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Allmen und die verschwundene María

Allmen und die verschwundene María

Titel: Allmen und die verschwundene María Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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gefaltet, der dichte schlohweiße Schopf aus dem Gesicht gebürstet, wie sie es selbst im Leben nie getan hätte.
    Cheryl Talfeld hielt am Bettrand eine stumme Andacht. Allmen stellte sich verlegen neben sie.
    Monsieur Louis nickte ihm zu und verließ seinen Platz.
    Jetzt sah Allmen die Dahlien.
    Das Bild befand sich auf einer Staffelei, dort, wo der Butler gestanden hatte. Es war so ausgerichtet, dass es das Letzte gewesen sein musste, was Dalia Gutbauer vor ihrem Tod gesehen hatte.
    Allmen erkannte sofort, dass es das Original war. Die Stelle mit der welken Blüte besaß einen etwas anderen Glanz, aber die Dahlie war sorgfältig gemalt und fügte sich unverdächtig in das Bouquet.
    Allmen warf Cheryl Talfeld einen fragenden Blick zu. Sie zog die Brauen hoch und nickte vielsagend. Dann gab sie Monsieur Louis ein Zeichen. Dieser hob das Bild von der Staffelei und trug es hinaus.
    Cheryl wandte sich wieder ihrer toten Chefin zu. Sie betrachtete sie mit schiefgelegtem Kopf. Plötzlich lächelte sie, legte ihre Hand in einer freundschaftlichen Geste auf die gefalteten Hände der Toten und sah Allmen an. »Kommen Sie.«
    [215]  In diesem Moment hörten sie die energische Stimme von Monsieur Louis vor der Tür und eine helle, fast kindliche Frauenstimme.
    »Nein, das geht jetzt nicht, Mrs.   Cutress.«
    »Später geht es bei mir nicht, ich reise nämlich morgen ab!«, antwortete die Stimme.
    »Warten Sie hier.«
    Monsieur Louis kam herein. »Mrs.   Cutress ist hier. Sie möchte sich von Madame verabschieden.«
    »Wie ist sie denn hereingekommen?«, fragte Frau Talfeld irritiert.
    Monsieur Louis stieß einen entnervten Seufzer aus. »Der Nachtportier…«
    »Aber wirklich nur kurz.«
    Man hörte den Butler leise und eindringlich auf die Besucherin einreden, dann kam sie herein.
    Man sah Teresa Cutress an, dass sie einen lange herbeigesehnten Auftritt hatte. Sie trug eines ihrer neuen Reisekostüme in Rosa und Pistazie und wie immer gefährlich hohe Stilettos. Auf dem blonden Haar saß keck ein Stewardessenhütchen.
    »Meine liiiebe Dalia«, begann sie und stutzte. Sie ging vorsichtig näher, zögerte und blieb stehen. »Ist sie tot?«
    »Leider«, sagte Cheryl Talfeld.
    »Tot?« Mrs.   Cutress fing an zu lachen wie über einen mittelmäßigen Witz und hörte gleich wieder [216]  auf. »Schade. Ich hätte mich lieber zu ihren Lebzeiten verabschiedet. Aber tot geht auch.«
    Sie trat nahe ans Bett heran und legte etwas auf Dalias Brust. »Da. Das passt besser zu dir als zu mir. Jetzt erst recht.« Sie stockte, als hätte sie ihren Text vergessen, und sagte schließlich nur: »Bye, bye, I’m off to Paraguay.«
    Dann wandte sie sich um und verließ den Raum so theatralisch, wie sie gekommen war.
    Cheryl Talfeld ging zu der Toten und nahm das, was Teresa ihr auf die Brust gelegt hatte. Sie sah es an, schüttelte den Kopf und zeigte es Allmen.
    Es war die ausgeschnittene welke Dahlie.
    Allmen betrachtete das Stück Leinwand. Was hätte er sich alles ersparen können, wenn Teresa Cutress damit herausgerückt wäre! Er wollte es Cheryl Talfeld zurückgeben. Aber sie winkte ab:
    »Das gehört jetzt Ihnen. Kommen Sie.«
    Allmen folgte ihr in ihr Zimmer. Dort, an eine Kommode gelehnt, standen die Dahlien. Sie bot ihm einen der Sessel bei ihrem Eames Chair an und reichte ihm einen Briefumschlag. »v. Allmen persönlich« stand darauf in einer ältlichen Handschrift.
    Cheryl Talfeld setzte sich, und Allmen riss den Umschlag auf.
    »Werter Allmen«, las er. »Ich wollte nicht ohne die Dahlien sterben, aber jetzt brauche ich sie nicht [217]  mehr. Machen Sie damit, was Sie wollen. Sie passen zu Ihnen. Sie sind ebenfalls von zweifelhafter Herkunft. Ihre Dalia G.«
    Er sah auf und begegnete dem amüsierten Blick von Cheryl Talfeld. »Gratuliere!«
    Allmens Freude über die problematische Erbschaft hielt sich in Grenzen. Die Wut überwog. »Wie kommt das Bild hierher?«
    »Severin Erlbaum hat immer wieder Restaurierungsaufträge für die Sammlung von Madame Gutbauer übernommen. Er war mehrmals im Haus und wusste, dass das Bild ihr gehörte. Er hat sie vorgestern angerufen und ihr das Bild sehr günstig angeboten.«
    »Sie sagte doch, sie habe es nicht mehr sehen können? Deshalb habe sie es zerstört?«
    »Es soll vorkommen, dass man auf dem Sterbebett eine Entscheidung bereut. Es war ihr plötzlich wichtig, dass das Bild in ihrer letzten Stunde da war.«
    »Und Sie haben natürlich wie immer brav das Praktische abgewickelt«, sagte

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