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Alptraumland

Alptraumland

Titel: Alptraumland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Ronald M. und Pukallus Hahn
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ergreifen. Ich eilte auf die Dorfstraße. Perkins und der Wagen waren fort. Als die Tür der Taverne hinter mir zufiel, hielt ich einen vorbeikommenden Passanten an – einen bürgerlich gekleideten Gentleman –, um mich nach dem Polizeirevier zu erkundigen.
    »Tut mir leid«, erwiderte der Gentleman mit einem hilflosen Achselzucken, »aber so bedeutend ist unser Ort nicht. Das nächste Revier ist in …«
    Doch er kam nicht mehr dazu, den Satz zu Ende zu sprechen, denn nun flog hinter uns die Tür von Harley’s Inn auf. Messerschwingend erschien der Wirt auf der Schwelle. »Mr. Kincaid«, rief er. »Mr. Kincaid! Er ist einer von diesen …«
    Das letzte Wort verstand ich wieder nicht. Es hatte auffällige Ähnlichkeit mit einem wüsten Aufheulen. Ich hielt es auch für einen Ausdruck der schottischen Sprache, aber obwohl ich es in meinem Leben noch nie gehört hatte, war ich mir sicher, daß es nur eine schlimme Beleidigung sein konnte.
    »Chriesta tighearna!« Kincaid schrak zutiefst betroffen zurück und starrte mich mit großen Augen an. Das Geschrei des Wirts verstummte nicht, im Gegenteil. Er brüllte mehrmals aus Leibeskräften »Die [unverständlich] sind wieder hier!« Kincaid rückte von mir ab und eilte in die Taverne, und Sekunden später schien aus dem ganzen Dorf ein Tollhaus zu werden. Laute Stimmen ertönten, Türen und Fenster flogen auf. Überall erschienen Menschen, machten drohende Gebärden und fielen in einen Chor mir völlig unverständlicher Verwünschungen ein.
    Perkins, von dem Lärm alarmiert, kam im Eiltempo um eine Ecke gerannt. Wie sich später herausstellte, hatte er die Gelegenheit meiner Mahlzeit genutzt, um sich beim Barbier des Ortes das Haar schneiden zu lassen. Als er sah, was sich auf der Dorfstraße tat, verdichtete sich bei ihm der gleiche Eindruck wie bei mir. In Skelmerhe schien so etwas wie Massenwahnsinn ausgebrochen zu sein. Zwanzig, dreißig Männer rannten auf mich zu und schwangen Mistgabeln und Äxte.
    »Perkins, den Wagen!« schrie ich. Perkins deutete mit der Hand um die Ecke. Ich lief hinter ihm her. Der Bean-Mietwagen stand vor dem Haus des Barbiers. Wir verstanden kein Wort von dem, was die Leute grölten, doch als der erste Backstein gegen den Kotflügel des Fahrzeugs krachte, gab Perkins Gas. Wir verließen den ungastlichen Ort in rasendem Tempo und redeten während der Fahrt nach Ashton Manor über das Vorgefallene. Wäre ich allein gewesen, hätte ich bestimmt an meinem Verstand gezweifelt, aber da wir beide die gleichen Beobachtungen gemacht hatten, konnten wir uns gegenseitig das unerfreuliche Erlebnis bestätigen. Trotzdem fanden wir für das feindselige Benehmen der Dörfler keinerlei Erklärung.
    Wir verbrachten die Nacht auf Ashton Manor, und ich träumte von Axt- und Mistgabeln schwingenden Bauern, die mich fluchend verfolgten und umbringen wollten. Ich erwachte mehrmals, doch im Haus war alles still. Perkins schlief fest, ich bemerkte es an seinem gleichmäßigen Schnarchen.
    Am nächsten Morgen, wir hatten gerade das Frühstück beendet, fuhr Rechtsanwalt Robertson in Begleitung zweier Herren vor. Der erste war sein Bruder Angus, der andere ein Architekt namens McGilligan, der sich Ashton Manor ansehen wollte, um mir dann Pläne für die Renovierung und Umgestaltung vorzulegen.
    Während James Robertson und McGilligan einen Rundgang durch das Haus machten, führte ich ein unverbindliches Gespräch mit Angus Robertson, einem bebrillten älteren Herrn, der brasilianische Zigarren rauchte. Dabei kamen wir auch auf den Ort zu sprechen, in dem ich mich erfolglos bemüht hatte, Hauspersonal anzuwerben.
    »Die Leute in dieser Gegend sind sehr abergläubisch«, erklärte Robertson. »Es würde mich nicht wundern, wenn sie insgeheim irgendwelchen alten heidnischen Gottheiten huldigen. Sie sind wahrlich ein eigenartiges Völkchen.«
    Ich schilderte ihm das Erlebnis, das ich am Tag zuvor in der Ortschaft gehabt hatte, aber Robertson fand sofort eine Erklärung für die seltsame Geschichte. »Leider waren Ihre Vorfahren in dieser Gegend nicht sehr beliebt, Mr. Ashton … Glaubt man den Leuten, die hier leben, waren sie grausame Feudalherren, die die Bauern grundlos gefoltert und gequält haben. Im siebzehnten Jahrhundert zum Beispiel …« Er hielt inne, als er mein Gesicht sah, und auf seiner Stirn bildete sich eine steile Falte.
    »Stimmt etwas nicht, Sir?«
    »Das kann man wohl sagen«, sagte ich. »Wie kommen Sie darauf, daß unsere Familie aus dieser

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