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Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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im Krankenhaus in Harrison. Etwa dreißig Minuten von Jasper.
    Zögernd tippte Tim Dereks Nummer ein. Es klingelte einige Male.
    Er legte auf und zog sich die Schuhe an. Er würde zu ihm fahren. Es war zu viel passiert.
    Der Himmel bedeckt. Grau. Dünne Wolkendecke. Altostratus Bewölkung. Seltsam, dass er sich an den Begriff erinnerte. Ein leichter Wind. Kein Auto, kein Fußgänger. Er blieb vor dem Haus stehen. Atmete tief ein und aus. Es schien eine Ewigkeit her, dass er an der frischen Luft gewesen war.
    »Hey!«
    Aida rannte über den Rasen auf ihn zu. Das schwarze Haar ungewohnt streng zu einem Knoten aufgesteckt. Hellrosa Bluse, schwarze Hose. Ein bisschen wie die Frauen in der Bank, dachte Tim.
    Ihr Atem ging schnell. »Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    Er freute sich über die genervte Falte auf ihrer Stirn. »Siehst gut aus. So offiziell.«
    Die kleine Hand boxte ihn in die Seite.
    Aida reckte das Kinn, stemmte den Arm in die Seite. »Und?«
    Einen Moment überlegte er. »Ich war quasi auf Urlaub.«
    Ihre Augen misstrauisch zusammengekniffen. Sie glaubte ihm nicht.
    »Rauchen wir eine? Ich hab ein paar Minuten.«
    Sie zögerte. »Ich hab aufgehört.«
    »Da ist man mal eine Woche nicht auf dieser Welt, und schon hörst du auf zu rauchen?«
    Sie wirkte plötzlich gestresst. »Ach, was soll’s … Können wir bei dir im Garten rauchen? Ich mach ’ne Ausnahme für dich.«
    Da war sie wieder, die Zahnlücke.
    Er wärmte den Kaffee auf. Dann steckten sie sich eine Zigarette an. Genussvoll inhalierte Aida. Sie legte den Kopf in den Nacken, blies den Rauch in die Küche. Sah sich um. Er gab ihr eine Tasse.
    »Ist sauber hier!« Sie nickte anerkennend. »Deine Party war echt … speziell.« Sie schien auf einen Einwand zu warten.
    »Ja.« Ruhig trank er den Kaffee.
    »Du hattest echt ’ne Menge Zeug genommen … Erinnerst du dich gar nicht?«
    Er zog an der Zigarette. »Nein.«
    »Ist so ’ne Masche von dir, oder? Kopf in den Sand …«
    »Ja, ich bin ein echter Loser, was das angeht.« Er sagte es ernst und ohne zu lächeln.
    »Komm, wir gehen in den Garten.« Sie beließ es dabei.
    Als sie ins Wohnzimmer trat, konnte sie ihr Erstaunen nicht verbergen. Sie schaute sich den leeren Raum an, den Lazyboy. »Wow! Was? Ziehst du aus?«
    Stimmt, so musste es wirken. »Nein. Ich beschränke mich aufs Wesentliche.«
    »Was ist los?«
    »Was meinst du?«
    »Wieso sind deine Möbel weg? Wieso bist du so … ruhig?«
    »Setz dich mal rein.« Er fuhr die Fußstütze herunter. »Und mach die Augen zu.«
    Mit einem leisen Surren kippte er die Rückenlehne fast bis in die Waagrechte. Dann fuhr er die Fußstütze wieder hoch.
    Aida seufzte behaglich. »Hast du die ganze Zeit hier drin abgehangen?« Sie hielt die Augen geschlossen.
    »Ja.«
    Er öffnete die Schiebetür und trat in den Garten.
    »Kann ich verstehen«, sagte sie und stand auf. Sie folgte ihm, und beide setzten sich ins Gras.
    Dann bemerkte Aida den Pool voller Asche und Ruß. Wieder Erstaunen, diesmal mit Stirnfalte. »Sind das deine Möbel?«
    Er nickte langsam. »Ja.«
    »Ist ’ne Menge passiert die letzten Tage, was?«
    Stummes Nicken.
    »Bei mir auch.« Sie sprach leise. »Manchmal gibt’s so was … Da passiert alles Mögliche auf einmal … Unvorhergesehenes, das alles verändert.« Sie schluckte. Nahm noch einen tiefen Zug und trank dann von ihrem Kaffee. »Ich bin schwanger.«
    Er betrachtete sie. Schwanger. Stimmt, das Gesicht. Etwas war anders. Weicher. Erwachsener.
    Er berührte ihren Arm.
    »Keine Sorge, nicht von dir.« Sie grinste schief.
    »Und jetzt?«
    »Keine Ahnung. Jetzt muss sich mein Leben ändern. Anderer Job, vielleicht ziehen wir nach Kanada …« Sie zuckte mit den Schultern.
    »Das wäre schade.« Er meinte es aufrichtig.
    Dann schaute sie auf die Uhr. »Mist, ich muss los. War auf dem Weg zum Arzt. Und du?« Sie erhob sich.
    Er folgte einem spontanen Impuls, als er sie umarmte. Lange standen sie so. Irgendwann löste sie sich sanft.
    »Du wirst bestimmt eine tolle Mutter!«
    Dann sagte er noch: »Mein Vater liegt im Sterben, ich fahre jetzt zu meinem Sohn und versuche ihn zu überreden, mit mir nach Arkansas zu fliegen.«
    »Na, viel Glück, und sorry, dass …«
    »Ist schon okay«, sagte er schnell.
    Beverly Hills. Er fand das Agenturgebäude nicht gleich. Vor Jahren hatte er Derek schon einmal dort abgeholt, hatte in der Lobby gewartet.
    Er bog vom Wilshire Boulevard ab. El Camino Drive. Dann sah er das große,

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