Alpengold (German Edition)
schlug, hörte sie ganz in der Nähe lautes Rascheln. Ein großes Tier schien sich einen Weg durch das Unterholz zu bahnen und sie starrte angestrengt ins Grüne. Allein wollte sie dem Tier, egal, ob groß oder klein, nicht begegnen. Schnell gesellte sie sich wieder zu den anderen.
„Habt ihr das gehört?“, fragte sie. „Vielleicht war das ein Bär?“
Mark und Stefan meinten, nichts gehört zu haben und Tina schüttelte nur den Kopf.
„Ich hab vorhin auch was Knacken und Rascheln gehört, als ich das erste Mal auf Holzsuche war“, sagte Jens und musterte angespannt die Umgebung.
„Ach was, das waren sicher deine zwei linken Füße, die auf Äste traten und sie zum Knacken brachten“, meinte Tina leicht gehässig. „Wir alle trampeln so laut durch den Wald, da haut jedes Viech ab, weil es denkt, eine Horde Dinosaurier nähert sich.“
Jens kam es auf einmal nicht mehr geheuer vor und er hielt sich näher an Stefan. Der Kerl interessierte ihn ohnehin. Er strahlte oft eine Ruhe und Gelassenheit aus, als sei er schon fünfzig Jahre alt und weise wie Methusalem und er hatte ihn noch nie Pummel genannt. Allerdings hatte er auch noch nie mehr als ein paar belanglose Worte mit ihm gewechselt.
„Du willst echt ans GFZ gehen, wenn du das Studium fertig hast?“, fragte er Stefan.
Der schaute ihn überrascht an. „Klar ! Das Geologische Forschungszentrum in Potsdam betreib t unter Anderem Erdbebenforschung und genau da will ich einsteigen.“
„Wow, das klingt interessant!“ Jens trat absichtlich auf einen dicken Ast und ließ ihn laut knacken.
„Na, wenn es dich interessiert, ja, ich will die Erdbebenvorhersage sicherer und genauer machen. Und ich will meine Theorie untersuchen und bestätigen. Ich bin der Meinung, dass die globale Erwärmung auch die Gesteinsschichten in der Erde erreichen wird und die höhere Temperatur, auch wenn sie nur ein bis zwei Grad erreicht, zu einer Ausdehnung der Materie führt. Dadurch wird es verstärkt zu Erdbeben kommen und das will ich belegen.“
„Das hört sich beinahe einleuchtend an.“
Stefan sah wieder Jens an und schien erfreut zu sein, dass sich jemand für seine Theorie interessierte und fachsimpelte weiter. „Na wie du weißt dehnt sich beinahe jeder Stoff beim Erwärmen aus, das kann man sogar über den Ausdehnungskoeffizienten berechnen. Und wenn sich die Erdoberfläche ausdehnt, nimmt sie mehr Platz ein, der irgendwoher kommen muss. Notfalls nimmt sie sich den Platz mit Gewalt und dann bebt die Erde. Das ist wie bei der Plattentektonik, wo die Kontinentalplatten sich verschieben und aneinander reiben.“
Jens kam bald nicht mehr mit und dachte daran, dass er das Geostudium nur aufgenommen hatte, um etwas Sinnvolles zu tun, was sich nicht um Öl und Autos drehte. Er wollte seinem Vater zeigen, dass es ihm Ernst war, die Werkstatt nicht zu übernehmen. Doch langsam musste er sich klarwerden, was er im Leben erreichen wollte und wie es weitergehen sollte. Alle anderen hatten offensichtlich bereits ihre Pläne geschmiedet. Er nutzte eine Redepause von Stefan und ließ sich zurückfallen, bis er neben Tina lief.
„Hey, hast du gehört? Stefan will ans GFZ, Erdbeben erforschen und vorhersagen. Und was willst du mal nach dem Studium machen?“
„Was geht’s dich ...“, herrschte Tina ihn an, unterbrach sich aber schnell und warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. „Sorry. Was ich machen will? Keine Ahnung. Mein Dad meinte, ich wäre zu gut in der Schule gewesen, um als Kassiererin oder so zu versauern, ich solle studieren. Da die freie Uni in Zehlendorf mit dem Geocampus von uns zu Hause aus in Gehnähe liegt und ich nicht mal eine Fahrkarte brauche, wenn ich dort studiere, hab ich mich für Geologie entschieden. Naiv, was? Aber mittlerweile macht es mir sogar Spass.“
Jens staunte und war freudig überrascht über Tinas Redefluss, leider schwenkte sie nun ab und begann, Holz aufzusammeln. Die anderen taten es ihr nach. Abgefallene Äste für ein Feuer fanden sie genug, das Campingbeil musste kaum zum Einsatz kommen. Sie brachten jeder drei Fuhren Holz zum Lager und hatten anschließend keine Lust mehr, weiter herumzulaufen.
Am Abend gab es am Lagerfeuer Brot, Salami, Käse und Konservenfleisch. In der freien Natur schmeckte alles hervorragend. Anschließend zauberte Stefan eine Flasche Kirsch-Whiskey hervor.
„Wie auf Klassenfahrt in der Schule“, sagte er und verteilte Pappbecher, die er mit der roten Flüssigkeit füllte. Tina wehrte erst
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