Als die Tiere den Wald verließen
großen Schlund verschwinden ließ. Als alle satt waren, legten sie sich hin, um zu verdauen. Sie waren froh, daß sie sich an diesem Tag nicht bewegen mußten.
»Der Maulwurf und die Kröte müssen Hunger haben!« bemerkte der Dachs lachend. »Sie essen immer noch!« Der Maulwurf hörte ihn. »Ich wußte nicht, daß die Kröte so einen guten Appetit hat«, quiekte er voller Staunen. »So schnell, wie ich die Würmer ausgrabe, so schnell läßt die Kröte sie verschwinden. Ich habe noch kaum einen gefressen.«
In diesem Augenblick ließ die Kröte ihre lange Zunge hervorschnellen und schnappte gefräßig den nächsten Wurm. Dann benutzte sie beide Vorderfüße, um die herausbaumelnden Enden in den Mund zu stopfen. Mit riesigen Schlucken, die ihren ganzen Körper schüttelten, würgte sie den Wurm Zentimeter um Zentimeter hinunter, und bei jedem Schluck schloß sie in ihrer Ekstase beide Augen.
»Du solltest lieber für dich ein paar Würmer fangen«, lachte das Wiesel, »sonst platzt die Kröte noch.« Das Frühstück des Maulwurfs wurde schließlich durch einen Regenguß gesichert, denn durch die Regentropfen war die Kröte wie verwandelt. Sie ließ von den Würmern ab und wurde ganz lebhaft, als sie die Feuchtigkeit auf der Haut spürte.
»Ich habe immer Lust zum Singen, wenn es regnet«, erklärte sie und machte jedesmal, wenn sie einen frischen Tropfen spürte, einen Satz. Mit einer Reihe von recht hohen Quäkern, die den Schreien der Enten auf dem Teich ähnelten, begann sie ihr Lied. Der Maulwurf schenkte ihr keine Beachtung, sondern fraß alle Würmer, die er finden konnte. Aus irgendeinem Grund war er ein wenig eifersüchtig geworden, als die anderen Tiere über den guten Appetit der Kröte gelacht hatten. Er hatte das Gefühl, sein eigener Ruf als Vielfraß sei im Schwinden, und weil dies seine einzige hervorstechende Eigenschaft war, begann er sofort seinen Ruf als der größte Wurmfresser wiederherzustellen.
Doch dies war vergeblich, denn als der Regen stärker wurde, suchten sich die meisten Tiere einen Unterschlupf, und seine Freßgier blieb unbeachtet. Die Kröte war inzwischen ins Wasser gehüpft, wo sie jetzt herumpaddelte. Sie sah den dunklen Schatten unter sich nicht. Plötzlich wurde sie von einem Fisch gepackt, der, nach seine Größe zu schließen, schon alt sein mußte.
Dem alten Teichbewohner gelang es nicht, die schlüpfrige Kröte richtig zu packen. So versuchte er, sie so schnell wie möglich im ganzen hinunterzuwürgen. Das war jedoch nicht so einfach, denn die Kröte hatte einen ziemlich dicken Bauch von all den vielen Würmern. Die Kröte, die noch zur Hälfte aus dem Fischmaul hing, quakte laut um Hilfe. Doch sie konnte nicht lange quaken, denn gleich darauf tauchte der Fisch tief hinunter in den Teich. Als die Kröte spürte, wie das Wasser über ihrem Kopf zusammenschlug, wurde ihr klar, daß ihr letztes Stündchen geschlagen hatte, sofern sie sich nicht rasch befreite. Tapfer trat sie um sich. Doch es nutzte nichts. Sie wurde festgehalten. Zwar konnte sie es ein paar Minuten ohne Luft aushalten, doch sie wußte, daß der alte Fisch auf dem schlammigen Grund bleiben würde, bis sie ertrunken war. Glücklicherweise hatte ein Tier - und zwar der Pfeifer - alles gesehen. Rasch alarmierte er den Fuchs und den Dachs, watete in den Teich und schaute ins Wasser. Doch die Regentropfen behinderten seine Sicht. »Kannst du etwas sehen?« fragte der Fuchs besorgt. Der Reiher antwortete nicht. Der Dachs stupste den Fuchs vielsagend an. Er wußte, daß es ausgesprochen wichtig war, sich jetzt ganz ruhig zu verhalten. Nach einer Ewigkeit, wie es ihnen vorkam, stieß der Reiher plötzlich mit seinem langen Schnabel ins Wasser. Als er ihn wieder herauszog, hielt er den alten Fisch, einen großen, zappelnden Karpfen, darin fest, der immer noch die Kröte (und zwar eine sehr schwache Kröte!) im Maul hatte.
»Bravo, Pfeifer!« schrie der Dachs, als der Reiher den Fisch hoch aufs Ufer legte, wo dieser sich wand wie ein Aal.
Es dauerte nicht lange, bis er das Maul öffnen mußte. Sofort ergriff der Reiher die Kröte und legte sie sanft vor dem Fuchs und dem Dachs hin. Nach einer Weile kam die Kröte wieder zu Atem und stand unsicher auf. »Mein lieber Pfeifer«, keuchte sie. »Ich... ich stehe tief in deiner Schuld!« »Es war mir ein Vergnügen«, antwortete der Reiher. Die Kröte sah den sterbenden Fisch an, der sich am Ufer zu Tode japste. »Könntest du mir wohl noch einen Gefallen tun?«
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