Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
Vom Netzwerk:
los. Und daß da die Stasi wie die Spinne im Netzt sitzt, kann man sich gut vorstellen.“
    „Meinst du wirklich, daß die da überall sitzen?“
    „Ich glaube, man muß vorsichtshalber schon davon ausgehen.“
    „Na ja, wenn Pi-pa-po unsere Mitarbeit öffentlich bestätigen würde“, ergänzte Hans-Peter die Überlegungen, „müßte er seine Tarnung aufgeben. Und das wird er nicht tun.“
    „Ich denke, das darf er auch nicht“, erklärte Sebastian.
    „Menschenskind, wenn das wirklich so ist“, erregte Hans-Peter sich, „dann gefährden wir uns ja vollständig auf eigene Kosten.“
    „Aber das hat Hoffmann uns doch gleich zu Anfang auch so zu verstehen gegeben“, und beide gingen weiter dem Ausgang zu.
    „Also daran kann ich mich nicht erinnern.“
    „Aber wenn du selbst Flugblätter schreibst und verteilst“, argumentierte Sebastian, „dann darf davon ja auch niemand was wissen.“
    „Das ist ganz was anderes, das machen wir ja nicht“, wehrte Hans-Peter ab. Beide kamen unbeanstandet am Pförtner vorbei, der in seiner Bude rauchend und uninteressiert in einem Stuhl fläzte.
    „Was anderes ist das mit den Flugblättern nicht“, knüpfte Sebastian wieder an das unterbrochene Gespräch an, als sie draußen auf dem Bürgersteig standen und dann in Richtung S-Bahn gingen, um den Zug in Königswusterhausen noch zu erreichen. „Der Unterschied besteht nur darin“, sagte er, „daß wir jetzt effektiver sind als mit selbstgebastelten Flugblättern.“
    „Na und, dafür gibt dir niemand was.“
    Sebastian sah den Freund von der Seite an und registrierte einen störrischen Zug in dessen Gesicht. „Na, wenn du rentenberechtigt fest angestellt werden willst, dann meldest du dich am besten gleich bei der Stasi. Als Morgengabe bringst du denen deine Verbindung zu Pi-pa-po mit und haust mich auch gleich noch in die Pfanne. Könnte schon sein, daß die dich mit Handkuß aufnehmen. Es müßte dir aber auch klar sein, daß du damit eine Verräterkarriere beginnen würdest.“
    „Du spinnst doch hochgradig. Andererseits verraten wir ja den Osten jetzt auch.“
    „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen“, ereiferte sich Sebastian.
    „Nö“, sagte Hans-Peter, „das will ich nicht.“
    Sebastian stieß ihn mit dem Ellenbogen. „He! Wir waren uns bisher doch einig. Das sind ja jetzt ganz neue Töne bei dir.“
    Hans-Peter lachte schließlich. „Ich würde dich doch nie verraten. Wie kommst du nur auf solche absurden Ideen?“
    „Na, davon gehe ich natürlich auch aus“, erklärte Sebastian, „aber was meinst du eigentlich mit ‘den Osten verraten’?“
    „Na, tun wir doch, oder?“
    „Also sag mal, ich dachte, da sind wir einer Meinung. Wir gehen doch gegen eine eingesetzte, niemals wirklich gewählte Diktatur hier im Osten vor. Wir verraten nicht, wir setzen uns für ein Deutschland endlich ohne jede Diktatur ein. Das war uns beiden doch, denke ich, immer klar.“
    „Ich sag ja auch gar nichts dagegen“, warf Hans-Peter ein. „Und mit Verrat, da hast du schon recht, da habe ich mich falsch ausgedrückt.“
    „Das will ich auch hoffen“, sagte Sebastian. „Eine Diktatur, egal welcher Richtung, kann man gar nicht verraten, nur bekämpfen.“
    „Aber im Westen, sagen die, da diktiert das Kapital“, entgegnete Hans-Peter.
    „Quatsch, so blöde kannst du doch nicht sein, die leben ja nicht mehr im Frühkapitalismus im Westen.“
    „Ich bin ja völlig der gleichen Meinung“, mokierte Hans-Peter sich „ und habe nur gesagt, was die Genossen so von sich geben.“
    „Das ist ja nichts Neues und das weiß jeder“, sagte Sebastian. „Ich denke“, setzte er mit Nachdruck hinzu, „darüber müssen wir nun nicht mehr reden, das sollte doch klar sein.“

    41.

    Es war ein Frühsommertag im Juni, als Sebastian aus dem Wald nach Hause kam. Er trug noch Gummistiefel, die er sich im Hausflur vor der Wohnungstür von den Füßen zog. Sie hatten einen zugewachsenen und teils bereits verstopften Bachlauf gereinigt und verbreitert. Schließlich sollten die Lehrlinge, so hieß es, lernen, wie man einen solchen Bach wieder zum Fließen bringt. Keine ganz leichte Arbeit. Der faulige Geruch dabei begleitete ihn, er hatte ihn noch immer in der Nase, als seine Mutter ihm, nachdem er sich im Badezimmer gründlich gewaschen hatte, in der Küche mitteilte, daß in Berlin etwas im Gange sei, von Aufruhr berichtete sie. „Bauarbeiter der Stalinallee demonstrieren gegen Normerhöhungen“, erzählte sie.
    „Haben

Weitere Kostenlose Bücher