Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
davon, und dann rein damit in dich, biste ganz geplatzt wärst von. Aber dat ist es mir nicht wert. Dich zerreißt es sowieso mal von alleine.«
»Warum biste nur so gemein zu mir?«, begann Olga zu klagen, »Mal ein hartes Wort kommt in unserem Milieu doch schon vor. Da ist man nicht so gegen.«
»Aber ich«, konterte Frieda. »Ich bin dagegen. Du hast es mir so lange so dreckig gemacht. Und ich hab mir geschworen, dass meine Stunde schlägt. Und nun ist sie da, Olga Zunder. Erst mal die Rechnung. Dann holste die Mädels runter. Hopp, hopp und zack, zack. So haste doch immer gesagt, nicht wahr?«
»Ach Gottchen«, jammerte Olga. Sie war noch ungeschminkt. Aber die dicken, getünchten Spinnenwimpern hatte sie bereits angeklebt. Damit übte sie nun reumütigen Augenaufschlag. Sie holte die Cognacflasche vom Regal.
»Stinkt in deine Bude«, sagte Frieda und schnupperte.
»Aber Frieda, ist alles reine!«
»Hast du gemacht, ha? Ausgerechnet du? Du kommst ja mit dein Hintern nicht runter für unterm Bett den Dreck vorkehren. Schenk uns zwei ein. Für dich auch, olle Schnapsdrossel. Na, mach schon! Hopp,, hopp und zack, zack ein bissken!«
Man sah Olga Zunder die Wut nicht an. Aber man ahnte sie. Der mächtige Körper zitterte beim Einschenken der Gläser. Die Augen unter den Wimpern rollten und blitzten, und das Lächeln um die Lippen wirkte wie gefroren.
Inzwischen hatte Frieda mit Elli an einem der kleinen Tische Platz genommen und sah sich um. Jetzt, da sie nicht mehr hier arbeiten musste, erkannte sie die ganze erbärmliche Schäbigkeit des Lokals. Wie kitschig die Plastikweintrauben wirkten, mit denen Olga schon in fast grauer Vorzeit die Wände dekoriert hatte. Dazwischen billige Holzimitationen sogenannter Schnitzereien. Weinselige Motive aus dem Dekorationsgeschäft. Den Männern fiel es nicht auf. Mit den Plastikbildern hatten sie ja schließlich auch nichts im Sinn ...
»Ist doch gemütlich bei mich, nicht wahr?«
»Es ist beschissen«, sagte Frieda. »Einfach mies, meine Beste. Du solltest mal schön renovieren für die Kundschaft.«
»Ach, dat Geld«, klagte Olga und kam mit den Gläsern an den Tisch. Sie hielt das Tablett mit einer Hand. Die andere benötigte sie, um die fehlenden Knöpfe an ihrem Morgenrock zu ersetzen. Trotzdem klaffte es, und man konnte die mächtigen Halbbeinschlüpfer sehen, deren Kanten schwarze Rüschen zierten. »Ach ja, wat hat denn unsereins schon? Nischt. Man muss hinten und vorne sparen. Nicht mal wat kaufen kann ich mir. Mal ein Cognäcchen, na ja ...«
»Zweimal inne Woche bein Friseur mit 'nem Taxi und vier Pfund Lachsschinken fressen und dat Geld von den Mädels holen, dat sie sich mit deine Besoffenen in deine stinkigen Betten wälzen. So ist dat, meine Beste. Nein, sag nischt, halt die Batterie. Dat ist besser!«
Olga senkte den Kopf. Der Anwalt hatte ihr klipp und klar erklärt, dass überhaupt keine Aussicht bestand, bei Gericht Erfolg zu haben, auch dann nicht, wenn es sich um eine versehentliche Verwechslung gehandelt haben mochte. Und auch nicht bei Absicht. Sei nichts beweisbar.
In der Wohnung oben hatte Olga die halbe Nacht gewütet wie eine tobsüchtige Amazone, hatte sich im Morgengrauen in die Trümmer gehockt und sich die Wut und das Elend aus dem Bauch geheult. Doch aufgeben wollte sie nicht. Wenn nicht die harte, so doch die sanfte Tour. Wird noch nicht über Nacht gescheit geworden sein, die dusselige Paluschke. So sagte sich Olga und jagte den davonziehenden Fellen nach. Wenn sie erst einmal ein Zipfelchen haben würde, aber dann ...
»Mögt ihr vielleicht einen kleinen Imbiss?«, fragte Olga mit penetranter Süßlichkeit. »Mit Lachsschinken vielleicht?«
»Nein, danke!«, lehnte Frieda hoheitsvoll ab. »Wir waren speisen. Im Grandhotel, meine Liebe. Ganz fein mit Büfett und so. Alles nur vom Feinsten, nicht wahr, Elli?«
»Aber ja«, strahlte Bahnhofs-Elli. Man hatte zwar zu Hause gefrühstückt. Doch fürstlicher hätte es in jenem Hotel auch nicht sein können.
»Die Mädels soll ich holen, haste gesagt? Willste wieder feiern?«
»Sektfrühstück für die Mädels«, sagte Frieda Paluschke. »Darf ich mal bei dein Telefon?«
»Aber Friedalein, als ob ich dir dat jemals verboten hätte!«, rief die Bordellwirtin. Eine greifbare Lüge, denn es war wieder abgesperrt.
»Na, kusch! Geh rauf zu den Mädels!«, befahl Frieda. O ja, das Befehlen machte ihr ungeheuren Spaß. Und nun sollte sie aufs Altenteil? Sollte Braunkohl pflanzen und
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