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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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blieb aber auf Abstand.
    Als sie sich setzte, richteten seine eng beieinanderstehenden Augen sich auf den Tisch neben ihr und überprüften, ob dort vielleicht etwas lag, das sie nicht sehen sollte. Das Ergebnis schien zu seiner Zufriedenheit auszufallen. Er musterte kurz ihr marineblaues Kostüm aus maßgeschneidertem Jackett mit Faltenrock sowie ihre weiße Bluse. Sie hatte heute ihre Verhörkleidung angelegt. Und die Brille mit dem schwarzen Gestell aufgesetzt.
    Die Raubtierbrille.
    Sie würde bereitwillig einer Einigung zustimmen, sofern es ihrer Mutter half, aber sie würde sich nicht einschüchtern lassen.
    »Sie haben mit Julio Millar gesprochen?«, fragte sie.
    »Mit wem?« »Juans Bruder.«
    »Oh. Ja, das habe ich, vor einer Weile. Warum fragen Sie?«
    Dance spürte, dass ihr Herzschlag sich beschleunigte. Sie registrierte eine Stressreaktion - ihr Bein bewegte sich kaum merklich. Harper hingegen war regungslos. »Ich glaube, dass Juan seinen Bruder angefleht hat, ihn zu töten. Julio hat sich unter falschem Namen in die Besucherliste des Krankenhauses eingetragen und den Wunsch seines Bruders erfüllt. Ich dachte, das ist es, worüber Sie mit mir sprechen wollten.«
    »Oh«, sagte Harper und nickte. »George Sheedy hat vorhin deswegen angerufen. Ich schätze, er hatte noch keine Gelegenheit, es Ihnen zu erzählen.«
    »Mir was zu erzählen?«
    Mit makellos manikürten Fingern nahm Harper eine Akte von der Ecke seines Schreibtischs und klappte sie auf. »Julio Miliar hat sich an dem Abend, an dem sein Bruder gestorben ist, tatsächlich im Krankenhaus aufgehalten. Aber ich konnte bestätigen, dass er sich mit zwei Angehörigen des dortigen Sicherheitspersonals getroffen hat, und zwar weil er eine Klage gegen das California Bureau of Investigation vorbereitet, wegen Fahrlässigkeit. Sein Bruder wurde zur Bewachung eines Gefangenen abgestellt, von dem Sie wussten oder hätten wissen müssen, dass er für einen Mann mit Juans Erfahrung viel zu gefährlich war. Julio Miliar erwägt außerdem, Sie persönlich wegen Diskriminierung zu verklagen, weil Sie ausgerechnet den Angehörigen einer Minderheit in diesen gefährlichen Einsatz geschickt haben. Und weil Sie den Gesundheitszustand seines Bruders durch ein Verhör verschlimmert haben. Zum genauen Zeitpunkt von Juans Tod befand Julio sich in Begleitung der genannten Sicherheitsleute. Er hat sich unter falschem Namen in die Liste eingetragen, weil er befürchten musste, Sie würden von der bevorstehenden Klage erfahren und daraufhin versuchen, ihn und seine Familie einzuschüchtern.«
    Er trug diese Worte völlig ungerührt vor. Dances Magen zog sich zusammen. Ihr Atem ging immer schneller. Harper war so ruhig, als würde er ihr Gedichte vorlesen.
    »Julio Miliar ist entlastet, Agent Dance.« Die Andeutung eines Stirnrunzelns. »Er war einer meiner ersten Verdächtigen. Glauben Sie wirklich, ich hätte ihn nicht in Betracht gezogen?«
    Sie erwiderte nichts und lehnte sich zurück. Von einem Moment auf den anderen war alle Hoffnung verloren.
    Für Harper war die Angelegenheit damit erledigt. »Nein, der Grund, weshalb ich Sie hergebeten habe...« Er fand ein anderes Dokument. »Können Sie bestätigen, dass dies eine E-Mail ist, die Sie geschrieben haben? Die Adresse stimmt, aber es werden keine Namen genannt. Ich könnte sie bis zu Ihnen zurückverfolgen, aber das würde etwas Zeit erfordern. Wären Sie so freundlich, mir zu verraten, ob der Text von Ihnen stammt?«
    Sie warf einen Blick auf das Blatt. Es handelte sich um die Fotokopie einer E-Mail, die sie vor einigen Jahren an ihren Mann geschrieben hatte, als dieser zur Teilnahme an einem FBI-Seminar nach Los Angeles gefahren war.
     
    > Wie läuft es bei Dir? Schaffst du es, einen Abstecher nach Chinatown zu machen, wie Du vorhattest?
    Wes hat für seinen fehlerfreien Englischtest ein goldenes Sternchen bekommen. Er hat es sich auf die Stirn geklebt, bis es heruntergefallen ist und wir noch mehr davon kaufen mussten. Mags hat beschlossen, ihr ganzes Hello-Kitty-Zeug der Wohlfahrt zu spenden - ja, alles auf einmal. (Hurra!!!) Von Mom gibt es traurige Neuigkeiten. Willy, ihr Kater, musste nun doch eingeschläfert werden. Nierenversagen. Mom wollte nichts davon hören, es dem Tierarzt zu überlassen. Sie hat es selbst gemacht, mit einer Spritze. Danach schien sie glücklicher zu sein. Sie kann Leid nicht ertragen und würde ein Tier lieber verlieren, als mit anzusehen, wie es sich quält. Sie hat mir erzählt, wie

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