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Alpenkasper

Titel: Alpenkasper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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zu trinken.
    Beim Kommen trommelte er immer nervös mit seinen Fingern zuerst am Türrahmen und dann auf dem Küchentisch. Er wartete, bis Jakob fertig war an der Spüle und vor ihnen das stille Wasser stand, dann sprudelte er los. Meist eine neue Idee, eine Aktion, die man am besten noch sofort anpacken müsse. Jakob war eigentlich immer dann der Realist mit den Einwänden, die Mike wütend machten und schimpfen ließen auf den Kleingeist überall, auch in Jakob. Es wurde immer laut in diesem Moment der Zusammenkunft, man drohte mit Aufkündigung der Freundschaft, bevor man dann, versöhnt durch ein kleines Wort oder eine Geste oder einen Müdigkeitsanfall, im finalen Akt zusammen über die Schlechtigkeit der Welt jammerte, wobei Jakob die eigene Machtlosigkeit anerkannte, Mike dieselbe dagegen heftig abstritt. Deswegen konnten sie sich auch noch mal in die Haare bekommen, allerdings nicht immer, das gehörte nicht zum Pflicht-Programm.
    Auf der Straße hielt ihn Mike damals fest, zog ihn ein wenig zur Seite. »Wann müssen Sie diese Interviews abliefern? Wenn Sie mir einen kleinen Augenblick schenken, dann verrate ich Ihnen eine Story, mit der Sie einen Volltreffer landen könnten.«
    Jakob rechnete sich keinen Funken Chance aus, mit irgendeiner plötzlichen Geschichte in der Redaktion landen zu können, dazu war er eine zu kleine Nummer. Selbst wenn er den Papst in der Augsburger Innenstadt fotografiert hätte, würde der Chef vom Dienst noch jemanden anderen schicken, der die Sache dann druckreif bringen würde. Obwohl er durchaus schlechte Erfahrungen gemacht hatte, gab er Mike seine Nummer, damit er sich mit ihm mal in Ruhe auseinandersetzen könne, und hoffte, dass sich die Sache erledigen würde.
    Nichts erledigte sich. Mike meldete sich, überredete Jakob zum Kaffee, sie freundeten sich an. Manchmal tat Jakob die verbrauchte Zeit weh, in der Regel freute er sich aber.
    Mike verbrachte viel Zeit vor dem Rechner, weil es im Internet noch einige wenige unzensierte Inseln gab, auf denen sich die Mikes dieser Welt rumtrieben und austauschten. Mike wollte Jakob auch »zur Wahrheit« bringen, zum einen weil jeder mehr auf der richtigen Seite die Welt besser machte, zum anderen war Jakob Mikes Tor zu den alten, gekauften Medien, die er sich für seine Zwecke zunutze machen wollte, wie die Gegenseite es ja bereits erfolgreich vorgemacht hatte. In den Foren seiner Internetfreunde rühmte er sich gerne seiner Bekanntschaft mit Jakob. Er hatte Einfluss und deswegen wurde seine Stimme gehört im Forum.
    Oft waren Mikes Themen Jakob zu anstrengend. Auch wenn er wusste, dass die Suche nach der Wahrheit nicht bequem ist, sagte er dann manchmal in seiner Müdigkeit Dinge, die Mike ihm ernsthaft übel nahm.
    Damals ging es um die Geschichte mit der Grippeimpfung, wo im Impfstoff angeblich Zeugs drin war. Zeugs war natürlich drin, daran zweifelte niemand. Es war Streit zwischen ihnen ausgebrochen und Jakob hatte kurz geglaubt, Mike für immer los zu sein danach. »Die haben versucht, die Hälfte der Menschheit totzuspritzen.« Jakob war das wurscht, er wollte sich nicht spritzen lassen und wer nicht gespritzt wird, kann auch nicht totgespritzt werden, und er wollte nicht seine Zeitung anrufen, damit die was unternehmen, was schreiben, dass nicht die Hälfte verreckt am Boden liege nächste Woche. »Du bist auch gekauft.« Wie gern wäre Jakob gekauft gewesen.
    »Und noch eins: Sie versuchen es von allen Seiten. Schau nur mal an die Decke.« Jakob schaute. »Was siehst du da?«
    »Nichts.«
    »Nichts? Du siehst nichts, weil du nichts sehen willst. Da hängt eine Lampe. Na und?, wird der gemeine Mann auf der Straße sagen, hängen doch überall Lampen. Und was ist in den Lampen? Energiesparbirnen! Überall Energiesparbirnen. Und was ist in den Energiesparbirnen?«
    Jakob zögerte.
    »Mensch, Jakob, da ist schon wieder Quecksilber, wie in den Spritzen.«
    »Aber die sparen doch auch Energie.«
    »Einen Scheißdreck tun sie. Sie lassen dich nur länger im Dunkeln sitzen. Was die an Energie sparen, kannst du vergessen. Da sparst du mehr, wenn du in der Woche eine Banane weniger isst. Zum Beispiel.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Eben. Und warum? Weil die normalen, die gekauften Medien darüber nichts bringen.«
    »Brutal, wenn man sich überlegt, wie man sich verarschen lässt«, gab Jakob zu.
    »Die gehen sogar noch weiter. Big Brother is watching you. Die installieren hier in deiner Wohnung, in deinen eigenen vier Wänden

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