Als das Handy eine Buschtrommel war
dir.« »Ich habe kein Netz.« oder »Wo bist Du gerade?« wären zu Zeiten, in denen ausschließlich über das Festnetz telefoniert wurde, undenkbar gewesen. Dass sich vor allem Jugendliche gegenseitig über wenige Meter SMS-Mitteilungen schicken, obwohl sie sich genau so gut auch unterhalten könnten, treibt Sozialwissenschaftlern immer häufiger Sorgenfalten auf die Stirn.
Für Reisende, die aus beruflichen Gründen an verschiedenen Orten der Welt erreichbar sein wollen oder müssen, sind Mobiltelefone unverzichtbar. Mit einer Rufnummer kann man heute (fast) überall angerufen werden – »Roaming« macht’s möglich. Das Handy ist nicht nur Telefon, sondern auch Schnittstelle für den mobilen Arbeitsplatz. Mit der entsprechenden Software und einem Verbindungskabel lässt sich an jedem Laptop das Modem durch das Handy ersetzen und die elektronische Post abrufen.
Rasante Entwicklung
Dem technologischen Quantensprung des UMTS-Standards sind einige Jahrzehnte an Entwicklung und Geschichte vorangegangen. Bereits 1946 entstand in den USA das erste Mobilfunknetz. Auch in Deutschland waren Funknetze wenige Jahre nach dem Krieg installiert. 1986 erreichte das damalige B-Netz seine maximale Teilnehmerzahl von 27 000 Nutzern – verglichen mit der Handy-Dichte in westlichen Ländern knapp 20 Jahre später eine lächerliche Größenordnung. Ab 1991 entwickelte sich der Mobilfunk endgültig zu einem Massenprodukt. 1993 hatten in Deutschland rund 400 000 Menschen ein Handy, 1998 waren es bereits 14 Millionen, zwei Jahre später 48 Millionen. Ende 2005 lag die Handy-Dichte bereits bei rund 95 Prozent mit fast 78 Millionen Nutzern. Ein Ende der Entwicklung ist zudem nicht abzusehen. Der Trend geht mittlerweile in den modernen Gesellschaften zum Zweit- oder sogar Dritthandy. Und nicht nur in den westlichen Industrienationen haben die kleinen Telefone Einzug gehalten. Auch in Ländern, die von Krieg oder Armut gezeichnet sind, sind auf den Straßen Menschen mit Handys zu sehen. Im Oktober 2002, ein knappes Jahr nach den ersten US-Bombenangriffen auf Afghanistan, waren in der Hauptstadt Kabul die Handys keine Seltenheit mehr – in einem Land, das bis dahin so gut wie keine Berührungspunkte mit moderner Technologie hatte.
Nur Licht – oder auch Schatten?
Der Siegeszug des Mobilfunks scheint unaufhaltsam. Menschen, die sich dem »Handy-Boom« verweigern, sind schwer zu finden – aber es gibt sie. »Seit es Handys gibt, sind die Menschen noch unhöflicher und unpünktlicher, als sie es vorher waren«, sagt Marcus Schuster. Der Student und freie Journalist hat noch nie ein Handy besessen. »Die Menschen telefonieren in der Öffentlichkeit so laut und ungeniert, dass es zwangsläufig jeder mitbekommen muss. Und wenn sie sich früher um zehn Minuten verspätet haben, kommen sie jetzt eine halbe Stunde zu spät, weil sie denken: Man kann ja anrufen.«
Gesundheitsschäden durch Handys?
Viele andere befürchten Gesundheitsschäden durch die hochfrequenten elektromagnetischen Wellen. Nachgewiesen sind bislang Reaktionen des Organismus, die auf den thermischen Effekt der Wellen zurückzuführen sind. Um zu verhindern, dass die Erwärmung das Gehirngewebe schädige, habe allerdings die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post Grenzwerte gesetzt, die weit unter dem Gefahrenbereich lägen, so Daniel Giese. »Wir haben Studien in Auftrag gegeben, die zeigen sollten, ob der Mobilfunk Gefahren birgt, unter anderem bei Forsa und beim TÜV.« Die Ergebnisse hätten alle weit unter den Grenzwerten gelegen. »Zudem sind diese Werte so gesetzt, dass selbst bei einer Überschreitung noch sehr viel Spielraum zu dem Bereich besteht, in dem gesundheitliche Risiken auftreten könnten.« Auch die Strahlenschutzkommission habe in einer Untersuchung 2001 festgestellt, dass keine Gesundheitsgefahren durch Hochfrequenz-Elektromagnetische Felder nachweisbar seien. Ebenfalls nicht nachgewiesen ist das Phänomen des »SMS-Daumens«. Wissenschaftliche Erkenntnisse über Schäden an der Hand durch ständiges Tippen der Kurznachrichten liegen der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz in Berlin nicht vor. »Auch wir haben darüber keine Informationen«, sagt Daniel Giese. Allerdings: »Den Tennisarm gibt es natürlich und ich kann mir theoretisch schon vorstellen, dass eine ständige Wiederholung derselben Bewegung Auswirkungen auf die Muskulatur hat.« Handys haben viel verändert. Das Kommunikationsverhalten wandelt sich, neue
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