Als die Tiere den Wald verließen
Waldkauz nickte. Da fiel dem Hasen etwas ein. »Was wohl mit dem armen Maulwurf passiert ist?« sagte er.
Während sich seine Freunde über ihn den Kopf zerbrachen, dachte der Maulwurf natürlich auch gerade an sie, und er bereute zutiefst seine Gier, die ihn in die gefährliche Lage gebracht hatte, in der er gerade steckte.
»Warum bin ich nicht bei den anderen geblieben?« heulte er in seinem ungemütlichen unterirdischen Gang. »O Dachs, wenn ich jemals hier herauskomme, dann werde ich nie mehr wegen meines schrecklichen Appetits wegrennen! Ich verspreche es! O je, ob ich ihn wohl jemals wiedersehe? Und den Fuchs?« Je mehr er an seine Freunde dachte, desto unglücklicher und hilfloser fühlte er sich.
Er wußte, daß an der Oberfläche irgendeine Gefahr drohen mußte, obwohl er keine Ahnung hatte, worum es sich handelte. Er fragte sich, ob der Fuchs und der Dachs und all die anderen wohl der Gefahr entronnen waren. Vielleicht waren sie inzwischen schon weit weg und hatten ihn aufgegeben? Er war ganz allein und verlassen! Was würde jetzt aus ihm werden? Er begann, heftig zu schluchzen. Er hatte furchtbare Angst. So weinte sich der Maulwurf in seiner Verzweiflung schließlich in den Schlaf.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte, als er durch schwere Fußtritte über sich aufgeweckt wurde. Es waren viele Fußtritte, und sie stammten nicht von Tieren. Bei dieser neuen Gefahr erschauderte er noch einmal, denn der Lärm sagte ihm, daß das Menschen sein mußten.
Schließlich wurde es wieder stiller, die Erschütterungen nahmen ab. Der Maulwurf sagte sich, daß es höchste Zeit war, sich auf den Weg zu machen, falls er seine Freunde jemals wiedersehen wollte. Er schob sich vorsichtig nach oben. Die Erde fühlte sich an seinen Pfoten immer noch warm an, aber er grub weiter. Allmählich war er sicher, daß er die Stelle, an der er zuvor hatte aufgeben müssen, schon hinter sich gelassen hatte. Kurze Zeit später wurde die Erde feucht und kühler. Er schob sich schneller nach oben, und nun entdeckte er noch etwas. Seine Nase witterte Brandgeruch, einen beißenden Geruch nach verkohlten Dingen. Dann durchstießen seine Pfoten die Erdoberfläche, er schob sich hinaus und sah sich um. Kaum wollte er seinen Augen trauen.
Die Morgendämmerung war angebrochen. Überall um ihn herum herrschte ein Bild der Verwüstung. Alles war gleichmäßig schwarz. Erde, Gras, Binsen und Sträucher - alles war verkohlt. Wie Skelette ragten verkrüppelte junge Bäume auf, ihre Stämme waren angekohlt, ohne jedes Blatt und ohne jeden Trieb. Einige der größeren Bäume hatten nur die unteren Äste und Blätter verloren. Aber auch sie schienen schwere Wunden erlitten zu haben, deren Narben sie für immer tragen würden. Die schwarze Erde war durch und durch naß und rauchte stellenweise noch.
Der Maulwurf wußte, daß ein schreckliches Feuer gewütet haben mußte und daß die Menschen gekommen waren, um es mit Wasser zu löschen. Er war sicher, daß all seine Freunde getötet worden waren, denn sie konnten unmöglich eine derartige Katastrophe überlebt haben.
»Oh, ich wollte, ich wäre ebenfalls tot!« stöhnte er. »Allein bin ich gar nichts! Wo soll ich nur hingehen? Oh, der arme Dachs!« Und er legte sich auf die Asche, den Kopf auf den Pfoten, und weinte bitterlich. Mit seinen kurzsichtigen Augen hatte der Maulwurf nicht gesehen, daß das Feuer in der Ferne, am Rand des Sumpfes, immer noch loderte, trotz der Bemühungen der Menschen.
In diesem Augenblick waren die anderen Tiere, zu denen sich inzwischen auch der Fuchs und die Kröte gesellt hatten, zwar ganz und gar nicht tot, aber sie befanden sich in größerer Gefahr als jemals zuvor.
10
Die Gegenüberstellung
Der verzweifelt daliegende Maulwurf, dessen kleiner samtiger Körper von Schluchzern geschüttelt wurde, wußte nicht, daß man ihn beobachtete. Einer der Männer war zurückgeblieben, um sicherzustellen, daß das Feuer nicht noch einmal irgendwo aufflackerte. Er hatte gerade die Stelle erreicht, wo der Maulwurf vorher auf Wurmjagd gegangen war. Der Mann war erstaunt, daß ein Lebewesen die Flammen überstanden hatte. Er beugte sich über das kleine Tier, um zu sehen, ob es noch lebte, und stellte fest, daß der Maulwurf atmete. Als der Mann das Loch sah, aus dem das Tier vor kurzer Zeit herausgekrochen war, wurde ihm klar, warum der Maulwurf nicht dem Feuer zum Opfer gefallen war. Vorsichtig senkte er die Hand und stellte fest, daß das Tier keinerlei
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