Alpha: Thriller (German Edition)
noch fasziniert.«
Lynn und Adams nickten. Lynn wusste, dass ihr Freund ein sehr leidenschaftlicher Mensch war, besonders wenn er über seine Arbeit sprach. Sie würde sich große Mühe geben müssen, das Gespräch auf ihr Problem zu lenken. Doch gerade als sie beginnen wollte, schnitt Baranelli ihr das Wort ab.
»Haben Sie diese Linien schon einmal aus der Luft gesehen?«, fragte er seine beiden Gäste.
Adams und Lynn schüttelten den Kopf.
»Nicht?«, sagte er entzückt. »Dann steht Ihnen jetzt ein besonderes Erlebnis bevor. Und wer könnte ein besserer Reiseführer sein als ich? Wenn Sie Glück haben«, setzte er zwinkernd hinzu, »kläre ich Sie sogar über meine eigenen Theorien bezüglich dieser Stätte auf.«
Während der nächsten halben Stunde kreiste das Flugzeug gemächlich am Himmel und zog die gewaltigen Linien auf der Ebene von Nazca nach.
Baranelli war wie eine Maschine. Er schrieb gleichzeitig Notizen in ein eselsohriges Büchlein, machte hochauflösende Fotos und führte komplexe Berechnungen durch, während er ohne Punkt und Komma begeistert die Geschichte der Linien erzählte, und zwar besser, als ein professioneller Touristenführer das je vermocht hätte.
»Ist es nicht unglaublich?«, fragte Baranelli, und das nicht zum ersten Mal. »Von hier aus sehen die Linien und Geoglyphen aus, als hätten sie keinen Sinn und wären bedeutungslos durch die Pampa gezogen; manche fachmännisch ausgeführt, andere grob gehauen, und nur ein riesiges Durcheinander. Aber wenn wir genauer hinsehen«, fuhr er fort und nickte dem Piloten zu, der die Flughöhe verminderte und tiefer über der Wüstenebene flog, »sehen wir die Schönheit des Entwurfs. Wir erkennen die Keile«, sagte er und wies auf gewaltige, trapezartige Formen, die sich bis zu siebenhundertfünfzig Meter weit erstreckten, »und wie sie von den Linien selbst gekreuzt werden – die bis zu neun Meilen lang vollkommen gerade verlaufen. Es gibt auch Spiralen, Dreiecke, Kreise, die Liste lässt sich fortsetzen. Wissen Sie, wie viele dieser geometrischen Formen sich hier befinden?«
Lynn schüttelte den Kopf. »Leider nein.«
»Um die neunhundert . Neunhundert! Ist das zu fassen? Es ist wirklich unglaublich. Und dann die Umrisse!«, sprach Baranelli, vollständig in seiner eigenen Welt versunken, weiter. »Es gibt ungefähr siebzig Biomorphe – Tier-und Pflanzendarstellungen, darunter einige sehr bekannte Beispiele. Der Kolibri, der Reiher, der Kondor, der Hund, die Hände, die Spinne, der Pelikan, der Affe«, erklärte er und unterstrich jedes Wort, indem er mit dem Finger in die Richtung des betreffenden Geoglyphen wies, und Adams und Lynn betrachteten ehrfürchtig die Scharrbilder. Sie drängten sich in einem Bereich der weitläufigen Ebene zusammen, von der Baranelli ihnen erklärt hatte, dass sie fast zweihundert Quadratmeilen maß. Die Größe der Umrisse war erstaunlich. Von ihrem Aussichtspunkt aus schätzte Adams die Pelikanfigur auf über dreihundert Meter Länge.
»Und dann haben wir noch meine persönliche Lieblingsfigur«, fuhr Baranelli lächelnd fort. »Den Astronauten.«
Aus den Fenstern der Maschine sahen Adams und Lynn auf eine in den Hang eines kleinen Hügels gezeichnete Figur hinunter. Der Lichteinfall war perfekt, und sie konnten beide die Darstellung eines Mannes erkennen, der eine Art Helm zu tragen schien und die rechte Hand zum Gruß erhoben hatte. Aber an wen gerichtet? Oder was?
»Und?«, fragte Baranelli seine Gäste sichtlich aufgeregt. »Was meinen Sie?«
»Auf jeden Fall interessant«, antwortete Lynn. »Wozu dient sie?«
Baranelli wandte sich vom Fenster ab und zog die Augenbrauen hoch. »Ah!«, rief er aus. »Das ist die Frage! Wozu ist das alles da? Was denken Sie?«, fragte er, ganz der Professor, der seine Studenten auf die Probe stellte.
»Im Lauf der Jahre sind darüber viele Theorien aufgestellt worden«, begann Lynn, »angefangen mit Kosoks Überzeugung, dass es sich um eine Art astronomischen Kalender handelt. Allerdings haben Computermodelle gezeigt, dass die Übereinstimmungen zufällig waren.«
»In der Tat«, pflichtete Baranelli ihr bei und nickte. »Und was sonst noch?«
»Also, ich glaube, die vorherrschende Theorie ist die, dass sie religiöse Straßen darstellen, die mit Wasser oder Fruchtbarkeitskulten verbunden sind.«
»Ja, dieser Meinung sind viele«, meinte der Professor zustimmend. »Die ethnografischen und historischen Daten scheinen darauf hinzudeuten, dass die Verehrung von
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