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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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ernannt worden war, zählte seine Freunde, als sie ihre Plätze einnahmen.
    Der Pfeifer hatte sich schon den ganzen Tag auf dieses Ereignis gefreut und war am Teich auf und ab stolziert, um seine Ungeduld zu verbergen. Der Maulwurf, dem seit seinem unbemerkten Versuch, einen Wurmrekord aufzustellen, ziemlich übel war, hatte den Tag über riesige Mengen Wasser getrunken und fühlte sich jetzt aufgeblasen wie ein Ballon. Bei jedem zögernden Schritt hörte er das Teichwasser in seinem Bauch gluckern, und er entschloß sich, während der nächsten vierundzwanzig Stunden zu fasten. Was die Kröte betraf, so hatte sie es nach ihrem Abenteuer am frühen Morgen nicht mehr gewagt zu schwimmen, sondern hatte sich damit begnügt, an einer kühlen Stelle im Schlamm zu sitzen, den Regen zu genießen und faul nach Eintagsfliegen und Stechmücken zu schnappen, die ihr zu nahe kamen. Rechtzeitig zum Fest hatte es aufgehört zu regnen, und jetzt war es warm und ruhig. Die Sterne am Himmel wurden von Wolkenfetzen verdeckt. »Hat irgend jemand den Waldkauz gesehen?« fragte der Dachs. »Und wo ist die Kreuzotter? Ich hoffe, sie ist nicht so dumm und bleibt weg!«
    »Der Waldkauz fliegt über dem Teich umher«, piepste eines der Igelkinder. »Er sieht aus wie eine riesige Fledermaus.«
Die anderen Igelkinder kicherten, doch die Rückkehr des Waldkauzes und ein strenger Blick vom Dachs brachten sie zum Schweigen.
»Nicht zu glauben!« rief der Waldkauz mit einem empörten Blick. »Es ist fast zu lächerlich, um darüber zu reden.«
»Was ist los, Kauz?« fragte der Dachs. »Such dir ein Plätzchen auf einem Baum und mach dir's bequem!« Letzteres war an den Pfeifer gerichtet, der rasch anstolziert kam, um zu hören, was es da zu berichten gab.
»Ich sitze nicht oft auf einem Baum«, antwortete dieser. »Ich stehe lieber auf festem Grund und Boden.« »Wie es dir beliebt«, sagte der Dachs höflich. »Aber lauf nicht wieder weg! Also, was gibt es, Waldkauz?« »Die Kreuzotter schwimmt im Teich herum und verursacht genausoviel Tumult wie ein Miniaturungeheuer von Loch Ness!«
»Warum denn, um alles in der Welt?« wollte der Dachs wissen.
»Gute Frage. Normalerweise geht sie ja nicht ins Wasser. Ich vermute, sie ist hinter diesem Fisch her.« »Oh, das kann ja wohl nicht wahr sein!« rief der Fuchs. »Die Kreuzotter müßte doch mehr Verstand haben! Sie kann ja gar nichts sehen!«
»Das ist eine ernste Angelegenheit«, sagte der Pfeifer langsam. »Wenn der Waldkauz recht hat, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß der Jäger zum Gejagten wird. So ein dünnes Ding wie die Kreuzotter kann der alte Karpfen ohne weiteres verschlingen.« Der Dachs und der Fuchs tauschten einen Blick. »Wie können wir sie herausholen?« wollte der Fuchs wissen.
»Niemand kann sie da herausholen, solange sie in dieser Stimmung ist«, sagte der Waldkauz. »Doch, doch, eine Möglichkeit gibt es«, quiekte der Maulwurf aufgeregt. »Hört bitte alle zu! Ich weiß, wie man es schaffen könnte.«
Der Fuchs lächelte ihm gönnerhaft zu, und der Waldkauz schien sich nicht gerade zu freuen, daß die Meinung des Maulwurfs von der seinigen abwich. »Na gut, Maulwurf«, sagte der freundliche Dachs. »Laß mal hören!«
»Alle Feldmäuse und alle Wühlmäuse müssen singen, so laut sie können«, verkündete der Maulwurf. »Und ich... ich singe auch mit und die Kröte vielleicht auch, wenn sie dazu in der Lage ist.«
»Und das soll die Kreuzotter aus dem Wasser holen?« fragte der Dachs.
»Natürlich nicht!« unterbrach der Waldkauz geringschätzig. »Ich weiß, was dem Maulwurf vorschwebt, aber es würde nicht wirken. Die Kreuzotter könnte es nicht hören.«
»Und was schwebt ihm vor?« fragte der Fuchs. Der Maulwurf sah schüchtern zu den Feldmäusen und den Wühlmäusen hinüber und dann zum Fuchs. »Es ist ein wenig schwierig, es jetzt zu erklären, Fuchs«, sagte er verlegen.
Der Waldkauz war nicht so schüchtern. »Es nutzt nichts, drum herumzureden«, sagte er. »Wir alle wissen, daß die Kreuzotter gern Mäuse frißt. Dann kann sie nicht widerstehen. Wenn sie sie im Dunkeln quieken hört, dann wirkt das auf sie wie ein Magnet.« Die Wühlmäuse und die Feldmäuse fingen an, erschrocken umherzuhüpfen und nervöse Zwitschergeräusche auszustoßen.
»Nein, nein!« riefen sie. »Das machen wir nicht! Wir singen nicht!«
Der Maulwurf sah den Waldkauz mit einem Ausdruck an, der zu sagen schien: »Siehst du, was du jetzt angerichtet hast?«
»Schon gut, beruhigt euch!«

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