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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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davonzurennen, denn vor ihnen lagen die Gefahren des Sumpfes, und so waren sie zwischen dieser Gefahr und der anderen, die sich gerade näherte, eingeschlossen. Die schrecklichen Minuten des Wartens hatten sich gelohnt. Der Turmfalke entdeckte die roten Augen der Kreuzotter, die in der Dunkelheit unheilvoll leuchteten, und schon einen Augenblick
später war sie bei den anderen angelangt.
»So, jetzt kann es losgehen, Waldkauz!« befahl der Dachs,
und der Waldkauz flog den Vögeln voran in die Luft, während
die anderen mit Höchstgeschwindigkeit hinter dem Dachs
herrannten.
»Um den Sumpf herum!« rief der Dachs den Vögeln zu. »Der
Turmfalke kennt den Weg.« Während die Tiere dahinrasten, rief
ihnen der Waldkauz, der etwa vier Meter über ihnen flog,
Anweisungen zu. Ohne zu antworten, folgte der Dachs diesen
Anweisungen ganz genau. Er führte die Gruppe um sumpfige
Stellen herum, vermied Löcher und Schilfbüschel, die den
verräterischen Schlamm verbargen. Die Tiere wußten, daß sie die
Flammen mit jedem Schritt und jedem keuchenden Atemzug
weiter hinter sich ließen. Immer wieder hielten der Dachs und
die größeren Tiere an, damit die Kreuzotter, die Wühlmäuse und
die Feldmäuse aufholen konnten. Dann rasten sie weiter. Das
Wiesel bildete die Nachhut, ermunterte die langsameren Tiere
und hielt Ausschau nach dem Fuchs. Nach einer halben Stunde
waren sie am Ende des Sumpfes angelangt und begannen, um ihn
herum zur anderen Seite zu rennen - der Seite, die der Fuchs für
sicher gehalten hatte. Die jüngeren Tiere waren völlig erschöpft,
und allen, den Alten wie den Jungen, schmerzte jeder einzelne
Knochen. »Kauz!« rief der Dachs nach oben. »Wir halten für
eine kurze Rast an. Die Kleinen können nicht mehr!« Die Vögel
landeten, und die anderen Tiere sanken zu Boden. Ihre Körper
hoben und senkten sich heftig, ihre Kehlen waren ausgedörrt,
und ihre Augen tränten. Laut japsend schnappten sie nach Luft.
In der Ferne konnten sie immer noch das Feuer sehen. Sie
befanden sich jetzt an einer etwas erhöhten Stelle und konnten
zusehen, wie die Flammen sich ausbreiteten. Und noch etwas sahen sie: Das Feuer kam näher! »Vater, werden wir den Fuchs
wohl jemals wiedersehen?« fragte eines der Häschen. Der Hase lächelte. »Natürlich, mein Liebes«, sagte er sanft.
»Er ist bald wieder da. Du wirst schon sehen.«
    Als der Fuchs auf das Stechginstergebüsch und das Feuer zurannte, verbannte er entschlossen jeglichen Gedanken der Furcht. Er zwang sich, nur an die Kröte zu denken und daß er sie retten mußte, um die anderen zu retten. Ohne die Kröte waren sie ganz verloren. Das Feuer vor ihm wurde heller und lauter, und schon bald roch und spürte er die verbrannte und heiße Luft. Die Hitze wurde immer schlimmer. Und von der Kröte war nichts zu sehen.
    Der Fuchs begann nach ihr zu rufen. »Kröte! Kröte! Wo bist du?« Dann hob er seine Stimme über das Tosen des Feuers und schrie, so laut er konnte: »KRÖTE!« Der Fuchs wagte es nicht, das schreckliche Bild, dem er sich näherte, genau zu betrachten. Er wußte, daß er dann sofort die Nerven verlieren würde. Aber er konnte das Krachen von brennenden Ästen - manchmal von ganzen Bäumchen - hören. Das Tosen der gefräßigen Flammen war schrecklich, und schließlich konnte er nicht mehr weiter. Der Mut verließ ihn. Er wollte nur noch umdrehen und zurückrennen, zu seinen Freunden und in die Sicherheit. Da hörte er ein verzweifeltes Quaken. »Fuchs! Bist du zurückgekommen? Hier bin ich!« Die Kröte saß unter einem Stechginsterbusch und rührte sich nicht.
    »Was machst du denn da?« flüsterte der Fuchs mit ausgetrockneten Lippen. »Komm schnell! Die Flammen haben uns fast schon erreicht.«
    »Ich dachte, ich wäre verloren«, erwiderte die Kröte. »Ich wußte, daß ich zu langsam war, um mich zu retten, deshalb habe ich mich in mein Schicksal gefügt und wollte hier mein . . mein Ende erwarten.«
    Noch während sie sprach, fielen die Flammen mit schrecklichem Tosen über sie her. Angefacht von einem sanften Wind, war das Feuer schneller geworden und strich jetzt mit seinen gierigen Fingern durchs Unterholz.
    Die Kröte machte einen mächtigen Satz, als der Stechginsterbusch wie ein Freudenfeuer aufloderte. Die Nacht um sie wurde von den Flammen erleuchtet, es war taghell.
    Jetzt hörten sie in der Ferne Sirenen, Autos und menschliche Stimmen. Der Fuchs senkte den Kopf und nahm die Kröte sanft in den Mund. Dann drehte er sich um und galoppierte durch

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