Als die Tiere den Wald verließen
öfter zum Wohl der Gruppe opfern müssen«, warnte ihn der Dachs. »Das alles haben wir schon beschlossen, bevor wir den Wald verlassen haben. Wir werden unser Ziel nicht gemeinsam erreichen, wenn wir uns nicht auch nach den anderen richten.«
»Vielleicht könnten wir für die Dauer der Reise alle Gras fressen?« schlug das Oberste Kaninchen vor. »Davon gibt es immer genug. Danach muß man nie lange suchen. Das scheint mir die einfachste Lösung.« »Nein, nein.« Der Dachs schüttelte etwas ärgerlich den gestreiften Kopf. »Das würde meine Verdauung und die der anderen Fleischfresser völlig durcheinanderbringen. Ich habe mit dem, was ich eben sagte, auch nicht unsere Nahrung gemeint. Ich habe eher daran gedacht, wie wir vorwärts kommen und wo wir uns ausruhen. Wir müssen zusammenhalten. Die Sicherheit liegt in der Gruppe, versteht ihr?«
»Ich glaube bezüglich des Nahrungsproblems gibt es nur eine Lösung«, sagte der Fuchs. »Aus gesundheitlichen Gründen müssen wir dafür sorgen, daß wir die Nahrung fressen, an die wir gewöhnt sind - und die wir auch mögen. Andernfalls läßt sich nicht voraussagen, wie viele von uns unterwegs sterben werden.« »Was schlägst du vor, Fuchs?« fragte der Dachs. »Mein Vorschlag ist folgender: Wenn wir am Abend anhalten, gehen wir in Gruppen auf Nahrungssuche. Die pflanzenfressenden Tiere könnten zum Beispiel eine Gruppe bilden; die Eichhörnchen eine andere. Wir Fleischfresser könnten gemeinsam oder einzeln auf die Jagd gehen. Die Vögel können tun, was sie wollen. Aber über einen Punkt müssen wir uns einigen: wieviel Zeit jedem für die Nahrungssuche zusteht. Alle müßten gleich viel Zeit haben. Wir können am Ende jeden Tages entscheiden, wieviel Zeit wir uns nehmen. Dann werden wir alle gleichzeitig wieder an unserem Rastplatz eintreffen.«
Die Tiere waren sich einig, daß dies ein vortrefflicher Plan sei.
»Es gibt noch einen sehr wichtigen Punkt, den wir besprechen müssen«, sagte die Kröte. »Und zwar die Reisegeschwindigkeit und die Strecke, die wir täglich zurücklegen wollen.«
»Nun, das läßt sich ja eigentlich nicht planen, oder?« fragte der Dachs verwirrt.
»Nein, natürlich nicht. Ich habe diesen Punkt angeschnitten, weil unser Entschluß, so langsam zu gehen, daß selbst die langsamsten unter uns gut mitkommen, in Wirklichkeit nicht so richtig funktioniert.« Bei dieser Bemerkung blickte der Maulwurf sehr verlegen drein, als wäre er sicher, die Kröte würde sich auf seine Vorrangstellung als Passagier beziehen. Aber mit Erleichterung stellte er fest, daß dem nicht so war. »Der Grund, warum wir alle so müde waren, nachdem wir gestern nacht die Siedlung durchquert hatten, liegt darin, daß die Strecke für die langsameren Tiere wie mich und die Eidechsen für einen Tag zu weit war«, fuhr die Kröte fort. »Und für die größeren und schnelleren Tiere unter uns - Fuchs, Hase und Wiesel - war es furchtbar ermüdend, so langsam gehen zu müssen, daß alle mithalten konnten. Das müssen wir ändern!« »In dieser Hinsicht kann ich eine Lösung anbieten«, sagte die Oberste Eidechse. »Wir Eidechsen haben beschlossen, daß es für uns und für euch das beste wäre, wenn wir hier auf dem Militärgelände blieben.« Die Kröte nickte zustimmend. Aber die anderen Tiere zeigten ihre Überraschung. »Das ist lächerlich!« sagte der Dachs ruhig. »Wir werden schon eine Lösung finden. Wir können nicht einfach weitergehen und euch hier zurücklassen. Ihr seid außerdem nicht langsamer als die Kreuzotter.
Und du gehst doch weiter mit uns, oder nicht?« »O ja«, lispelte die Kreuzotter, die häufig an die eßbaren Frösche denken mußte. Doch sie hatte nicht vor, das zuzugeben. »Wer A sagt, muß auch B sagen«, meinte sie. »Genaugenommen«, fuhr die Oberste Eidechse fort, »ist es gut möglich, daß es für uns einfach zu weit ist. Nach der gestrigen Nacht sind wir nicht so begeistert davon, diese anstrengende Reise noch wochenlang - oder sogar monatelang - fortzusetzen. Und wir wissen, daß wir für die anderen eine Last wären.« »Ich glaube, du bist sehr weise, Eidechse«, sagte die Kröte. »Im Hirschpark gibt es wirklich nichts, was ihr nicht auch hier finden könntet. Der Turmfalke kann euch sagen, daß in diese Ecke des Militärgeländes nie ein Mensch kommt. Ihr seid hier so sicher wie im Naturschutzgebiet. Hier können sie keine Häuser bauen.« »Genau«, sagte die Eidechse. Sie wandte sich an den Dachs, der aussah, als wolle er sie
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