Als die Tiere den Wald verließen
Boote hatte er schon gesehen, und wenn er über den breiten Fluß blickte, riefen die Bilder, die er sah, gelegentlich die Gedanken zurück, die ihn vorher beschäftigt hatten, als er an der Stelle vorbeigeschwommen war.
Die meiste Zeit hatte er darüber nachgedacht, wie er sich aus seiner mißlichen Lage befreien konnte, aber am meisten hatte ihn die Not seiner Freunde beschäftigt, die jetzt keinen Anführer mehr hatten. Er hatte auch gehofft, daß der Dachs den Turmfalken aussenden würde, um nach ihm zu suchen, und auch jetzt auf dem Rückweg suchte er ständig den Himmel nach dem Vogel ab. Seine Freunde schienen so weit zu sein. Nach einigen Stunden wurde dem Fuchs klar, daß er anhalten und eine Pause machen mußte. Obwohl er eigentlich zum Schlafen keine Zeit hatte, wußte er doch, daß es wichtig war, sich auszuruhen, wenn er den Dachs und die anderen einholen wollte. Abgesehen von ein paar Minuten, wo er in einen unruhigen Dämmerschlaf gesunken war, als er hilflos dahintrieb, hatte er viel zuviel Angst gehabt, um zu schlafen. Er begann, sich nach einem geeigneten Unterschlupf umzusehen.
Für seinen Geschmack gab es hier zu viele Angler und Spaziergänger, und so ging er langsam weiter. Auf dem Fluß waren nur noch ein oder zwei Boote zu sehen, und der Fuchs hatte den Eindruck, das gegenüberliegende Ufer sei eine Idee näher gerückt. Dann kam er an eine Stelle, wo ein dichtes Wäldchen aus Weidenbäumchen bis ans Wasser führte. Hier konnte kein Mensch vom Ufer aus bis ans Wasser gehen, und so entschied der Fuchs, es sei ein ausgezeichneter Platz, um sich zu verstecken.
Er kroch unter die Bäume und legte sich unter die dichten Blätter eines Baumes, dessen Äste so tief herunterhingen, daß sie teilweise den Boden berührten. Der Fuchs war sicher, daß man ihn hier auch vom Wasser aus nicht sehen konnte, und so legte er erleichtert den Kopf auf die Pfoten und stieß einen tiefen Seufzer aus. Ein paar Stunden Ruhe, dann konnte er sich wieder auf den Weg machen. Er war so müde, daß ihn auch der nagende Hunger, den er in den Gedärmen spürte, nicht mehr kümmerte. Die Blätter der Weide raschelten im sanften Wind und strichen über sein Fell. Schon einen Augenblick später war der Fuchs in tiefen Schlaf versunken.
20
Die Füchsin
Es war völlig dunkel, als der Fuchs von einem heftigen Wind geweckt wurde, der durch die schützenden Weiden blies. Er stand auf. Er war ausgeruht, aber schrecklich hungrig. Als er nacheinander alle Glieder gestreckt hatte, kam er aus seinem schattigen Plätzchen hervor und machte sich auf den Weg, um Nahrung zu suchen. Heißhungrig, wie er war, hatte er keine Bedenken, alles kleine Getier zu schnappen, das er finden konnte. Käfer, Larven, Würmer, Schnecken - bei seinem Appetit waren das die reinsten Leckerbissen. Als sein schlimmster Hunger gestillt war, machte der Fuchs sich rasch wieder auf den Weg. Die Warnung des alten Pferdes hatte er nicht vergessen.
Jetzt bei Nacht war der Fluß ganz ruhig; keine lauten Motorboote waren mehr unterwegs, und auch am Flußufer waren keine Menschen mehr zu sehen. Ein ganzer Tag und eine ganze Nacht waren vergangen, seit er von dem Treibholz im Fluß mitgerissen worden war. Bis jetzt hatte er keinerlei Anzeichen dafür entdeckt, daß seine Freunde nach ihm suchten. Ihm war klar, daß bei der großen Entfernung nur die Vögel nach ihm Ausschau halten konnten. Er fragte sich, ob er wohl den Turmfalken verpaßt hatte, während er geschlafen hatte. Aber davor waren viele Stunden verstrichen, wo es schon hell gewesen war, und so war er fast sicher, daß ihn seine Freunde aufgegeben haben mußten. Er fühlte sich schrecklich allein.
Beim Weitergehen überlegte er, daß ihn das Gemeinschaftsleben, das er während des vergangenen Monats geführt hatte, sehr verändert hatte. Im Farthing-Wald hatte er ein ziemliches Einsiedlerleben geführt - ein typisches Fuchsleben, bei dem er meist tagsüber geschlafen hatte und nachts herumgestreift und auf Jagd gegangen war. Natürlich war der Dachs immer sein Freund gewesen, und er hatte auch andere Bekannte gehabt, wie zum Beispiel den Waldkauz. Aber damals hatte er keine Gesellschaft gesucht. Jetzt merkte der Fuchs, daß er die anderen so vermißte, daß er im Innern einen richtigen Schmerz verspürte. Was ihn im Moment am meisten beunruhigte, war, daß die anderen Tiere - sofern sie ihn aufgegeben hatten - die Reise fortsetzen und ihn noch weiter zurücklassen würden. Sein einziger Trost war es, daß
Weitere Kostenlose Bücher