Alphawolf
Vernunft riet ihr, alles daran zu setzen, von Claw wegzukommen. Doch sie liebte ihn. Ihre Liebe gab ihr die Kraft, die zwiespältigen Gefühle zu ertragen.
Er hob ihren Oberkörper an, sodass sie nah vor ihm kniete und sein Phallus sich stärker auf ihre Scham drückte. Während er sich an ihren Rücken schmiegte, legte er ihr seinen Arm um den Hals, was Tala irritierte, da sie nicht wusste, ob dies eine Geste der Zuneigung oder eine Drohung war.
Selbst als er sich vor Koliken krümmte, ließ er sie nicht los. Er kniete hinter ihr und legte die Stirn auf ihrer Schulter ab. Sein Gesicht musste schmerzverzerrt sein. Seine Muskeln spannten sich immer wieder an. Sein Körper wurde von Kontraktionen durchgeschüttelt und er hielt Tala fest – oder er hielt sich an ihr fest, sie war sich nicht sicher.
Als der Anfall vorüber war, richtete er sich keuchend auf. Er schlang seinen freien Arm um ihre Taille und streichelte mit den Fingerknöcheln ihren Bauch. Seine Hand glitt tiefer. Ein Fingerknochen umkreiste ihre empfindlichste Stelle. Claw ließ sich Zeit, schnupperte an ihrer Halsbeuge und zupfte mit seinen Lippen an den feinen Härchen in ihrem Nacken.
Sie erschraken beide, als Canis die Tür der Schwitzhütte öffnete.
Er kam geduckt herein, mit dem Holzkübel Wasser in einer Hand und der Schöpfkelle in der anderen. Sein Blick fiel auf Claw. Er riss seine Augen auf. Entsetzen spiegelte sich auf seinem Gesicht.
«Heilige Scheiße», rief er, ließ Kübel und Kelle einfach fallen und floh aus der Hütte.
Bevor er die Tür wieder verschloss, konnte Tala gerade noch Claws Arm sehen, der nicht länger um ihren Hals lag. Claw hatte ihn gelockert und presste ihn auf ihren Busen, er ähnelte dem eines Bodybuilders, der kurz vor einem Wettkampf stand und seinen Körper definiert hatte: unnatürlich aufgepumpt, die Muskeln und Sehnen waren hervorgetreten. Am furchteinflößendsten jedoch waren die Krallen, die aus seinen menschlichen Händen wuchsen: lang, spitz und tödlich. Nun war er tatsächlich zu Wolverine geworden.
Claw war schon immer kräftig gewesen, aber jetzt war er ein gefährliches Muskelpaket, das nur er selbst unter Kontrolle halten konnte. Doch er war gleichzeitig auch seine eigene Schwachstelle.
Um ihre Furcht zu überspielen, plapperte sie aufgeregt drauf los: «Mudjekewis, die Bärenrunde, lehrt uns, dass mit Bärenstärke nicht nur körperliche Kraft gemeint ist, sondern auch die Stärke zur Sanftmut und Gelassenheit.»
«Sanft und gelassen ist so ungefähr das Letzte, was ich bin.»
«Dann haben wir ein Problem», stellte sie nüchtern fest.
Kapitel 23
Claw gab sie frei und kroch zu dem Kübel mit Wasser. Am lauten Schlecken erkannte Tala, dass er trank wie ein Wolf und nicht wie ein Mensch. Wie viel von ihm mochte noch menschlich sein?
Sie selbst kauerte sich in eine Ecke.
Er kam zu ihr. Als sie die Holzkelle an ihren Lippen spürte, öffnete sie ihren Mund und schluckte das Wasser gierig herunter, glücklich, dass Claw noch die Oberhand hatte. Denn der Wolf in ihm hätte sich nicht um sie gekümmert, weil er nur noch seine Freiheit im Sinn hatte und sie Claw half, ihn gefangen zu halten. Er war in Claws Körper eingesperrt wie in einem Käfig und rebellierte dagegen.
«Lass mich raten. Die dritte Runde steht für den Herbst und den Abend.» Sein Lachen klang heiser und verbittert.
«Es geht um Verantwortung.» Tala schaufelte sich etwas Wasser ins Gesicht. Es war erfrischend und ließ ihren Kopf wieder etwas klarer werden. Zudem hatte Canis keine heißen Steine nachgelegt. Die Hitze in der Hütte sankt langsam auf eine angenehm Temperatur. «Im Herbst zieht der Bär sich in seine Höhle zurück und wendet in aller Stille den Blick nach Innen, auch seinen dunklen Seiten zu. Die dritte Runde der Zeremonie soll uns daran erinnern, regelmäßig in uns hineinzusehen und unser Verhalten zu reflektieren.»
«Aber ich bin völlig durcheinander», gab Claw zu. «Was bin ich, Tala, Wolf oder Mensch? Nichts von beidem und doch beides gleichzeitig. Ein Wesen wie ich dürfte nicht existieren.»
Ihr wurde schwer ums Herz, aber sie traute sich nicht, seine Hand zu nehmen, weil sie befürchtete, sich an den Krallen zu verletzten. «Schau in dich hinein und es wird Licht ins Dunkel und Ordnung ins Chaos kommen. Im Herzen bist du Claw, der Alphawolf. Das ist die Wahrheit. Sieh genau hin. Deine Hülle mag sich verändert haben, aber der Kern ist immer noch derselbe.»
«Indianische Philosophie.»
Tala
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