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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hingen dort Fotos von Brubaker mit wichtig wirkenden Männern in Anzügen - Politikern oder anderen Geschäftsleuten. Vernehmungsbeamte lieben Bürowände; sie geben viel von den Menschen preis. In dem hier vorliegenden Fall folgerte Dance, dass Brubaker smart war (akademische Abschlüsse und erfolgreich bestandene Fortbildungen) und politischen Weitblick besaß (Ehrungen und Schlüssel von Städten und Bezirken). Außerdem war er zäh; seine Firma hatte offenbar Entsalzungsanlagen in Mexiko und Kolumbien gebaut. Manche der Fotos zeigten ihn umgeben von wachsamen Männern mit Sonnenbrillen - Sicherheitspersonal. Die Männer waren auf allen Bildern dieselben, was bedeutete, dass sie für Brubaker arbeiteten und nicht von der jeweiligen Regierung gestellt worden waren. Einer hielt eine Maschinenpistole.
    Waren sie die Ursache der knarrenden Geräusche - von denen Dance weitere gehört hatte, aus noch größerer Nähe, wie es schien?
    Dance erkundigte sich nach dem Entsalzungsprojekt, und er pries daraufhin ausführlich die moderne Technik an, die dabei zur Anwendung kommen würde. Sie schnappte Begriffe wie »Filtration«, »Membranen« und »Süßwasserbecken« auf. Dann hielt Brubaker ihnen einen kurzen Vortrag über die verminderten Kosten neuer Systeme, dank derer die Entsalzung ökonomisch machbar sei.
    Kathryn merkte sich kaum etwas davon, täuschte aber Interesse vor und verschaffte sich einen grundlegenden Eindruck von Brubakers Verhalten.
    Zunächst mal schien er nicht beunruhigt über ihre Anwesenheit zu sein, wenngleich Machiavellisten sich nur selten Regungen gestatteten - ob nun aus romantischen, gesellschaftlichen oder beruflichen Gründen. Sie begegneten sogar einer offenen Konfrontation mit Gelassenheit. Das war einer der Gründe, weshalb sie so effizient waren. Und potenziell gefährlich.
    Dance hätte für ihre Vorbereitung gern mehr Zeit gehabt, doch sie hatte es eilig, also fiel sie ihm ins Wort. »Mr. Brubaker, wo sind Sie gestern um dreizehn Uhr und heute um elf Uhr gewesen?«
    Die Zeitpunkte der Morde an Lyndon Strickland und Mark Watson.
    »Ah, warum?« Ein Lächeln. Aber Dance hatte keine Ahnung, was dahintersteckte.
    »Wir untersuchen gewisse Drohungen gegen Mr. Chilton.«
    Was stimmte, aber natürlich nicht die ganze Wahrheit war.
    »Ach, er verleumdet mich, und jetzt bin ich der Beschuldigte?«
    »Wir werfen Ihnen nichts vor, Mr. Brubaker. Aber könnten Sie bitte meine Frage beantworten?«
    »Dazu bin ich nicht verpflichtet. Ich kann Sie ersuchen, umgehend mein Haus zu verlassen.«
    Das stimmte. »Sie können sich weigern, mit uns zu kooperieren. Aber wir hoffen, Sie sind einsichtig.«
    »Sie können von mir aus hoffen, was Sie wollen«, sagte er barsch. Sein Lächeln wurde triumphierend. »Ich sehe doch, was hier vorgeht. Könnte es sein, dass Sie alles falsch angepackt haben, Agent Dance? Dass es unter Umständen gar kein psychotischer Teenager ist, der die Leute ausweidet wie in einem schlechten Horrorfilm? Sondern jemand, der den Jungen benutzt und als Sündenbock für den Mord an James Chilton vorbereitet?«
    Das war ziemlich gut, dachte Dance. Aber war es als Drohung gemeint? Falls er der »Jemand« war, auf den er sich bezog, dann ja.
    Carraneo warf ihr einen kurzen Blick zu. »Was bedeutet, dass man Sie mächtig hinters Licht geführt hat.«
    Bei Befragungen und Verhören gab es zu viele wesentliche Regeln zu befolgen, als dass eine als wichtigste hätte gelten können, doch weit oben auf der Liste stand: Lass dich von persönlichen Beleidigungen niemals zu irgendetwas hinreißen.
    »Es wurde eine Reihe sehr schwerer Verbrechen verübt, Mr. Brubaker«, sagte Dance vernünftig. »Wir untersuchen alle Eventualitäten. Sie hegen einen Groll gegen James Chilton, und Sie haben ihn bereits einmal tätlich angegriffen.«
    »Ach was«, sagte er herablassend. »Glauben Sie, es wäre besonders schlau, dass ich mich öffentlich mit einem Mann prügle, den ich insgeheim zu töten versuche?«
    Entweder sehr dumm oder sehr raffiniert, entgegnete Dance im Stillen. »Wo waren Sie zu den genannten Zeiten?«, fragte sie dann. »Sie können es uns sagen, oder Sie können sich weigern, und wir ermitteln weiter.«
    »Sie sind genau wie dieses Arschloch Chilton. Nein, Sie sind sogar noch schlimmer, Agent Dance. Sie verstecken sich hinter Ihrer Dienstmarke.«
    Carraneo rührte sich, sagte jedoch nichts.
    Auch Kathryn blieb stumm. Der Mann würde entweder ihre Frage beantworten oder sie

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