Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
Vom Netzwerk:
materiell und gesundheitlich. Wenn mich der Schlag im eigenen Haus trifft, trifft er mich nicht schlimm. Diese Orte bestachen auch nicht durch eine Hässlichkeit, sie frustrierten in ihrer Durchschnittlichkeit, die sich aber perfekt an die Landschaft anpasste: nicht zu flach, von Bergen konnte keine Rede sein, grauenvoll hügelig. Man konnte das Leben hier nicht lieben, man konnte es jedoch gewohnt sein und deswegen nie von hier fortwollen oder wenn es einen fortgezogen hatte, hierher zurückbringen. Hier wurden keine Helden geboren, hier wurden auch keine erschlagen. Birnes Mord war eine Sensation, unfassbar, aufregend.
    Birne dachte, dass er im Auto ein paar der Stunden verbrachte, die zwischen dem Ungeheuerlichen und den lebenslangen, traurigen Konsequenzen daraus bestanden. Eigentlich hätte er noch einmal die Sau rauslassen müssen, saufen, spielen, vögeln, aber nichts. Er war auf der Flucht und hatte keine Ahnung, wie weit er kommen würde.
    Sie fuhren auf eine Autobahn, sie rasten, immer weiter in die Belanglosigkeit dieser Gegend. Birne fühlte nichts, Nina lehnte angespannt in ihrem Sitz. Sie wollte wissen, wie es jetzt weiterging. Beinahe jeder Ausgang dieses Abenteuers konnte ihr recht sein. Die Männer wiederum hatten sich so weit reingeritten, dass sie im Prinzip nur noch verlieren konnten. Schöne Chancenungleichheit.
    Das nächste Dorf der Beliebigkeit. Ein Neubaugebiet von vor 20 Jahren. Lauter gleiche unscheinbare Häuser. Eines nahm sie in ihrer Auffahrt auf und versteckte das Fluchtauto in der Garage. Sie waren in Sicherheit. Vorerst. Jetzt wurde Ben wieder ganz der Entführer. Er brachte die beiden in einen Kellerraum ohne Lichtschacht, ausschließlich künstliches Licht. Ein großes Bett in der Mitte, darauf mussten sie sich legen und auf das Kommende warten. Eine Feuertür verschloss ihnen den Ausgang.
    Oben hörten sie schwach einen Fernseher röhren. Da waren sie nun.

     
    Nina lag auf dem Rücken in ihrem Bett und las in einer belanglosen Frauenzeitschrift. Eine Hand lag auf ihrer Stirn, mit der anderen hielt sie das Heft in die Luft: Sehr ernst konnte es ihr mit der Leserei nicht sein. »Was starrst du mich so an?«
    »Du gefällst mir halt.«
    »Ich mag das nicht, dass mich jemand so anstarrt.«
    »Auf einmal. Sag, wenn ich dir was dafür geben kann, dann würd ich dir was dafür geben, dass ich dich anstarren kann.«
    »Du bist ein Rindvieh.« Und halb für sich sagte sie: »Herrgott, warum hast du mich von allen drei Milliarden Männern ausgerechnet mit diesem in die Zelle gesperrt?«
    Birne sprang auf, lief zu ihr hin und beugte sich über sie, und ohne darauf zu achten, dass er ihr damit ein bisschen Angst machte, sagte er: »Du, ich meine, wenn wir es wirklich wollten, kämen wir hier raus, wir zwei. Ich war gerade draußen mit Ben, der hat nicht viel auf dem Kasten, wenn wir anfangen zu rennen. Ich hätt’s machen können, aber ich wollte dich nicht allein lassen.«
    »Dich mag er irgendwie«, entgegnete die inzwischen wieder entspannte Nina. »Nobel von dir, die Chance zu verschenken, und nobel für mich; allein mit dem könnte es schlimm ausgehen für mich. Danke; … nicht dass du meinst, du hättest jetzt was gut, so einfach ist das nicht. Ich arbeite nicht, wenn ich Geisel bin – bisher jedenfalls nicht.«
    »So meine ich das nicht«, sagte Birne und ließ seine Augen erneut über die wandern, vor der er stand, und wusste, dass er es ein bisschen wenigstens schon so meinte. »Wir müssen hier weg, wir müssen frei sein, lass uns überlegen, wie wir das schaffen.«
    »Birne, wir brauchen mehr solche Männer wie dich. Birne, ich bin mir sicher, wenn nicht du das Opfer wärst , sondern der Ermittler draußen, dann wär Ben längst vorm Richter und wir ein Paar. Aber so bist du hier mit drin und leider so unsexy wie Opfer sein können. Oh, ich glaub, du blutest schon wieder. Nein, nicht im Gesicht; da, mein ich«, sagte sie und langte sich selbst an ihren Busen, um Birne zu demütigen und vielleicht auch in seinen Überlegungen zu motivieren.
    »Du weißt nicht, was da draußen passiert ist, aber ich sage dir, der vertraut mir. Und genau dieses Vertrauen werde ich ausnutzen, um uns hier rauszuholen.«
    »Birne, das ist ein großartiger Plan. Mach das. Schau.« Ganz kurz nur zog sie das T-Shirt hoch, sodass Birne ihre Brüste sehen konnte. Er stöhnte auf.

     

     

14. Ermittlungen
    »Voilà.«
    Trimalchio blickte über die Schulter des Kollegen auf den Bildschirm. Darauf fuhr

Weitere Kostenlose Bücher