Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
Armbanduhr. „Vielleicht gibt’s da ‘nen Schichtdienst“, sagte er, „und die gehen alle zur Arbeit.“
„Wir versuchen’s einfach“, erklärte Hans-Peter und zog seinen DDR-Personalausweis aus der Jackentasche, besah ihn sich, schlug ihn auf und hielt dem Freund die Paßbildseite unter die Nase. „Karascho?“
Sebastian nickte grinsend.
Sie mischten sich unter eine Gruppe Zivilisten am Tor und gingen mit diesen am Posten vorbei, indem sie wie die anderen kurz ihren Ausweis vorzeigten. Unbeanstandet gelangten sie in einen eigentlich gesperrten Bereich des amerikanischen Militärs.
„Na bitte, ganz einfach“, meinte Hans-Peter mit einer einladenden Handbewegung. „Hier kann jeder rein.“
Beide gingen, um nicht noch nachträglich als Unbefugte aufzufallen, gemäßigten Schrittes zielstrebig auf einen Seiteneingang im langgestreckten Gebäude mit den vielen hohen Fenstern zu.
„Also gut“, sagte Sebastian, „wir gehen da rein und verlangen jemanden vom CIC – und dann?“
„Erzählen wir, was wir machen“, antwortete Hans-Peter, „also deutscher Nachrichtendienst und so...“
„Und du denkst, die glauben dir gleich alles auf’s Wort und fragen dich, was sie für dich tun können?“
Hans-Peter hob kurz die Schultern. „Wir fragen einfach, das kostet ja nichts.“
„Und wenn die mißtrauisch sind und uns festhalten?“
„Warum sollten sie? Keiner von der Stasi würde hier einfach so reingehen.“
„Woher weißt du das?“
„Weiß ich nicht, aber ich denke mir’s.“
„Da hast du allerdings recht“, bestätigte Sebastian. „Bei so viel Naivität können die uns nur für völlig harmlos halten.“
„Na und“, erwiderte Hans-Peter, „das macht doch nichts, wir sind ja wirklich harmlos.“
Sebastian schüttelte den Kopf und beide betraten das Gebäude durch eine Glastür in eine Art von Vorflur, links erkannten sie ein Pförtnerfenster und daneben eine offene Tür.
„Quatsch doch einfach russisch, dann holen die gleich ihren obersten Chef“, foppte Sebastian den Freund.
Der stieß ihm dafür den Ellenbogen in die Rippen. Aus der offenen Tür neben dem Pförtnerfenster steckte ein GI seinen Kopf in den Flur. „Hallo!“
„Hallo“, sagte auch Hans-Peter. „Wir“, dabei wies er auf Sebastian und sich, „wir möchten jemanden vom CIC sprechen.“
Der GI schüttelte den Kopf und lächelte. „You speak English?“
“No”, sagte Hans-Peter und schüttelte energisch den Kopf. „I speak no English.“
Sebastian grinste breit. Der Spinner, dachte er, gibt an, lernt Englisch in der Schule und wenn’s drauf ankommt, kann er gerade mal fehlerfrei no sagen.
Ein zweiter Uniformierter trat hinzu, nuschelte etwas und der erste GI nickte.
„Ist doch kein Englisch, was die da kauen“, wandte Hans-Peter sich halblaut und empört Sebastian zu.
„CIC?“ fragte jetzt der zweite GI die beiden.
Hans-Peter nickte nachdrücklich.
Nun verhandelten die beiden Amerikaner und die Freunde verstanden lediglich ein paarmal CIC.
Dann fragte wieder der erste GI etwas und die beiden verstanden wieder nur CIC und nickten heftig. „Yes, yes, CIC!”
Der zweite Amerikaner nickte nun seinerseits und griff zum Telefonhörer. Was er dort sprach, konnten sie nicht verstehen. Nach wenigen Minuten, die sie auf dem Flur warteten, trat ein großgewachsener, breitschultriger Zivilist, vielleicht vierzig, schätzte Sebastian, mit Schlips und Kragen in pikfeinem Anzug durch die zweite Glastür, die den Vorflur vom eigentlichen Flur trennte. „Hallo!“ begrüßte auch er die beiden, die dann im Chor ihr „Hallo“ echoten.
„Sie wollten zum CIC“, fragte er in leicht gekautem Deutsch.
Erleichtert nickten beide und bestätigten diesen Wunsch.
„Bitte schön“, sagte der Zivilist und hielt ihnen die Flurtür auf.
„Danke!“ Und sie betraten den langen Flur, in dessen Neonröhrenlicht sie links und rechts nur Türen erkannten. Sie gingen hinter dem Zivilisten über einen blank gebohnerten Linoleumboden bis vor eine der Türen, die er öffnete. Ein spartanisch eingerichteter Büroraum empfing sie. Offensichtlich nicht das Büro des zivilen Herrn, der sich selbst erst einmal im Zimmer umsah, um dann auf einen Schreibtisch zuzusteuern, vor dem drei einfache hölzerne Stühle aufgereiht standen, die der Zivilist ihnen mit einer einladenden Handbewegung offerierte. Er selbst nahm hinter dem Schreibtisch Platz. „Also, was führt Sie hierher?“
„Na, rede schon“, sagte Sebastian, als
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