Alltag auf arabisch: Nahaufnahmen von Kairo bis Bagdad (German Edition)
kontroversen Stückes. Allerdings wohl kaum, ohne vorher bei seinem Chef nachgefragt zu haben, ob das auch tatsächlich in Ordnung gehe.
Der Kran kam des Nachts und hob das für die Ewigkeit gedachte Monument in nur einer Viertelstunde vom Sockel. Inzwischen rottet das entehrte Stück unter einer der zahlreichen Nilbrücken vor sich hin. Und wie es der Zufall so will: Als Mubarak vor wenigen Tagen die Liste der neuen Gouverneure veröffentlichen ließ, da fehlte Maher Al-Guindis Name. Er war zusammen mit seinem Obelisken gestürzt. Nun muss sich der neue Gouverneur darüber Gedanken machen, was er auf den übrig gebliebenen Sockel stellt. Warum nicht eine Sphinx mit dem Körper eines Löwen und dem Kopf Mubaraks?
Aber vielleicht ist das doch keine so gute Idee.
Sport: Heiße islamische Reifen und tödliche Fußballspiele
Die Wiege der Leibesübung
Im Land am Nil nahm auch sie ihren Ausgang, die „spielerische Selbstentfaltung und am Leistungsstreben orientierte Form menschlicher Betätigung, die der körperlichen Beweglichkeit dient“, wie der Sport im Lexikon beschrieben wird. Schon die alten Ägypter kannten den Sport: Ob Boxen, Ringen, Gewichtheben, Hochsprung, Schwimmen, Rudern, Jagen, Gymnastik oder Ballspiele – an Disziplinen mangelte es nicht.
Boxszenen sind auf mehreren Grabreliefs nachgewiesen. Etwa im Totentempel Ptahhoteps innerhalb des Stufenpyramiden-Komplexes von Sakkara unweit von Kairo, wo die Wandreliefs in einer Präzision gearbeitet sind, die fast der von Wandteppichen gleicht. Einer der Kontrahenten setzt zum Schlag an, während der andere gekonnt die Schläge abwehrt und sein Gesicht in Deckung bringt. Am Ende reißt der Schiedsrichter, wie heute, dem Sieger die Arme hoch.
Auch Gewichtheben war pharaonisch angesagt. Schwere Säcke mit Sand ersetzten damals die Gewichte und Hanteln heutiger Gewichtheber. Die Säcke mussten mit einer Hand hochgehoben werden. Jeder Versuch, bei dem es gelang, den Sack für kurze Zeit oben zu halten, zählte als erfolgreich. „Höher, weiter, schneller“ war schon vor 5000 Jahren das leichtathletische Ziel. Etwa im Hochsprung: Zwei Spieler bildeten eine Hürde, über die ein dritter springen musste, ohne sie zu berühren. Bei jedem erfolgreichen Sprung erhöhte sich die menschliche Latte. Auch Ballspiele sind in der Gräberanlage von Sakkara abgebildet. Dass der Ball rund ist, wussten schon die Pharaonen. Hergestellt war dieser damals meist aus einer Haut, die mit Stroh gefüllt war. Bälle aus Papyrus, dem Material, das die Ägypter üblicherweise zu einer Art Papier verarbeiteten, waren ebenfalls in Gebrauch. Ein System, das an die heutigen Fußballmatches ägyptischer Straßenkinder erinnert, wenn zwei Teams in den engen Gassen der Altstadt Kairos leidenschaftlich einem gefüllten Socken hinterherlaufen.
Doping-Skandale in dem Ausmaß, wie sie bei heutigen sportlichen Wettbewerben vorkommen, scheinen damals kein Thema gewesen zu sein. Dafür war aber vielleicht ein wenig Magie im Spiel, um das sportliche Ziel auf Umwegen zu erreichen. Einige der alten Mixturen sind überliefert: „Schneide den Kopf und die Flügel eines großen Skarabäus-Käfers ab, koche den Rest und lege ihn dann aus. Nimm dann den Kopf und die Flügel, tauche diese in Schlangenfett, koche anschließend das Ganze zusammen und trinke es.“ Prost!
Sportlich ging es auch später in den Wüsten Arabiens zu. „Bringe deinen Söhnen die Kunst des Schwimmens, Scharfschießens und Reitens bei“, riet der Khalif Omar, der zweite Nachfolger des Propheten Muhammad im 7. Jahrhundert. Im arabischen Mittelalter wurden vor allem Pferdereiten, Bogenschießen und die Falknerei als Sportarten gepflegt. Doch auch wenn die Arabische Liga bereits 1953 ihre ersten panarabischen Spiele in Alexandria ausrichtete, heute gehören die arabischen Länder nicht unbedingt zu den großen aktiven Sportnationen. Dafür buhlt gleich ein ganzes Dutzend arabischer Sportkanäle über Satellit um die Gunst der Zuschauer auf den arabischen Diwans.
Der Khalif sprach von den Söhnen, was aber mit den Töchtern? Meist sind es arabische Sportlerinnen, die heute internationale Anerkennung finden. Sie räumen mit gleich zwei Vorurteilen auf: Die Athletinnen entsprechen so gar nicht dem westlichen Bild der passiven und zurückgezogenen muslimischen Frau und sie beweisen ihren eigenen Gesellschaften, dass die Zeiten vorbei sind, in denen der Sport eine reine Männersache war. Nicht jeder gibt sich
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