Als die Tiere den Wald verließen
wahnsinnige Angst vor Feuer. Er wußte, mit welcher Geschwindigkeit es die Wohnstätten von wehrlosen Tieren umschließen und alles auf seinem Weg verschlingen konnte. Er wußte auch, daß es dort, wo es brannte, schon bald von Menschen wimmelte, die überall mit eigenartigen, beängstigenden Maschinen herumrannten und einen schrecklichen Krach veranstalteten. Doch der Fuchs lief nicht davon. Sein Verantwortungsbewußtsein erwachte wieder, und mutig widersetzte er sich seinem Wunsch, die Flucht zu ergreifen. Als das Wiesel in panischer Angst an ihm vorbeiraste, rief er voll Autorität: »Halt! Du rennst direkt in den Sumpf!«
Das Wiesel, das Hals über Kopf davonstürzen wollte, blieb stehen und wandte sich gehorsam zu seinem Anführer um. Die Kaninchen und der Hase mit seiner Familie taten es ihm gleich.
»Tut mir leid, Fuchs«, sagte das zur Vernunft gekommene
Wiesel. »Wir haben einfach den Kopf verloren.«
»Wo sind die anderen?« fragte der Fuchs barsch und schaute
auf den flackernden Schein in der Ferne. »Wir dürfen keine Zeit
verlieren!«
»Sie kommen nach«, sagte das Wiesel. »Wir waren schon fast
im Lager, als wir die Flammen sahen. Die Kreuzotter und die
Kröte kamen gerade, so schnell sie konnten, auf uns zu und
riefen, wir sollten den Weg zurückrennen, auf dem wir
gekommen seien.« »Die Kröte!« rief der Fuchs. »Sie ist nicht
schnell genug, um zu entkommen. Das Gras ist so trocken, daß
die Flammen sich rasend schnell ausbreiten werden. Bäume,
Sträucher, alles wird in Flammen aufgehen. Sie wird sicher von
ihnen eingeholt! Ich muß zurück zu ihr - bevor es zu spät ist!« In diesem Augenblick landeten der Turmfalke und die
Fasanen neben dem Waldkauz auf dem Boden. »Die anderen
kommen auch bald«, sagte der Turmfalke. »Die Eichhörnchen
und die Igel sind ziemlich weit vor den Flammen, und auch die
Mäuse folgen dicht dahinter.«
»Was ist mit der Kröte?« fragte der Fuchs barsch. »Sie tut ihr
Bestes. Die Kreuzotter versuchte, ihr zu helfen, aber die Kröte
hat ihr befohlen, sie solle ihr eigenes Leben retten. Ich fürchte,
ohne Hilfe ...« »Ich gehe zurück und hole sie«, sagte der Fuchs
grimmig. »Dachs, du übernimmst die Führung! Du mußt die
anderen um den Sumpf herumführen! Wenn wir es bis auf die
andere Seite schaffen, sind wir vielleicht gerettet. Der feuchte
Boden hier hält die Flammen möglicherweise auf. Wie dem auch
sei - es ist unsere einzige Chance. Wartet, bis die anderen hier
ankommen, und dann geht alle zusammen! Die Kröte und ich
kommen so schnell wie möglich nach. Kauz, ich verlasse mich
auf dich, daß du sie ums Wasser herumführst! Dachs, du gehst
voraus, aber vorsichtig - der Boden hier ist gefährlich! Aber geh
so schnell wie möglich! Ah! Die Eichhörnchen und die Igel
kommen. Viel Glück!« Der Fuchs rannte in Richtung der
Flammen davon. Die anderen Tiere drängten sich nervös um den
Dachs und den Waldkauz. Die Igel und die Eichhörnchen
gesellten sich zu ihnen.
»Wie weit sind die Feldmäuse und die Wühlmäuse noch
entfernt?« fragte der Dachs.
»Sie müssen jeden Moment hier sein!« keuchte der älteste der
Igel.
»Hast du die Kreuzotter und die Kröte gesehen?« »Nein.« »Wir müssen auf die Kreuzotter warten«, sagte der Dachs.
»Der Fuchs ist losgerannt, um die Kröte zu holen.«
»Ich glaube nicht, daß wir warten sollten«, sagte der
Waldkauz. »Wir können für ein Mitglied der Gruppe nicht das
Leben all der anderen riskieren. Wir wissen nicht, wie weit sie
hinter uns ist.« »Wir können die Mäuse fragen, wenn sie hier
ankommen«, sagte der Dachs beharrlich. Der Feuerschein, den
sie durch die Bäume sehen konnten, war inzwischen größer
geworden, und die Tiere konnten das Geräusch der Flammen
hören. In der Ferne hoben sich die Bäume rot flackernd vom
schwarzen Himmel ab.
Einen Augenblick später kamen die Feldmäuse und die
Wühlmäuse vor Angst quiekend angerannt. Sie hatten die
Kreuzotter nicht gesehen.
»Wir können nicht warten«, sagte der Waldkauz wieder. »Wir geben ihr noch so lange Zeit, wie ein Herz braucht, um
zweihundertmal zu schlagen«, sagte der Dachs.
Wenn die Gefahr besteht, vom Feuer überrannt zu werden, dann braucht das Herz natürlich viel weniger Zeit, um zweihundertmal zu schlagen. Der Dachs lauschte auf sein wild schlagendes Herz und merkte, daß es unmöglich war, mitzuzählen. Aber er zwang sich, zwischen den unruhig hin und her huschenden Tieren noch ein bißchen länger still auszuharren. Keines der Tiere wagte es,
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