Allwissend
Stryker beziehungsweise Jason -, und so gab es für ihn derzeit nicht mehr viel zu tun.
Rey Carraneo rief an und konnte etwas Interessantes berichten. Clint Avery hatte seine Firma vor zehn Minuten verlassen. Der Agent war ihm daraufhin über die gewundenen Straßen des Tals des Himmels gefolgt, einer dicht bewachsenen, ungemein fruchtbaren Gegend, die ihren Namen der Literaturlegende John Steinbeck verdankte. Unterwegs hatte Avery zweimal auf dem Seitenstreifen gehalten und sich mit jemandem getroffen. Beim ersten Mal mit zwei finsteren, wie Cowboys gekleideten Männern in einem modernen Pickup. Beim zweiten Mal mit einem weißhaarigen Mann in einem teuren Anzug, der am Steuer eines Cadillac saß. Die Treffen wirkten verdächtig; Avery war eindeutig nervös. Carraneo hatte sich die Nummernschilder der beiden Wagen notiert und eine Halterabfrage in die Wege geleitet.
Im Augenblick hielt Avery auf Carmel zu, immer noch dicht gefolgt von Carraneo.
Dance war enttäuscht. Sie hatte gehofft, dass der Bauunternehmer nach ihrem Gespräch hastig sein Versteck voller Beweise aufsuchen würde, in dem sich womöglich auch Travis befand.
Doch das tat er offenbar nicht.
Dennoch, die Männer, mit denen Avery sich getroffen hatte, konnten Auftragskiller sein, die hinter den Morden steckten. Die Auskunft der Zulassungsstelle würde vielleicht einige Anhaltspunkte oder sogar Antworten liefern.
TJ steckte den Kopf zur Tür herein. »He, Boss, bist du immer noch an Hamilton Royce interessiert?«
An dem Mann, der vermutlich genau in diesem Moment überlegte, wie er ihre Karriere ruinieren konnte. »Gib mir ein kurzes Resümee.«
»Ein was?«, fragte TJ.
»Übersicht. Zusammenfassung. Abriss.«
»Das bedeutet >Resümee Man lernt doch jeden Tag etwas dazu... Okay. Royce ist ein ehemaliger Anwalt, der unter rätselhaften Umständen und relativ plötzlich seine Kanzlei aufgegeben hat. Er ist ein zäher Hund. Arbeitet überwiegend mit sechs oder sieben verschiedenen kalifornischen Behörden zusammen. Ombudsmann ist sein offizieller Titel. Inoffiziell ist er dafür da, verfahrene Situationen zu lösen. Hast du den Film Michael Clayton gesehen?«
»Mit George Clooney, klar. Zweimal.«
»Zweimal?«
»George Clooney.«
»Aha. Nun, das ist es, was Royce macht. In letzter Zeit war er oft für leitende Köpfe aus dem Büro des Vizegouverneurs tätig, außerdem für die staatliche Energiekommission, die Umweltbehörde und den Finanzausschuss des Unterhauses. Falls es ein Problem gibt, ist er da.«
»Was für eine Art von Problem?«
»Unstimmigkeiten unter Abgeordneten, Skandale, Medienauftritte, Unterschlagungen, Vertragsstreitigkeiten. Ich warte noch auf weitere Einzelheiten.«
»Lass mich wissen, ob es etwas gibt, von dem ich Gebrauch machen könnte.« Sie wählte absichtlich die gleichen Worte, die Royce bevorzugen würde.
»Gebrauch machen? Zu welchem Zweck?«
»Es gab eine ziemlich heftige Auseinandersetzung zwischen Royce und mir.«
»Und jetzt willst du ihn erpressen?«
»Das ist ein drastisches Wort. Sagen wir einfach, ich würde gern meinen Job behalten.«
»Ich möchte auch, dass du deinen Job behältst, Boss. Du würdest mir sogar einen Mord durchgehen lassen. He, was ist mit Avery?«
»Rey beschattet ihn.«
»Ich mag das Wort. Viel lieber als >observieren<.«
»Wie geht es mit Chiltons Liste der Verdächtigen voran?«
TJ erläuterte, dass die Suche sich schwierig gestaltete. Die Leute waren umgezogen oder nirgends gemeldet, hielten sich nicht zu Hause auf, hatten ihre Namen geändert.
»Gib mir die Hälfte ab«, sagte sie. »Ich mache mit.«
Der junge Agent gab ihr ein Blatt Papier. »Du bekommst die kleinere Hälfte«, sagte er. »Weil du mein Lieblingsboss bist.«
Dance überflog die Namen und überlegte, wie sie am besten vorgehen sollte. Sie hatte noch immer Jon Bolings Worte im Ohr: Wir geben im Internet zu viele Informationen über uns preis. Viel zu viele.
Kathryn Dance beschloss, dass sie es später mit den offiziellen Datenbanken versuchen würde - National Crime Information Center, Violent Criminal Apprehension Program, California Open Warrants und die vereinigten Daten der Zulassungsstellen.
Für den Anfang würde sie es bei Google belassen.
Greg Schaeffer musterte James Chilton, der blutend und verängstigt vor ihm saß.
Schaeffer hatte den Decknamen Greg Ashton benutzt, um sich dem Blogger nähern zu können, ohne Verdacht zu erregen.
Der Name »Schaeffer« hätte nämlich eventuell
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