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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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knochigen Schulter.
    Gesten waren stets ehrlicher als Worte.
    »Travis?«, rief sie.
    Er drehte sich um.
    »Vielleicht sehen wir uns mal wieder... in Aetheria.«
    Er hob den Arm mit ausgestreckter Hand quer vor die Brust, was vermutlich ein Gruß zwischen den Angehörigen seiner Gilde war. Kathryn Dance widerstand der Versuchung, die Geste zu erwidern.
     

Kapitel 44
    Dance ging quer durch den Vorgarten zu Donald und Lily Hawken. Ihre Aldo-Schuhe wurden ganz staubig und fleckig. Einige lebhafte Grashüpfer ergriffen vor ihr die Flucht.
    Das Paar saß auf den Stufen der vorderen Veranda von Chiltons Ferienhaus. Hawkens Gesicht bot einen beklemmenden Anblick. Der Verrat hatte ihn eindeutig bis ins Mark getroffen.
    »Hat Jim das wirklich getan?«, flüsterte er.
    »Ich fürchte, ja.«
    Ein anderer Gedanke ließ ihn erschaudern. »Mein Gott, wenn nun die Kinder hier gewesen wären? Hätte er...?« Er konnte den Satz nicht beenden.
    Seine Frau starrte auf das staubige Grundstück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Hollister liegt weit vom Meer entfernt, und im Sommer heizt die Luft sich sehr stark auf.
    »Genau genommen war es schon sein zweiter Versuch, Sie zu ermorden«, sagte Dance.
    »Sein zweiter?«, flüsterte Lily. »Sie meinen gestern bei unserem Haus? As wir beim Auspacken waren?«
    »Ganz recht. Das war auch Chilton. Er hatte sich eines von Travis' Kapuzenshirts übergezogen.«
    »Aber... ist er denn wahnsinnig?«, fragte Hawken verwirrt. »Wieso sollte er uns umbringen wollen?«
    Dance hatte gelernt, dass es in ihrem Beruf nicht hilfreich war, etwas zu beschönigen. »Ich kann es nicht mit absoluter Sicherheit sagen, aber ich glaube, dass James Chilton Ihre erste Frau ermordet hat.«
    Ein herzzerreißendes Schluchzen. Die Augen ungläubig aufgerissen. »Was?«
    Lily hob den Kopf und sah Dance an. »Aber sie ist durch einen Unfall gestorben. Beim Schwimmen in der Nähe von La Tolla.«
    »Ich habe Details aus San Diego und von der Küstenwache angefordert, um sicherzugehen. Aber höchstwahrscheinlich habe ich recht.«
    »Das kann nicht sein. Sarah und Jimmy standen sich...« Hawkens Stimme erstarb. »Sehr nahe?«, fragte Dance.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist unmöglich.« Doch dann platzte es wütend aus ihm heraus: »Wollen Sie etwa behaupten, die beiden hatten eine Affäre?«
    Eine Pause. »Ja, davon gehe ich aus«, sagte sie dann. »In den nächsten Tagen werden uns weitere Indizien vorliegen. Reiseunterlagen. Telefondaten.«
    Lily legte ihrem Mann einen Arm um die Schultern. »Liebling«, flüsterte sie.
    »Ich weiß noch, dass die beiden immer sehr gut miteinander ausgekommen sind, wenn wir etwas zusammen unternommen haben«, sagte Hawken. »Und die Beziehung zwischen Sarah und mir war stets eine Herausforderung. Ich war oft auf Reisen. So zwei, drei Tage pro Woche. Das ist eigentlich nicht viel. Aber sie hat manchmal gesagt, ich würde sie vernachlässigen. Mehr im Scherz, dachte ich - ich habe es nie sonderlich ernst genommen. Doch vielleicht hat sie es ja tatsächlich so gemeint, und Jim hat die Lücke gefüllt. Sarah war immer ziemlich fordernd.«
    Sein Tonfall ließ Dance vermuten, dass am Ende des Satzes die Worte »im Bett« fehlten.
    »Ich nehme an«, sagte sie, »dass Sarah von Chilton verlangt hat, er solle Patrizia verlassen und stattdessen sie heiraten.«
    Ein verbittertes Auflachen. »Und er hat Nein gesagt?«
    Dance zuckte die Achseln. »Der Gedanke ist mir gekommen.«
    Hawken dachte darüber nach. »Zu Sarah Nein zu sagen wäre keine gute Idee gewesen«, fügte er tonlos hinzu.
    »Ich habe mir die zeitlichen Abläufe mal genauer angesehen. Vor ungefähr drei Jahren sind Sie nach San Diego gezogen. Etwa zur selben Zeit ist Patrizias Vater gestorben und hat ihr viel Geld vererbt. Was bedeutete, dass Chilton mit seinem Blog weitermachen konnte - er hat damals angefangen, ganztags daran zu arbeiten. Ich glaube, er kam allmählich auf den Trichter, es sei seine Mission, die Welt zu retten. Patrizias Geld ermöglichte ihm das. Also hat er den Kontakt zu Ihrer Frau abgebrochen.«
    »Und Sarah hat gedroht, ihn bloßzustellen, falls er Pat nicht verlassen würde?«, fragte Hawken.
    »Ich glaube, sie wollte publik machen, dass James Chilton, die Stimme der Moral in diesem Land, eine Affäre mit der Frau seines besten Freundes gehabt hatte.«
    Dance nahm an, dass Chilton daraufhin gelogen und Sarah erzählt hatte, er würde sich scheiden lassen und wolle sich mit ihr in San Diego

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