Als die Tiere den Wald verließen
das Gebell und die menschlichen Rufe konnten nur eines bedeuten. Es war der Lärm, den jedes Geschöpf der Wildnis, ob klein oder groß, mehr fürchtete als alles andere. Eine Jagd war im Gange!
Einen Augenblick lang erfaßte den Maulwurf Panik. Er hatte schreckliche Angst, nicht um sich, sondern um seine Freunde - vor allem um den Dachs und die Hasen. Er wußte, daß er sich in Sekundenschnelle eingraben konnte. Außerdem waren die Jäger an so einer kleinen Beute nicht interessiert. Aber was war mit den anderen ? Mit aller Kraft, von der Angst getrieben, zog sich der Maulwurf hinter seinen Freunden her den Abhang hinauf.
Er war fast oben, als der erste Hund an der Seite des Hanges auftauchte. Andere folgten mit heraushängenden Zungen. Der Maulwurf atmete auf, als er sah, daß sie den Abhang hinunterrannten. Seine Freunde auf der Spitze des Hügels waren gerettet. Auf braunen, schwarzen und grauen Pferden tauchten Jäger in roten Jacken und Jägerinnen in schwarzen Jacken auf. Aber die Pferde liefen in einem gemäßigten Galopp, und dem Maulwurf wurde klar, daß die Hunde noch keine Fährte aufgenommen hatten. Dafür liefen sie noch zu langsam, und sie bellten zwar aufgeregt, doch die schreckliche Erregung, die mehr als alles andere für die Jagd auf wildlebende Tiere typisch ist, hatte sie noch nicht gepackt.
Auf dem Gipfel des Berges fand der Maulwurf ein kleines Wäldchen, und aus dem Schutz der Bäume tauchten in Zweiergruppen und einzeln zögernd seine Freunde auf.
»Oh, Maulwurf! Da bist du ja!« rief der Dachs. »Warum hast du das bloß getan? Wir haben schon gedacht, du wärst wieder weg!«
»Tut mir leid, Dachs«, sagte der Maulwurf zerknirscht. »Aber ich habe es gut gemeint. Bitte glaub mir! Es war deinetwegen!«
Der Dachs brachte es nicht übers Herz, noch etwas zu sagen. Er stupste den Maulwurf nur freundlich und verständnisvoll an.
»Hast du ... die ... Jagd gesehen?« Die Stimme des Maulwurfs schwankte.
»Wir haben sie eher gehört als gesehen«, sagte das Wiesel. »Wir haben uns unter den Bäumen versteckt.«
»Ich hoffe wirklich, daß heute keine Füchse unterwegs sind«, sagte die Kröte.
Die anderen Tiere wandten sich ihr zu, und in allen Augen war zu lesen, daß sie dasselbe dachten. Plötzlich trug ihnen der Wind ein erschreckendes neues Geräusch zu. Die Hunde schlugen mit wildem, schauerlichem Gebell an. Zusammen rannten die Tiere zum Abhang und blickten hinunter. Sie sahen, wie die Hunde über das Hügelland rasten. Die Reiter galoppierten mit fliegenden Jackenschößen hinterher auf einen kleinen Wald zu. »Sie haben eine Spur gefunden«, sagte der Waldkauz grimmig. »Irgendein armes Geschöpf muß jetzt rennen wie noch nie zuvor in seinem Leben.«
Es war die unglückliche Füchsin, die auf ihrem Rückweg zum Fuchs die Aufmerksamkeit der Hundemeute auf sich gezogen hatte. In einem Versuch, die verlorene Zeit wettzumachen, hatte sie eine Abkürzung durch den Wald benutzt. Sie hatte erwartet, den Fuchs überholt zu haben, sobald sie das Wäldchen durchquert hatte.
Mitten im Wäldchen hörte sie die Hunde. Ihr erster Gedanke war, sie seien auf der Fährte des Fuchses. Von einem Gefühl des Entsetzens und der Hilflosigkeit erfaßt, blieb sie regungslos stehen. Ihr Entsetzen wuchs, als sie hörte, wie das Gebell und das Pferdegetrappel näher kamen. Jetzt wußte sie, daß sie es war, die verfolgt wurde!
Ihre erste Reaktion war es, umzudrehen und den Weg zurückzurennen, auf dem sie gekommen war. Dann erkannte sie mit erschreckender Klarheit, daß sie draußen auf dem freien Feld kaum Chancen hatte, zu entkommen. Es war bei weitem das beste, im Wald zu bleiben, im Zickzack durch die dichtstehenden Bäume und das Gebüsch zu rennen und die Hundemeute in kleine Gruppen aufzusplittern. Außerdem würden hier die tiefhängenden Äste die Reiter behindern. Dann, wenn sie eine heillose Verwirrung gestiftet hatte, würde sie auf den Waldrand zuhalten und mit dem Vorsprung, den sie sich dann geschaffen hatte, so schnell davonrennen, daß sie eine gute Chance hatte, sowohl Hunde als auch Reiter abzuhängen.
Mit wild klopfendem Herzen zwang sich die Füchsin, so lange stehenzubleiben, bis die ersten Hunde das Wäldchen erreicht und sie aufgespürt hatten. Während all ihre Sinne und jeder einzelne Nerv danach schrien, zu rennen, zu fliehen, blieb sie äußerlich ruhig. Das schreckliche, ohrenbetäubende Bellen kam näher ... und näher... und näher... Bald konnte sie sogar das Klirren der
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