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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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Deppenfernsehen ist, dass hier zwischendrin keine Werbung sondern ein Rechtfertigungs-Brecht läuft. Erbärmlich. Beten Sie zu Gott, dass ich nicht eines Tages zum Programmchef von RTL aufsteige und sei es auch nur für eine Woche.«
    »Die Kinder haben wenigstens was davon, die waren auf einer Bühne und am Ende haben sie eine Ausbildungsstelle.«
    »Das sehe ich genauso. Die haben echte Gefühle da auf der Bühne, aber das erhöht nur ihren Niedlichkeitsfaktor für die Rechtsanwaltsgattinnen. ›Mann, mach doch was, gib ihm endlich eine Ausbildung.‹ Wenn ich als Kritiker schreibe, dass sie Shakespeare und Sophokles spielen sollen, damit sie wieder gesellschaftsrelevant werden und den Gegenwartsquatsch in die Tonne treten, dann bin ich zukunftsfeindlich. Ich halte meinen Mund und trinke lieber noch eines. Sie auch?«
    Jakob wartete am Platz, bis Schultzberg mit frischem Getränk zurückkam. Er wusste, dass sie Kollegen waren und lobte seinen letzten Artikel.
    »Sie haben ein Gespür für die Leute.« Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Weizen. »Ich brauche heute zwei, drei mehr«, rechtfertigte er sich. »Mir ist ein guter Freund gestorben. Deswegen trinke ich auch ausnahmsweise Dunkles, obwohl das normal nicht mein Fall ist. Mir geht es wahrscheinlich bald genauso. Die Ehrlichen gehen früher ins Grab. Ich finde das gut, dass Sie nichts trinken. Fangen Sie gar nicht damit an, das ist noch elender als Rauchen. Glücklicherweise bin ich zu faul, jedes Mal vor die Tür zu gehen, dieses Laster bin ich beinahe los.«
    Albert Neun erschien. Er durchsuchte den ganzen Raum, entdeckte Schultzberg und steuerte ihn direkt an. »Ich finde es ungeheuer, dass Sie sich hierher wagen.«
    »Nirgendwo bekommt man um diese Uhrzeit billigeres Bier in einem Lokal«, erklärte Schultzberg.
    »Ihre Sauferei merkt man Ihrer Schreiberei deutlich an. Welcher Redakteur druckt den Mist überhaupt noch ab, den Sie permanent absondern?«
    »Werden Sie mir nicht unverschämt. Es gibt einen Ton, den zivilisierte Menschen beibehalten sollten, auch wenn sie sich nicht ausstehen können.«
    Jakob mischte sich ein: »Haben Sie Ihre Kampfhundwette gut verdaut? Hat Ihnen Ihr kleiner Schauspielerbub dabei geholfen?«
    »Man sollte Subjekte wie Sie wirklich nicht frei rumlaufen lassen.«
    »Kampfhundwette? Da fällt mir ein: Brecht selbst soll großer Hundesportfreund gewesen sein. Wir bewegen uns alle in bester Gesellschaft, gerade hier in Augsburg«, warf Schultzberg ein.
    Neun biss die Zähne zusammen. »Ich werde Ihrem Treiben ein Ende setzen. Sie verstricken sich da in etwas, was Ihnen zum Verhängnis werden wird. Das verspreche ich Ihnen, zur Not Schwarz auf Weiß.« Ohne jemand anderen zu grüßen, ging er ab.
    »Dieser Typ ist das Letzte«, warf ihm Schultzberg hinterher. »Ein Patriarch. Der meint, um seinen Nabel drehe sich die Welt. Ich will ihn vernichten.«
    »Kannten Sie meinen Bruder?«
    »Wer ist Ihr Bruder?«
    »Birne.«
    »Was heißt ›kannten‹?«
    »Kein Mensch weiß, wo er steckt. Ich suche ihn.«
    »Wie lange soll er schon weg sein?«
    »Etwas über eine Woche.«
    Schultzberg erstarrte. »Ein Freund von mir hat ihn noch gesehen am Donnerstag. Kurz drauf ist er gestorben.«
    »Heinz Horst?«
    »Genau. Birne muss ihn verlassen haben, kurz bevor er gestorben ist. So richtig verschwunden ist Ihr Bruder also nicht, hin und wieder läuft er jemandem übern Weg.«
    »Ich war auch dort. Ich bin mit meinem Bruder verwechselt worden. Vielleicht war es gar nicht Birne, der gesehen wurde. Vielleicht war’s ich.«
    »Euch zwei kann man nicht gut verwechseln. Beim besten Willen nicht. Aber was soll’s? Wenn ich Zeit hätte, würde ich ihn bedauern. Aber so: Der taucht schon wieder auf. Ich sollte übrigens auch dort gewesen sein, eigentlich, aber ein Kätzchen hielt mich im Bett.«
    »Haben Kritiker Groupies?«
    »Keine Mieze, ein kleiner Kater. Ich habe einen Abend lang auf die falsche Marke gesetzt, passiert auch Könnern. Haben Sie jetzt mein Weizen ausgetrunken? Nein? Dann ist es verdunstet. Kein Wunder bei der trockenen Luft hier.«
    Nachdem Nachschub bereitgestellt worden war, fragte Jakob: »Warum wollten Sie sich bei Heinz Horst treffen? Ging es um Nazis?«
    »I wo. Das war nicht dienstlich, es war mehr konspirativ.«
    »Sie wollten saufen.«
    »Wir wollten geheime Bowlenrezepte austauschen«, klärte Schultzberg auf. »Bowlenprobe. Schade dass Sie nicht trinken. Ihnen entgeht so viel Gutes. Heinz hat als pensionierter Richter

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