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Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Frau.
    »Das wissen wir nicht.«
    Ihr stiegen wieder Tränen in die Augen. »Er hat Probleme. Er wird oft wütend. Aber... das hier muss ein schrecklicher Irrtum sein. Ich weiß es!«
    Verleugnung war die am schwierigsten zu handhabende emotionale Reaktion auf eine Krise. Beinahe unüberwindbar.
    Travis' Vater und Rey Carraneo kehrten zurück. Bob Brighams gerötetes Gesicht wirkte besorgt. »Der Revolver ist weg.«
    Dance seufzte. »Und Sie können ihn nicht irgendwo anders hingelegt haben?«
    Er schüttelte den Kopf und wich Sonias Blick aus.
    »Eine Waffe führt zu nichts Gutem«, sagte sie zaghaft.
    Er ignorierte sie.
    »Als Travis noch jünger war, hat er da Lieblingsorte gehabt?«, fragte Dance.
    »Nein«, antwortete der Vater. »Er ist einfach immer verschwunden. Keine Ahnung, wo er gesteckt hat.« »Was ist mit Freunden?«
    »Er hat keine«, sagte Brigham. »Er ist immer online. Mit seinem Computer...«
    »Die ganze Zeit«, bestätigte seine Frau leise. »Die ganze Zeit.«
    »Bitte rufen Sie uns an, falls er sich meldet. Versuchen Sie nicht, ihn zur Aufgabe zu bewegen, und nehmen Sie ihm nicht die Waffe ab. Verständigen Sie uns einfach. Es ist zu seinem eigenen Besten.«
    »Ja«, versprach Sonia. »Das machen wir.«
    »Er wird tun, was ich sage. Genau, was ich sage.«
    »Bob...«
    »Psst.«
    »Wir durchsuchen jetzt sein Zimmer«, sagte Dance. »Ist das rechtens?«, fragte Sonia mit Blick auf den Gerichtsbeschluss.
    »Die können sich meinetwegen mitnehmen, was immer sie wollen. Hauptsache, sie finden ihn, bevor er uns noch mehr Schwierigkeiten bereitet.« Brigham zündete sich eine Zigarette an und warf das Streichholz in den Aschenbecher. Es hinterließ einen Bogen aus Rauch. Sonia senkte bekümmert den Blick, als ihr klar wurde, dass sie die letzte Fürsprecherin ihres Sohnes war.
    Dance nahm das Funkgerät vom Gürtel und rief die Deputys. Einer der beiden gab an, sie hätten im Garten etwas gefunden. Er kam mit Latexhandschuhen ins Haus und brachte einen kleinen Metallkasten mit. Der Behälter war aufgebrochen worden. »Das lag im Gebüsch. Und das auch.« Eine leere Schachtel Patronen der Marke Remington, Kaliber 38 Special.
    »Das ist sie«, murmelte der Vater. »Meine Box.«
    Im Haus herrschte unheimliche Stille.
    Die Beamten gingen in Travis' Zimmer. Dance zog sich Handschuhe an. »Ich möchte nach Möglichkeit etwas über eventuelle Freunde herausfinden«, sagte sie zu Carraneo. »Adressen, Orte, an denen er sich gern aufhält.«
    Sie durchsuchten den Berg an Sachen, die sich im Zimmer eines Teenagers fanden - Kleidung, Comics, DVDs, Mangas, Animes, Spiele, Computerteile, Notizbücher, Zeichenblöcke. Dance fiel auf, dass es kaum Musik und rein gar nichts über Sport gab.
    Als sie eines der Notizbücher durchblätterte, hielt sie erstaunt inne. Der Junge hatte eine Maske gezeichnet, die genau wie die vor Kelley Morgans Fenster aussah.
    Schon die kleine Skizze ließ Dance abermals frösteln.
    Versteckt in einer Schublade lagen mehrere Tuben Clearasil und Bücher über Mittel gegen Akne, die richtige Ernährung, geeignete Medikamente und sogar über Dermabrasion, ein Verfahren der plastischen Chirurgie, mit dem sich Narben beseitigen oder zumindest lindern ließen. Obwohl Travis' Hautprobleme nicht so schlimm wie die vieler anderer Halbwüchsiger waren, schien er sie als hauptsächlichen Grund für seinen Außenseiterstatus zu betrachten.
    Dance suchte weiter. Unter dem Bett fand sie eine stabile, verschlossene Kassette, doch ihr war zuvor in der obersten Schreibtischschublade ein Schlüssel aufgefallen. Er passte. Sie rechnete mit Drogen oder Pornos und war überrascht, stapelweise Geld vorzufinden.
    Carraneo schaute ihr über die Schulter. »Hmm.«
    Ungefähr viertausend Dollar. Die Scheine waren fest und unzerknittert, als stammten sie frisch aus einer Bank oder einem Geldautomaten, nicht von Junkies, die damit ihre Drogen bezahlten. Dance stellte die Kassette zu den Beweismitteln, die sie mitnehmen würden. Travis sollte kein Geld zur Finanzierung seiner Flucht mehr vorfinden. Außerdem hatte Dance nicht den geringsten Zweifel daran, dass sein Vater das Geld sofort einstecken würde, falls er Wind davon bekam.
    »Sehen Sie«, sagte Carraneo und hielt einige ausgedruckte Fotos hoch, zumeist unbemerkt aufgenommene Schnappschüsse von hübschen Mädchen in Travis' Alter, jeweils auf dem Gelände der Robert Louis Stevenson Highschool, allerdings weder in Umkleide- noch Toilettenräumen. Keines der

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