Alpengold (German Edition)
Berghang, mal sehen, wie weit wir mit dem Auto kommen.“
Er drehte die Heizung auf und fuhr los. Der Weg war wirklich nur ein Weg und sehr steinig. Es holperte und schaukelte, Steine spritzten zur Seite, aber sie kamen voran. Zwischen den Bäumen wurde es dunkel und schmal, Äste schleiften über den Lack und Marks Gesicht verdüsterte sich. Er wollte seinem Alten nicht ein völlig zerkratztes Auto zurückbringen.
Sie gelangten ein Stück den Hang hinauf und auf eine kleine Ebene, die auf drei Seiten Bäume umgaben. Die Kiefern und Fichten wirkten klein und krumm, irgendwie krank, aber das lag daran, dass sie sich unmittelbar vor der Baumgrenze befanden, erklärte Mark und fügte hinzu: „Hier scheint Schluss zu sein, es gibt keinen Weg mehr, der breit genug für die Karre wäre. Wir richten hier unser Basislager ein und schlagen das Zelt auf. Da, seht, ein kleiner Bach kommt vom Berg herunter und versorgt uns mit Frischwasser. Holz finden wir auch fürs Feuer, super, was?“
Tina warf einen Blick auf ihr Handy, es gab keinen Empfang mehr. Sie stiegen aus und erkundeten das Plateau, das im hinteren Teil eine fette Wiese bedeckte, aus der nur wenige Felsbrocken herausragten. Büsche und Brennesseln bildeten grüne Inseln im Wiesenmeer. Es ging etwa sechzig Meter oberhalb wieder in Wald über. An den Seiten war der Abstand bis zu den Bäumen geringer. Rechts wölbte sich ein sanfter Hügelrücken mit einer Mulde davor, durch die der vom Berg herabrauschende Bach floss. Das Wasser plätscherte um moosige Felsen herum, verspritzte weiße Gischt und speiste einen kleinen See, bevor es in Richtung Tal verschwand. Kaum drei Dutzend Meter lang und breit, glänzte der See verführerisch blau im Sonnenlicht, war aber mit Sicherheit eiskalt. In ihrem Rücken begann ein abfallendes Geröllfeld, das freie Sicht auf das Tal bot. Die Pension in der Ferne war nicht mehr zu sehen.
Hinter dem Wald ragte der steinige Hang auf und stieg immer steiler an, bis er in die erst grauen, dann weißen Riesen überging. Der Anblick blieb für die Großstädter auch nach dem zehnten Mal noch überwältigend.
Sie konnten sich kaum sattsehen und Sandra rief immer wieder: „Schaut euch das an, da, der Baum. Ist das Grün nicht viel grüner als bei uns? Habt ihr den See gesehen? Mensch, ist der Berg hoch und alles weiß dort oben. Wow, was fliegt denn dort? Ein Adler?“
Mark interessierte der Adler kein bisschen. Er ging zum Wagen, um die Ausrüstung auszuladen. Sein „Team“ schien eher langsam in die Spur zu kommen und er hatte das Gefühl, dass ihnen die Ernsthaftigkeit der Expedition nicht bewusst war. Sie verhielten sich wie Urlauber, dabei hing eine Menge davon ab, dass alles glatt lief. Er wuchtete das Zelt auf seine Schultern und schleppte es zu ihrem auserkorenen Lagerplatz.
„Bewegt euch und helft mal mit! Ich bin nicht gerade der Zeltaufbauer“, rief Mark den anderen zu, die schon wieder in der Gegend herum lümmelten oder die Berge anstaunten.
„Wieso?“, fragte Sandra. „Jetzt haben wir alle auf dich gesetzt. Also ich kann’s nicht!“
Mark schüttete als Erstes alle Zeltbestandteile auf das Gras. Er schaute ein wenig ratlos auf die riesige Plane und die vielen Gestänge.
„Was ist?“, fragte Sandra wieder. „Hat dir dein Vater nicht erklärt, wie es aufgebaut wird?“
„Doch, klar, aber es hören und selber machen sind verschiedene Dinge, stelle ich gerade fest.“
„Wer zugibt, dass er was kann, der muss es dann immer machen. Alte Krankenschwesternregel“, sagte Stefan. „Gib mal her den Kram. Ich war früher Pfadfinder.“
Sandra lachte, als ob sie das für einen Scherz hielt. War es vielleicht auch, aber Stefan packte es an und gab Mark Anweisungen. Mark war dankbar für die Hilfe, er wollte das Zelt schnell aufstellen und dann zum Bach gehen.
„Alte Pfadfinderregel: Wenn das Ding am Schluss wirklich steht, ist es egal, wenn Teile übrig bleiben“, sagte Stefan und steckte zwei Stangen zusammen.
„Ach, das ist ‘ne Pfadfinderregel?“ Tina lachte laut heraus und Mark registrierte, dass Jens zu Boden sah. Der Junge war so was von verknallt, das merkte sogar er als Mann.
„Hey“, rief er ihm zu. „Hilfst du uns mal? Oder spielst du Loths Frau, die zur Salzsäule erstarrte?“
Stefan schlug derweil Heringe in die Erde und schien gut zurechtzukommen. „So ein Zeltaufbau ist doch selbsterklärend. Man muss nur logisch nachdenken und auf keinen Fall in die Aufbauanleitung schauen. Ein
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