Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)
schwarz glänzende Gebäude. Marmor? Polierter Granit? Der Agenturname stand in goldenen Lettern über dem Eingang, darunter »Talent Agency«. Er wusste nur, dass Tom Cruise hier Klient gewesen war. In einer Seitenstraße fand er einen Parkplatz. Eine große gläserne Schwingtür beförderte ihn in die weitläufige Lobby. Dicke graue Teppiche bedeckten den Granitfußboden dort, wo weiße Ledersitzgruppen standen. Einige junge Typen in saloppen Anzügen standen beisammen und unterhielten sich. Junge, gut aussehende Frauen mit makellosem Make-up gingen eilig mit Papierstapeln unter dem Arm vorbei. Ständig kam oder ging jemand durch die Schwingtür.
Ein junges Mädchen mit Headset und sauber manikürten roten Nägeln saß aufrecht hinter der Empfangstheke.
»Kann ich Ihnen helfen?« Sie strahlte ihn an.
»Ich komme, um meinen Sohn zu sehen. Derek Wilkins.«
»Einen Moment, bitte.«
Ihre schlanken Finger tippten eine Nummer. Diamantring am linken Ringfinger. Leise sprach sie in das kleine Mikrofon.
»Wenn Sie einen Moment Platz nehmen, bitte.« Freundlich wies sie auf die Ledersitzgruppe.
Tim setzte sich einem jungen Mann gegenüber, der wohl Mitte zwanzig war.
Auf dem niedrigen Tisch vor ihm Branchenblätter. Variety, Hollywoodreporter. Er nahm sich irgendwas.
Der Junge rutschte nervös herum. Abgewetzte Jeans, Lederarmband, Wollmütze, in der Hand ein zerknittertes Drehbuch, das er zusammen- und wieder auseinanderrollte.
»Wasser oder Kaffee?« Eine hochgewachsene Blondine strahlte Tim an.
»Nichts. Danke.« Er blätterte in dem Magazin. Box-Office-Besucherzahlen, Movie Deals. Kleine Fotos von Produzenten, Schauspielern, Regisseuren, die er nicht kannte. Dann ein kleines Foto von Derek. In weißem Hemd mit Krawatte. Gut getroffen. »Wilkins zieht Millionen-Dollar-Vertrag für Chad Treville an Land.« Perplex las er den Artikel. Der Sohn hatte für einen Regisseur, den er vertrat, einen besonders guten Deal gemacht. In dem Artikel wurde er als »einer der Topagenten« gepriesen.
Er besah sich das Cover des Magazins. Von vor zwei Wochen. Er verspürte Stolz.
»Das ist mein Sohn!«
Er hielt dem Jungen das geöffnete Blatt hin. Der blickte auf den kurzen Artikel. »Cool.« Er nickte Tim anerkennend zu. »Derek Wilkins ist einer der Top-Agenten hier. Den hätte ich gerne als meine Vertretung.«
»Bist du Schauspieler?«
»Drehbuchautor.« Ein nettes Grinsen. »Ich stelle gleich jemandem mein Drehbuch vor. Hoffe, die Agentur nimmt mich.«
Sein Blick hoffnungsvoll. Unverbraucht.
»Mr Wilkins?« Ein gut aussehender Afroamerikaner in hellrosa Hemd sah in die Runde.
Tim stand auf. »Viel Glück!« Tim nickte dem Jungen zu. Das Magazin nahm er mit. Eilig folgte er dem Assistenten, der im Stechschritt die Gänge hinunterlief, die links und rechts von Arbeitscubicles gesäumt wurden. Junge Leute trugen Headphones und arbeiteten an Apple-Laptops.
Vor einer halb geöffneten Bürotür blieben sie stehen. Ein Mädchen sprang von ihrem kleinen Schreibtisch auf. »Wasser oder Kaffee?«
Diesmal entschied er sich für Kaffee. Hörte den Sohn sprechen.
Der Assistent wies auf die Tür. »Gehen Sie schon hinein. Mr Wilkins beendet gerade das Gespräch.«
Derek schaute aus dem Fenster, als er das Büro betrat., Bemerkte ihn nicht. Zögernd setzte Tim sich auf einen Ledersessel gegenüber dem großen Schreibtisch seines Sohns.
Er sah sich um. Ein großes Büro. Hell. Geschmackvoll und teuer eingerichtet. An der Wand hingen einige gerahmte Fotos. Eines davon zeigte Derek mit Liz bei seinem College-Abschluss. Daneben Derek mit De Niro und einem jüngeren Mann. Sie lachten. Mit einer Spur von Neid betrachtete er noch einmal das Bild von Liz und Derek und erinnerte sich schmerzlich an Dereks ersten Tag in Princeton, wie er Liz umarmte. Er hielt sie fest im Arm. Ein junger Mann. Fast so groß wie Tim. Ernst vergrub er sein Gesicht in Liz’ Haar und streichelte ihren Rücken. Abschied.
Ohne ihr Gesicht zu sehen, hatte Tim gewusst, dass sie weinte. College. Princeton war weit weg von Los Angeles.
Langsam hatten die beiden sich voneinander gelöst. Liz putzte sich die Nase. Derek wandte sich ihm zu. Er sah ihm ins Gesicht. Es war nicht immer leicht gewesen zwischen ihnen. Trotzdem sahen ihn die hellblauen Augen mit Wärme im Blick an.
Kurz umarmte Derek ihn. Tim klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Mach’s gut, Großer!«
Er hatte sich überlegt, was er zum Abschied sagen wollte. In diesem Moment konnte er sich an
Weitere Kostenlose Bücher