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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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die Kröte stehen und blickte sich nach allen Seiten um. Sie sah verwirrt aus. Die anderen hielten ebenfalls an. Ein paar Meter entfernt setzten sich der Hase und seine Gefährtin hin und schauten zurück.
»Stimmt etwas nicht?« fragte das Wiesel. »Es ist komisch«, sagte die Kröte. »Ich bin sicher, daß wir hier geradeaus gehen müssen, und trotzdem gibt es da etwas, das mich nicht in Ruhe läßt und mich nach links zieht.« Sie zögerte ein wenig und hüpfte dann in derselben Richtung weiter. Die anderen folgten ihr langsam nach.
Ein paar Meter weiter blieb sie wieder stehen. »Es nützt nichts«, sagte sie. »Diese Richtung kann nicht stimmen. Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Meine Beine wollen nach links. Und doch ...« Sie schaute noch einmal um sich. »Ich verstehe das nicht«, murmelte sie. »Vielleicht sind wir irgendwo falsch gelaufen?« mutmaßte das Eichhörnchen.
»Nein. Das ist es ja gerade. Ich erinnere mich sehr gut an den Weg hier«, meinte die Kröte nachdrücklich. »Sollen wir die andere Richtung versuchen, wenn sie dir richtig erscheint?« meinte der Dachs. »Gut«, sagte die Kröte und wandte sich nach links. Die anderen folgten.
Aber die Kröte sah nicht sehr glücklich aus. Sie schüttelte verwirrt den Kopf, aber sie blieb nicht stehen. »Das wird sicher interessant«, sagte die Kreuzotter. »Sieht so aus, als hätte sich unser Reiseführer verirrt.«
»Meine Güte!« rief der Dachs. »Das hoffe ich nicht!« Die Kröte ignorierte diese Bemerkung und ging mit entschlossener Miene weiter. Dabei wandte sie unentwegt den Kopf nach allen Seiten, so, als suche sie nach einem Anhaltspunkt.
Jetzt, wo sich die Kröte gar nicht mehr sicher war, war der Marsch nicht mehr so vergnüglich. Der Waldkauz gesellte sich wieder zu dem Turmfalken in der Luft. Der Turmfalke begrüßte den Waldkauz mit einem Looping, aber das beeindruckte den Waldkauz nicht. Daß der Falke in der Luft so geschickt war, schien ihm ganz normal. Jetzt bei Nacht war er - der Waldkauz - in seinem Element.
Im nächsten Augenblick bestätigte dies der Turmfalke ganz von selbst. »Ich bin in der Dunkelheit leider nicht viel wert«, sagte er. »Aber du kannst sehen. Vielleicht könntest du vorausfliegen und dich umschauen? Dann weiß die Kröte, ob wir auf dem richtigen Pfad sind.« »Du glaubst doch wohl nicht, daß ich darauf nicht auch selbst gekommen wäre, oder?« entgegnete der Kauz hochnäsig.
»Du hast nichts davon gesagt«, gab der Turmfalke zurück. »Ich wollte nur helfen.«
Er sah ärgerlich zu, wie der Waldkauz kräftig mit den Flügeln schlug und wortlos davonflog. »Er läßt sich nichts sagen«, brummte er angewidert. »Wo fliegt der Kauz hin?« wollte der Maulwurf vom Dachs wissen.
»Wir werden es bald erfahren«, antwortete der Dachs. »Der Waldkauz tut nie etwas ohne Grund.« Die Kröte wußte sofort, was der Vogel vorhatte. Sie war erleichtert und zur gleichen Zeit beunruhigt. Wenn sich herausstellen sollte, daß sie die anderen in die falsche Richtung führte, würden alle meinen, sie hätte versagt. Würden sie dann das Vertrauen in sie verlieren? Die Kröte schauderte. Jeder einzelne von ihnen hing ganz und gar von ihr - von ihrem Gedächtnis - ab. Bis jetzt hatten sie ihr völlig vertraut, und sie hatte sich nicht ein einziges Mal geirrt. Und jetzt? Sie erwartete sehnlichst die Rückkehr des Waldkauzes - und zur gleichen Zeit hatte sie Angst davor. Trotzdem hielt der seltsame und unsichtbare Einfluß, der sie dazu gebracht hatte, nach links zu gehen, immer noch an.
Der Dachs spürte die Besorgnis der Kröte und die Spannung, die in der Luft lag.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte er freundlich und so leise, daß es sonst keiner hörte. »Keiner wird dir einen Vorwurf machen, wenn du dich geirrt hast.« Die Kröte schaute zu dem vertrauten gestreiften Kopf auf und lächelte, als ihre Augen sich begegneten. Sie bekam kein Wort heraus.
»Ich schlage vor, wir halten hier ein Weilchen an«, sagte der Dachs dann lauter. »Wir warten auf den Waldkauz.«
Die Kröte nickte unglücklich, und die Tiere blieben hinter ihr stehen. Die meisten machten es sich auf dem weichen grünen Gras bequem. Der Turmfalke gesellte sich zu ihnen.
Sie mußten nicht lange warten. Die graue Gestalt des Waldkauzes erschien in der Dunkelheit. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, als er sich zwischen ihnen niederließ. Nur die Kröte blickte nicht auf. Sie hielt ihren Kopf gesenkt, während sie angespannt wartete. »Es ist die falsche Richtung«,

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