Almuric
Straßen, unter aufspritzenden Funken und einstürzenden Dächern, in brennenden Gebäuden und auf den Mauern spielten sich grauenvolle Szenen ab. Die Männer von Thugra kämpften mit der Wut sterbender Raubtiere. Jeder von ihnen wäre einem einzelnen Yaga gewachsen gewesen, aber die Flügelteufel waren in großer Überzahl, und ihre dämonische Wendigkeit in der Luft wog die überlegenen Körperkräfte der Guras mehr als auf. Sie stießen durch die Luft herunter, schwangen ihre Sicheln in mörderischen Streichen und waren längst außer Reichweite, bevor ihr Opfer zurückschlagen konnte. Wenn zwei oder drei Yagas auf diese Art einen einzelnen Gura bedrängten, so war das kein Kampf mehr, sondern ein brutales Abschlachten. Der Rauch schien sie nicht wie die Menschen zu behindern. Viele saßen hoch oben, außer Reichweite aller Waffen auf Türmen und Mauern oder verborgen in den Qualmwolken, und ließen ihre Pfeile in das Getümmel auf den Straßen zischen.
Aber nicht nur auf der einen Seite gab es Verluste. In den blutnassen Straßen lagen auch geflügelte Körper neben behaarten Gestalten. Schüsse krachten, und nicht wenige der fliegenden Teufel stürzten mit wild schlagenden Schwingen in den Tod. Immer wieder fand das Schwert eines Verteidigers sein Ziel, und wenn ein Krieger einen Yaga in den Griff bekam, so nützten dem seine Flügel nichts mehr.
Aber so verzweifelt die Thugraner sich auch wehrten, die Übermacht der Feinde war zu groß. Für jeden getöteten Yaga stießen drei, vier andere wie Raubvögel herunter, und so wurden die Verteidiger der Stadt niedergemetzelt von einem erbarmungslosen Feind, den sie, blind vom Qualm der brennenden Dächer, oft gar nicht zu Gesicht bekamen.
Die Yagas hatten es vor allem auf weibliche Gefangene abgesehen. Immer wieder sah ich einen durch den wirbelnden Rauch auffliegen, mit einem schreienden Mädchen in unbarmherzigem Griff.
Es war eine höllische Szene, voll barbarischer, dämonischer Grausamkeit.
Und dann, nach fast vollendetem Massaker, stiegen die Horden der Yagas beladen mit hilflosen Gefangenen wieder in den Nachthimmel auf, die zerstörte Stadt unter sich zurücklassend Die Überlebenden feuerten ihnen nach, denn besser war es für eine Frau, auf diese Art schnell zu sterben, als von den Siegern einem entsetzlichen Schicksal entgegengetragen zu werden.
Flammen leckten um leblose Gestalten, einstürzende Dächer rissen noch im Kampf verstrickte Knäuel von Leibern in die Tiefe. Das Donnern der hochauflodernden Feuersbrunst brauste noch lange hinter uns her, als mich die mächtigen Schwingen von zwei Yagas emporhoben aus dem Qualm der sterbenden Stadt Thugra.
Als ich meine Sinne wieder genügend beisammen hatte, um mich für meine Umgebung zu interessieren, wurde ich schon in sausendem Flug hoch durch die Lüfte getragen. Rund um mich hörte ich das rhythmische Schlagen Tausender Flügel. Der Schwarm flog in Keilformation nach Süden und verdunkelte die anbrechende Morgendämmerung; als die Sonne hochstieg, fegte sein gigantischer Schatten unter uns über die Ebene.
Viele der Yagas trugen Gefangene, und das Gewicht schien sie nicht zu behindern, nicht einmal ihre Geschwindigkeit zu mindern; die geflügelten Teufel besitzen eine unglaubliche Ausdauer im Flug – stundenlang können sie durch die Luft sausen und dabei fast mühelos ihr eigenes Gewicht mittragen.
So brach schon die Nacht herein, als sie endlich auf der Ebene landeten, um zu essen und zu rasten. Soweit ich sehen konnte, wurden Feuer entzündet, und schwarze Teufelsgestalten lagerten sich um die Flammen. Solange ich lebe, wird diese furchtbare Nacht in meiner Erinnerung nichts von ihrem Schrecken verlieren, auch wenn ich mir oft wünsche, ich könnte sie vergessen. Wir Gefangenen bekamen nichts zu essen – aber die Yagas bereiteten sich eine Mahlzeit – und viele der unglücklichen Gefangenen wurden zu Nahrung für diese Teufel. Ich lag im Gras und presste die Augen zu, um die furchtbare Schlächterei nicht mit ansehen zu müssen – nichts, nichts konnte ich dagegen tun! Und ich wünschte, ich wäre taub gewesen – die Schreie der wehrlosen Opfer zerrissen mir das Herz, und ich atmete auf, wenn sie endlich verstummten. Ich weiß nicht, wie ich es aushielt. In kalten Schweiß gebadet lag ich da und drückte mein Gesicht ins Gras und sah die ganze Zeit das entsetzliche Bild, wie Altha unter einer Sichel fiel. Ich wusste ja nicht, ob nicht auch sie an einem der Feuer der Yagas geopfert
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