. Tim schnaubte wütend. Unterdrückte den Impuls, nach den Rollen zu treten, und stampfte wie ein Kind mit dem Fuß auf.
Verdammt. Der Laden war zu klein.
»Oh, sorry! Sorry!« Erschrocken fing der Koreaner an, die Rollen aufzuheben.
»Nein, nein! Das ist meine Schuld!«, sagte Tim. Er hatte den Mann verängstigt. Es tat ihm leid.
Er kaufte Milch, Brot, Chips, Zigaretten und eine überteuerte Flasche Scotch.
Er nahm sich vor, demnächst zum Supermarkt zu fahren. Er musste haushalten, konnte sich auf Dauer die teuren Einkäufe in dem kleinen Laden nicht leisten.
Noch einen Kaffee. Diesmal mit Milch. Während er trank und rauchte, starrte er vor sich hin. Ließ den Blick über den Wandschrank zum Kühlschrank gleiten. Der Lazyboy-Ausriss hing schief mit Tesafilm an der metallenen Front.
Hinter dem Krug auf der Anrichte, aus dem Kochlöffel und Schneebesen ragten, steckte ein Stapel mit Take-out Broschüren. Sie hatten oft vom Chinesen bestellt.
Oben auf dem Schrank mit den Gläsern und Tellern drei große Vasen. Grünes und blaues Glas. Hochzeitsgeschenke.
An der Wand neben der Spüle ein Geburtstagskalender. Jeden Monat ein anderes Foto von seltenen Blumen. Ein Geschenk von Derek. Mindestens zehn Jahre alt. Der
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