Alpenlust
tropft von der Decke der Wohnung drunter und wir oder die Feuerwehr werden schneller gerufen. Sie werden lachen, das sind dann die billigen Wohnungen, die Sie manchmal in der Zeitung lesen. Die drunter wollen schnell verkaufen, weil sie das Gefühl haben, dass ihnen von oben die Leichengifte in die Kaffeetasse getropft sind. Dieses Gefühl werden Sie nicht mehr los und den Geruch bilden Sie sich auch ein. Da können Sie Ihre Tasse 1.000 Mal auswaschen und wechseln. Erlösung bringt nur noch, da rauszugehen. Ja, so ist das.«
»Kann das sein, dass Ihr Kollege im Auto nervös wird?«
»Oh, das kann sein, ich quatsche mich hier fest, dabei haben wir wirklich noch was vor heute. Vielen Dank für Ihre Mitarbeit. Halten Sie die Augen offen, melden Sie alles, was Ihnen verdächtig erscheint und vor allem, machen Sie sich nicht zu viele Sorgen. Schlaf ist wichtiger.«
Die Tür wurde geschlossen. Ben sprang nach draußen aus dem Zimmer. »Danke«, sagte er dem, der da gekommen war.
Es war der Komplize, der Freund, dem das Haus gehörte, in das sie sich verkrochen haben. Die Erleichterung war ganz auf Bens Seite, das Verhältnis war aber zwischen den beiden insgesamt gespannt. Birne wurde Zeuge eines Streits.
Der Freund Bens hieß Heinz, hatte vor allem eine zentimeterdicke Brille und sah damit harmlos aus. Er war klein und eher rund, hatte rotbraunes Haar, gescheitelt, blasse Wulstlippen, schiefe, kaffeegelbe Zähne. Er war rot im Gesicht, auf der Haut, die unter seinem pastellfarbenen, karierten Hemd hervorschaute. Er roch nach altem Schweiß, streng. Alle diese Mädchen, die sich Ben geholt hatte, mussten ihn über und in sich ertragen. Schlimmer Gedanke. Das Verbrechen war verwerflicher, als es ausgesehen hatte.
Ben hatte diesem Heinz in der Hütte im Wald gestanden, dass er Schluss machen, dass er sich stellen wolle und versuchen werde, ihn so weit wie möglich rauszuhalten. Heinz war zu schwach, die Kiste allein durchzuziehen und versuchte, seinen Kameraden an Bord zu halten und ihn vom Aufhören abzubringen. Ben hatte sich entschlossen, er hatte es sich gut überlegt und war der Meinung, dafür gesorgt zu haben, dass keiner mit seinem Schritt ins Verderben gezogen werden würde.
Birne hatte den Eindruck, einem alten Ehepaar zuzusehen. Wie absurd. Sie hatten eingesehen, dass es so nicht weitergehen konnte, dass sie so beide verrückt würden. Andererseits konnten sie nicht voneinander lassen, weil sie es gewohnt waren, den anderen ständig an der Seite zu haben. Sie wussten, dass es an der Zeit war, einen harten Schnitt zu wagen, ein lieb gewonnenes, aber nicht lebensnotwendiges Körperteil abzutrennen, von nun an mit Katheder aufs Klo zu gehen.
Birne setzte sich und wurde sogleich von Ben aufgefordert, auch mal was zu sagen. Birne hielt sich raus, meinte, das müssten sie unter sich ausmachen, er sei zu kurz dabei, und ihm sei es im Moment am liebsten, gar nie dabei gewesen zu sein.
Dann kam Ben auf die Idee, dass Heinz mit Birne den Laden weiterführen könne, ihn als seinen Partner stoßweise in den Betrieb einführen könnte.
»Danke, Freunde«, unterbrach Birne. »Ich glaube, ich bin dafür nicht der Typ. Ich will mich jetzt noch einmal groß verlieben im Leben – möglicherweise ist das schon passiert – und dann heiraten und Kinder kriegen und Haus und so weiter.«
»Das weiß keiner vorher, ob er der Typ dazu ist. Die meisten«, versuchte Ben ihn zu überreden, »meinen, es sei nichts für sie. Und kaum sind sie dabei, lieben sie es.«
Doch auch Heinz war nicht bereit, ins Blaue mit Birne weiterzuarbeiten. Er kannte ihn ja nicht einmal und ein gewisses Vertrauen war schon nötig bei so einer heiklen und illegalen Beziehung.
»Birne ist verdammt talentiert«, behauptete Ben voreilig. »Die haben ihn bei der Polizei genommen, ohne Vorbildung, ohne Prüfung. Birne ist ein Genie bei so was.«
Die beiden Deppen stritten sich in Rage. Birne stand zunächst fassungslos, dann amüsiert daneben. Sie hatten die Polizei eben an der Haustür abgewimmelt. Auch Ben war die Sache wichtig, auch ihm war das Unternehmen ans Herz gewachsen. Sich nehmen, was einem gerade gefällt und gebrauchen, solange die Lust anhält und dann wegwerfen, möglichst unauffällig. Das war zur Selbstverständlichkeit geworden wie für andere der Besuch in einem Fast-Food-Restaurant.
Irgendetwas bewegte sich im Garten. Birne sah, dass die Thujahecke wackelte. Schon wieder versuchte einer hier einzudringen. Wenn die letzten Jahre
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