Als die Erde bebte
einem Winterschlaf erwachen. Und dieses Monster drohte sie zu verschlingen. Im nächsten Moment verlor sie das Gleichgewicht und fiel hart hin.
Die Zeit schien stillzustehen.
Die Erde grollte und bebte. Während Amber über den kalten Betonboden schlitterte, dröhnten ihr die Ohren von einem plötzlichen Krachen.
Dann wurde sie gegen eine Mauer geschleudert, und die Sinne begannen ihr zu schwinden.
Das Letzte, was sie noch hörte, war ihr eigenes entsetztes Schreien.
Dax McCall fuhr gern im offenen Auto. Er liebte die Freiheit, mochte es, wenn der Wind ihm durchs Haar wehte, genoss den Duft des Herbstes, den Anblick der sich verfärbenden Blätter und den blauen Himmel über sich.
Er fühlte sich gut, denn er liebte das Leben.
Und Mutter Natur liebte Südkalifornien, vor allem San Diego County, denn obwohl es fast November war, blies ein warmer Wind. Nicht eine Wolke bedeckte den klaren Himmel.
Sonntag. Sein erster freier Tag seit Wochen. Nicht dass er sich beschwerte, denn er liebte auch seinen Job und wusste, dass er der beste Brandinspektor war, den dieses County je gehabt hatte. Doch die Arbeit war aufreibend, und auch wenn er ehrgeizig war, so brauchte er ab und zu eine Ruhepause.
Vielleicht sogar einen Urlaub. Er dachte an die Waldbrände, die in Montana außer Kontrolle geraten waren. Er könnte sich frei nehmen und helfen, sie zu bekämpfen. Die wenigsten würden das als Urlaub ansehen, doch im Grunde war Dax immer noch ein Feuerwehrmann. Auch nachdem er sich für eine Laufbahn als Ermittler entschieden hatte, liebte er es, Feuer zu bekämpfen, und nutzte dafür jede Gelegenheit.
Ein Klingeln störte seine friedliche Stimmung. Verdammt. Dax drehte das Radio leiser und schaltete widerwillig sein Handy ein.
“Wehe, es ist nichts Gutes”, sagte er warnend, während er seinen Wagen mit einer Hand langsam durch eine Haarnadelkurve steuerte.
“Das ist ja eine nette Begrüßung.”
Shelley, die älteste seiner fünf neugierigen, herrischen, aber auch sentimentalen und liebevollen Schwestern, konnte nur einen Grund für ihren Anruf haben.
“Die Antwort lautet Nein”, erklärte Dax.
Unbeeindruckt lachte sie. “Dax, Liebster, du weißt doch noch gar nicht, was ich von dir will.”
“Oh doch, das weiß ich”, entgegnete er barsch, musste aber lächeln. Er mochte seine Schwestern, selbst wenn sie ihn manchmal in den Wahnsinn trieben. “Dreht es sich zufällig um einen winzig kleinen Gefallen … für eine verzweifelte Freundin?”
“Sie ist nicht verzweifelt.”
“Wir haben das doch schon oft genug besprochen, oder? Hört auf, mich verkuppeln zu wollen.” Er hatte bereits all seinen wohlmeinenden Schwestern gesagt, dass sie es unterlassen sollten, für ihn irgendwelche Blind Dates zu verabreden.
Er war zweiunddreißig Jahre alt und noch immer ledig. Na und? Es störte ihn nicht. Es war ja nicht so, dass es ihm an weiblicher Gesellschaft mangelte. Trotzdem verfolgten seine Schwestern ihn mit ihren Freundinnen. Und Freundinnen der Freundinnen. Und Schwestern der Freundinnen der Freundinnen.
Auch wenn er sich schon seit Langem dagegen wehrte, war er in ihren Augen immer noch das Baby der Familie. Ein einsachtzig großes, achtzig Kilo schweres Baby mit den Muskeln eines Mannes, der fast zehn Jahre lang hart gearbeitet hatte, bevor er zum Ermittler wurde.
Ein interessantes Baby.
“Ich muss aufhören, Shelley”, sagte er, während er um die nächste scharfe Kurve bog.
“Nein, musst du nicht. Du willst nur nicht, dass ich dich mit jemandem zusammenbringe. Komm schon, Dax, deine letzte Freundin sah aus wie eine Barbiepuppe und sprach in diesem albernen Flüsterton, den kein Mensch versteht.”
Er fühlte sich nicht bemüßigt, sich sonderlich zu verteidigen. Warum sollte er nicht bei der Wahrheit bleiben? Er mochte nun mal Blondinen. Vollbusige Blondinen, und soweit er wusste, gab es nichts, was dagegen sprach. “Hey, ich versuche doch auch nicht, dich zu verkuppeln.”
“Vielleicht, weil ich verheiratet bin?”
“Hör mal, ich muss jetzt wirklich Schluss machen.” Er gab ein paar zischende Laute von sich. “Die Verbindung ist so schlecht.”
“Wo bist du im Moment?”, erkundigte sie sich, was ihn schuldbewusst grinsen ließ.
“Auf der Landstraße bei der alten Mühle.” Dax runzelte die Stirn und drosselte das Tempo, als er auf die Mühlenanlage und das Lagerhaus zufuhr. Mindestens zehn Meilen außerhalb der Stadt gelegen und umgeben von Wäldern, hatte das Gelände heutzutage
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