Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)
Tennisspielerin, die bereits an einigen internationalen Turnieren teilgenommen hat. Dass keine kuwaitischen Frauen nach Sydney gereist sind, findet sie beschämend. „So etwas beweist doch nur, wie zivilisiert oder unzivilisiert ein Land ist“, sagt sie sichtlich aufgebracht.
Am Strand von Kuwait-City spielen keine Frauen Volleyball. Stattdessen übt sich eine Gruppe Jungs mehr schlecht als recht in dieser Sportart. Nur ein einziger von ihnen findet, dass die Sache mit Tabtabai und dem Frauensport zeigt, wie zurückgeblieben dieses Land sei. Alle anderen Jungs schreien ihn nieder, weibliche Schwimm- und Beachvolleyball-Wettbewerbe seien absolut tabu. Das sei gegen die Landessitten. „Schließlich leben wir hier noch in einer Art Beduinentradition“, echauffiert sich einer von ihnen. Die Teenager wollen sich anscheinend selbst vor ihren eigenen Trieben schützen. Schwimmwettbewerbe seien schlecht für männliche pubertierende Jugendliche, argumentiert einer von ihnen.
Da steht sogar der Nationalstolz hinten an. Auf die Frage, wie sie es fänden, wenn eine Kuwaiterin eine olympische Goldmedaille im Schwimmen erlangen würde, packt sie das pure Entsetzen. Das sei eine Frage der Prioritäten, oder wie es einer von ihnen formuliert: „Die Kleidung ist eindeutig wichtiger als die sportliche Leistung.“ Selbst wenn eine Frau eine Goldmedaille gewinnen könnte. Das Wichtigste ist und bleibt, dass ihr Frauenkörper stets von männlichen Blicken versteckt bleibe.
Nachtrag: Immerhin, selbst im ultrakonservativen Nachbarland Saudi-Arabien gibt es kleine frauensportliche Fortschritte. Dort hat das Jugendministerium Anfang 2008 angekündigt, Zentren für Frauensport gründen zu wollen. Selbstverständlich sollen sie in Übereinstimmung mit der Scharia geführt werden, heißt es. Der Schritt folgt der Warnung des Internationalen Olympischen Komitees IOC, dass alle seine Mitgliedstaaten bis 2010 Frauensportvereine aufbauen sollen, da die Mitgliedschaft ansonsten eingefroren wird. Doch selbst in den konservativsten islamischen Staaten können kämpferische Frauen das Tabu des Frauensports durch ihr persönliches Engagement brechen. Das führt uns zum einzigen kleinen Ausflug in diesem Buch außerhalb der arabischen Welt, in den benachbarten Iran.
Mit Helm und Kopftuch auf die Piste
(Teheran, den 21. Juli 2005)
Wenn sie ihre Trainingseinheiten auf der Piste im Westen Teherans herunterrast, erhitzt nicht nur die Mittagssonne den Asphalt. Laleh Saddigh fährt den heißesten Reifen in der Islamischen Republik Iran. Geschickt und mit quietschenden Pneus nimmt die professionelle Rallyefahrerin die engen Kurven, um danach sofort wieder durchzustarten und mit röhrendem Motor in die Gerade zu brettern. Das Wort „Champion“ prangt nicht umsonst auf ihrem orange-weißen malaysischen Proton-Rennwagen, mit dem sie die Geschlechterbarrieren durchbricht.
Ihrem Kosenamen „iranische Schuhmacherin“ macht sie alle Ehre. Seit fünf Jahren fährt sie im Iran Rallyes, entlang dem Kaspischen Meer, über Berge und durch Wüsten. Seit einem Jahr darf sie auch in Wettbewerben gegen Männer antreten. Mit Erfolg: Ihre männliche Konkurrenz sieht oft nur noch die hintere Stoßstange ihres Wagens in einer Staubwolke verschwinden. Bereits mehrmals gewann sie den ersten Preis und bekam die Trophäe überreicht.
Nur wenn die 28-Jährige den Wagen stoppt, sich abschnallt und sportlich aus dem Schalensitz schwingt, langsam die Handschuhe abstreift und den Helm abnimmt, verrät das obligatorische Kopftuch, dass sie auf den Pisten im Land der islamischen Revolution ihre Runden dreht. Von den Zehenspitzen, über den engen orange-weißen Rennanzug bis hin zu den Haaren unter dem Kopftuch: Die Frau strotzt vor Selbstbewusstsein. „Es ist schon etwas merkwürdig für die meisten meiner Landsleute, eine Frau bei einem Autorennen zu sehen. Aber ich will ihnen zeigen, dass in jedem Menschen etwas steckt und jeder Mensch seine Ziele erreichen kann“, sagt sie. „Die iranischen Frauen sind stolz auf mich und drängen mich, noch besser zu werden. Ich hoffe, ihnen als Beispiel zu dienen, dass Frauen mit einem starken Willen alles erreichen können.“ Laleh Saddighs Selbstsicherheit scheint grenzenlos.
Seit ihrem dreizehnten Lebensjahr sitzt sie hinter dem Steuer. Ihr Fahrlehrer war ihr Vater, ein Händler für Autoersatzteile, der ihr beibrachte, im richtigen Moment den richtigen Gang einzulegen. „Er ist mein größter Förderer und meine erste große
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