Alpha: Thriller (German Edition)
Statt eines Begräbnisses würde für Lynn und ihr Team in knapp zwei Wochen in Washington eine staatliche Gedenkfeier stattfinden.
Es war die NASA gewesen, die angerufen hatte, um ihm die tragische Nachricht mitzuteilen und ihn zu der Gedenkfeier einzuladen. Außerhalb ihres beruflichen Zirkels gab es nicht viele andere Leute einzuladen. Da sie keine nennenswerte Familie besaß, stammten die meisten Leute, die sie kannte, aus der NASA.
Adams hatte der Frau am anderen Ende der Leitung erklärt, er werde kommen. Und während er jetzt seine Frühstücksflocken aß, kreisten seine Gedanken unaufhörlich um Lynn.
Die Sache war die, dass er sie immer noch liebte. Eine Träne rollte seine Wange hinunter, und dann betrachtete er die Müslischale, die vor ihm auf dem Tisch stand, und hätte nicht sagen können, was das für ein Ding war.
Eine Stunde später saß er immer noch da.
Das Indianerreservat Pine Ridge liegt in der südwestlichen Ecke South Dakotas und grenzt an Nebraska. Es wird vom Stamm der Oglala-Sioux verwaltet und erstreckt sich über mehr als neunhunderttausend Hektar. Auf seinem Gebiet liegen drei der ärmsten Bezirke der Vereinigten Staaten.
Die indianische Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die sogar zu den besten Zeiten marginalisiert wurde, steht immer noch vor großen Problemen in Bezug auf Armut, Bildung, Gesundheit und Wohlfahrt, und nirgendwo ist dieser Zustand so offensichtlich wie in Pine Ridge.
In kleinen Schlangenlinien machte sich Adams mit dem Fahrrad zur Arbeit auf. Er konnte sich glücklich schätzen, überhaupt einen Job zu haben. Es war keine gute Stelle – und ganz bestimmt nicht in derselben Liga wie seine vorherige Anstellung, die ein so tragisches Ende genommen hatte –, aber immerhin ein Job. Die Bezahlung war schlecht, aber wenigstens konnte er seine Miete bezahlen.
Weniger als vier Prozent des Landes im Reservat, das von der Bundesregierung praktisch ignoriert wurde, waren für die Landwirtschaft geeignet. Im Ergebnis war Armut verbreitet, und die Bedingungen begünstigten Alkoholismus, Verbrechen und andere damit verbundene Probleme. Und so betrachtete sich Adams, der jetzt die kleine Touristenhütte am Rand des Badlands-Nationalparks erreichte, als einen derjenigen, die Glück gehabt hatten.
Die Oglala-Sioux sind ein stolzes Volk und gehören zu den sieben Stämmen, aus denen einst die Große Nation der Sioux bestand.
Matt »Free Bear« Adams gehörte diesem Stamm an, der von seinen Mitgliedern als Oglala Lakota Oyate bezeichnet wurde. Seine sagenumwobenen Vorfahren hatten im Red-Cloud-Krieg und im Großen Sioux-Krieg gegen das US-Militär gekämpft und waren unter denjenigen gewesen, die in Wounded Knee massakriert wurden.
Adams persönliche Abstammung war allerdings weniger klar. Er war im Alter von schätzungsweise zwei Tagen vor dem Hauptquartier der Stammespolizei von Pine Ridge abgelegt worden, und seine Herkunft ließ sich nie klären. Der örtliche Polizeichef hatte ihn unter seine Fittiche genommen und in seiner eigenen Familie untergebracht. Doch dies hatte nur die ersten paar Jahre von Adams’ Leben angedauert. Als der freundliche alte Mann an einem kalten Novemberabend in der Stadt erschossen worden war, musste Adams bald feststellen, dass er von Pontius zu Pilatus weitergereicht wurde. Ein Waisenhaus hier, eine Pflegefamilie dort; und so war er, bevor er ein Teenager wurde, schon mehr als zwei Dutzend Mal umgezogen.
Aber der junge Adams war zäh, und der Geist, in dem ihn der Polizeichef in diesen ersten Jahren erzogen hatte, war nie weit von der Oberfläche entfernt. Er ließ sich nicht von seiner Lage unterkriegen, gab niemals auf und kämpfte immer weiter.
Es war auch Adams’ Kampfgeist gewesen, der schließlich Jim »Big Bear« Maddison auf ihn aufmerksam gemacht hatte, den Anführer der Strong-Heart-Akicita-Kriegergesellschaft und ein entfernter Verwandter des großen Häuptlings Crazy Horse, der am bekanntesten dafür war, dass er in den Schlachten am Rosebud und am Little Bighorn eine Kriegergruppe gegen die Streitkräfte der US-Regierung geführt hatte.
Wie der Polizeichef vor ihm hatte Maddison sich Adams’ angenommen. Als er den Stammesältesten vorgestellt wurde, erkannten diese nicht nur seinen Kampfgeist, sondern auch seine tiefere, spirituelle Natur, und fanden ebenfalls Interesse an ihm.
Die traditionellen Kriegs-, Jagd- und Fährtensuchertechniken des Stammes wurden von den meisten Lakota als so etwas wie ein Anachronismus
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