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Als die schwarzen Feen kamen

Als die schwarzen Feen kamen

Titel: Als die schwarzen Feen kamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Beer
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klang ein wenig bitter. Und als er sie wieder ansah, wusste Marie, dass er trotz des schwachen Lichts jeden ihrer Gesichtszüge genau erkennen konnte. » Guck doch nicht so. Du guckst, als würdest du mich für den bemitleidenswertesten Menschen der Welt halten.«
    Marie runzelte die Stirn. Das war wirklich nicht lustig. » Das bist du auch.«
    Die Reste von Gabriels Lachen verblassten auf seinem Gesicht. Lange Zeit sah er sie einfach nur an. Marie konnte seine Miene nicht richtig deuten, aber sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass er sich über ihre Worte freute– auf seine ganz eigene, ungewöhnliche Art, und obwohl die altbekannte Falte zwischen seinen Brauen sich inzwischen tief in seine Haut grub. Endlich lockerte er vorsichtig den Griff um Maries Hand. Kribbelnd floss das Blut in ihre Finger zurück.
    » Als du so unbedingt wissen wolltest, wie mein Schatten aussieht, habe ich abgeblockt, weil ich Angst hatte, dass es wieder passiert. Dass du dich vor mir ekeln und weglaufen würdest«, sagte Gabriel leise. Dann hob er einen Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln und stupste ihr mit der Spitze seines Zeigefingers leicht gegen die Stirn. » Aber ich hätte mir denken können, dass du anders bis als die anderen.«
    Marie konnte sich nicht helfen, sie musste ebenfalls lächeln. Anders… war sie das wirklich? Vermutlich schon, aber Gabriel war wohl der einzige Mensch auf der Welt, der es so sagen konnte, dass sie es als Kompliment aufnahm.
    Gabriel seufzte tief. » Ich hatte nicht damit gerechnet, irgendwem jemals wieder von diesen Dingen zu erzählen, verstehst du das?«
    » Mmh.« Marie nickte. Sie verstand es wirklich. In den letzten Tagen hatte sie zu schmerzhaft erfahren müssen, was es hieß, etwas zu erleben, wofür jeder normale Mensch sie für verrückt erklären würde. Und sie konnte inzwischen zumindest ahnen, wie es Gabriel sein ganzes Leben lang ergangen sein musste.
    Ein erneutes Lächeln glättete die Falten auf Gabriels Stirn. Vorsichtig rutschte er noch ein Stück näher an sie heran und schob seinen Arm unter ihrem hindurch. Seine Hand glitt über ihren Rücken und verfing sich einen Moment lang in ihren Haaren, ehe sie leicht auf Maries Schulterblatt liegen blieb. Ein erneuter tiefer Seufzer weitete seinen Brustkorb für eine Sekunde. Marie wagte kaum zu atmen. Ihre Nase berührte nun fast sein Schlüsselbein. Er roch so gut, dachte sie. Ein weicher und gleichzeitig ein wenig herber Geruch, der ihr Sicherheit gab.
    » Ich hätte dich sowieso nicht gehen lassen«, murmelte Gabriel.
    Maries Herz stolperte überrascht und setzte einen Schlag aus, bevor es vor Freude in einen neuen, schnelleren Rhythmus verfiel. Hitze durchflutete sie. Sie hatte das Gefühl, noch nie in ihrem Leben so etwas Schönes gehört zu haben, und wieder fiel ihr ein, wie Gabriel vor zwei Tagen vor den Sanitätern nach ihrer Hand gegriffen hatte.
    Ihr Freund.
    Vielleicht, dachte Marie und fühlte, wie ein heißes Glücksgefühl sie durchströmte, hatte er es ja doch ernst gemeint.
    » Ich laufe auch nicht weg«, flüsterte sie. Zögernd schlang sie einen Arm um seine Hüfte und schmiegte ihre Wange gegen seine Schulter. Sie konnte sein Herz unruhig schlagen hören. » Danke, dass du mir davon erzählt hast.«
    Gabriel antwortete nicht. Nur seine Fingerspitzen streichelten sanft ihren Nacken. Keiner von ihnen sagte mehr ein Wort. Sein Geruch und seine Wärme hüllten Marie ein und öffneten allmählich doch der Erschöpfung die Tür, die hinter der Aufregung, die in ihrem Inneren tobte, zurückgewichen war. Das Geräusch seiner gleichmäßigen Atemzüge trug sie davon, beinahe, wie es der Klang seiner Gitarre am Sonntag getan hatte. Hier war sie sicher, dachte sie. Hier konnte sie schlafen, ohne dass ein anderer Schatten als seiner ihr zu nahe kommen konnte.
    Auch Gabriels Herzschlag beruhigte sich allmählich. Nur ein oder zweimal noch unterbrach ein weiterer Seufzer die Melodie seines Atems.
    » Gute Nacht, Marie«, hörte sie ihn am Rand des Schlafs noch flüstern.
    Sie kuschelte sich noch dichter an ihn und spürte, wie alles in ihr warm und friedlich wurde. » Gute Nacht.«
    Dann schloss sich die Dunkelheit endgültig um sie.

Dreiundzwanzigstes Kapitel: Die Liebe der Bestie
    Gabriel gelang es nicht, einzuschlafen, obwohl er fürchterlich müde war. Maries leichte Atemzüge kitzelten die Haut an seiner Kehle, und ihr Körper, nur durch zwei dünne Schichten Stoff von seinem getrennt, war viel zu nah, als dass er hätte

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