Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman
erkannte, der sich an ihrem Erstaunen zu weiden schien. Natürlich hatten sie ihn nicht schon hier erwartet, da er sonst immer erst später aufzutauchen pflegte. Sie steuerten schließlich quer durch das spärlich besetzte Restaurant auf Hoffmann zu, der sie mit ausholender Handbewegung zum Platznehmen einlud.
„Da sind wir aber überrascht“, stellte Sebastian lachend fest, reichte Hoffmann die Hand und schob sich einen Stuhl zurecht.
„Wir hatten uns ja erst kürzlich gesprochen“, sagte Hoffmann zu Hans-Peter, als er dem die Hand gab.
„Na ja, Sie hatten mir ganz schön den Kopf gewaschen wegen des Passierscheins und der gefälschten Bescheinigung.“
„Nicht grundsätzlich deswegen, keineswegs, sondern weil der Anlaß für eine so gewagte Geschichte viel zu nichtig war.“
„Wir hielten diesen Aufstand im Osten aber durchaus nicht für nichtig“, erwiderte Hans-Peter, „und daher meinten wir, es sei ausgesprochen dringend zu Ihnen durchzukommen.“
„Das sind doch zwei verschiedenen Dinge, der Aufstand im Osten und Ihre äußerst gewagte Grenzüberquerung, die überhaupt nur so unbedarft jungen Menschen wie Ihnen gelingen konnte. Ähnliches war auch im Krieg zu beobachten. Das soll beileibe keine Abwertung sein“, erklärte Hoffmann als er in Hans-Peters vermuckschte Miene sah. „Ein solcher Mut kann sehr von Nutzen sein, wenn der Anlaß entsprechend ist und das war er bei Ihnen eben nicht. Solche Anlässe sind selten.“
„Sie sagten zu Hans-Peter“, warf Sebastian ein, „so erzählte er mir’s wenigstens, wir hätten mit solch gewagten Eskapaden nicht nur uns selbst, sondern den ganzen Westen gefährdet.“
Hoffmann winkte lächelnd ab, „das hört sich ja dramatisch an. So habe ich das bestimmt nicht gemeint“, dazu schüttelte er den Kopf. „Aber jeder unserer Leute drüben, der scheitert“, fuhr er nachdrücklich fort, „gefährdet natürlich immer auch unsere Sicherheit, also wenn Sie so wollen, die des Westens. Umso ärgerlicher, aber auch trauriger, wenn es aus inadäquater Absicht geschieht, also wenn das Ziel den Einsatz nicht rechtfertigt oder noch einfacher, ein sehr hoher Einsatz für ein vergleichsweise banales Ziel. Aber nun bestellen Sie sich doch erstmal was zu trinken, ehe wir uns hier die Kehlen trocken reden“, und Hoffmann winkte dem Ober.
Hans-Peter und Sebastian bestellten Limonade. Für Bier sei es draußen zu warm, erklärten sie. „Man wird anschließend nur müde davon“, sagte Hans-Peter.
Hoffmann orderte einen doppelten Cognac für sich. „Gut für den Kreislauf bei diesem Wetter“, meinte er.
Schließlich erwähnte er Dessau, „die Stadt der einstigen Junkers-Flugzeugwerke“, sagte er. „Da ziehen offenbar die Russen vom ehemaligen Werksgelände ab. Die Ostdeutschen ziehen dafür ein und der Flugplatz wird ausgebaut. Wir müssen wissen, was sich dort wirklich tut“, sagte er und drückte dazu wieder eine halb aufgerauchte Filterzigarette in den Aschenbecher. „Das wäre ein Auftrag“, sagte er und sah die beiden an. „Für Sie beide“, fügte er hinzu. „Vier Augen sehen mehr.“
„Dessau“, sagte Sebastian, „na ja, gut.“
Hans-Peter nickte. „Also, ob die Russen weg sind und was die anderen jetzt dort ausbauen?“
„Ja“, bestätigte Hoffmann, „sehen Sie zu, was Sie darüber erfahren können. Das ist erst mal alles. Interessant daran ist, wenn das die Ostdeutschen machen, dann sollen dort vielleicht deutsche Piloten ausgebildet werden und das wäre schon was Neues. Ein entscheidender Schritt in der ostdeutschen Wiederbewaffnung. Sie sollen nur feststellen, ob dort wirklich was ausgebaut wird.“
„Da müssen wir an einem Wochentag hin“, sagte Sebastian. „Das ist blöd, ich muß wieder krank machen. Du auch“, wandte er sich an den Freund.
„Ja natürlich, das geht schon.“
„Ich gebe Ihnen gleich das Reisegeld“, und Hoffmann schob Sebastian ein Kuvert über den Tisch.
„Wir fahren gleich morgen“, sagte der und steckte das Kuvert in die Jackentasche, „dann haben wir am Montag Zeit uns dort umzusehen.“
„Ich hab hier noch was“, und Hoffmann packte etwas in Zeitungspapier gewickeltes auf den Tisch. „Flugblätter“, sagte er, „die Sie bei der Rückfahrt drüben auslegen oder verteilen können. Stecken Sie sich damit die Taschen voll.“
„Machen wir dann gleich in der Toilette“, und Sebastian legte das Päckchen neben sich auf einen Stuhl.
„Dann sehen wir uns den Film mit dem Traumtänzer
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