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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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sagte der Kauz. »Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Selbst wenn wir alle mit voller Kraft singen, kann sie uns nicht hören.«
»Also müssen wir sie im Wasser lassen?« fragte der Fuchs.
Der Pfeifer bewegte seinen verletzten Flügel ein bißchen, wodurch er ein sehr leises Pfeifen erzeugte. »Natürlich gibt es da noch eine Möglichkeit«, sagte er nachdenklich. »Ich könnte ja ein wenig angeln.« Der Fuchs sah einen Augenblick lang so aus, als wolle er dem Vorschlag zustimmen. Dann wandte er den Blick ab. »Nein, das kann ich nicht zulassen«, sagte er. »Die Kreuzotter würde es uns nie verzeihen, wenn wir sie demütigen - und dann auch noch vor allen anderen.« Er blickte den Reiher wieder an. »Aber es war ein guter Einfall.«
»Wir müssen eben ohne sie anfangen«, sagte der Dachs resigniert. »Bitte geht alle wieder an eure Plätze.« Er wartete geduldig, während es sich alle seine Freunde, einschließlich der Mäuse, die sich inzwischen beruhigt hatten, wieder bequem machten. »Wir haben heute zwei Dinge zu feiern«, begann der Dachs. »Wir feiern die Rückkehr unseres guten Freundes - des Fuchses; und außerdem feiern wir die Tatsache, daß wir zwei weitere Freunde gewonnen haben - unsere charmante Füchsin und den amüsanten Pfeifer.«
Hier verbeugte sich der komische Reiher geziert, wobei sein verletzter Flügel einen langgezogenen, feierlichen Ton erzeugte, worüber die Tiere laut kichern mußten. Der Dachs fuhr fort: »Dies ist vermutlich unsere letzte Gelegenheit, ordentlich Rast zu machen, bevor wir im Hirschpark ankommen, deshalb sollten wir uns bemühen, daß der heutige Abend allen Spaß macht.« Er schaute den Fuchs an, der so aussah, als wolle er etwas sagen, und nickte. »Danke, Dachs«, sagte der Fuchs. »Bevor wir unseren Nachbarn, den Fischen und den Enten, zeigen, wie man singt, wollte ich euch nur sagen, wie glücklich ich bin, daß ich so gute Freunde habe. Nachdem ich mich lange Zeit gefragt habe, ob ich euch wohl jemals wiedersehe, schätze ich eure Gesellschaft jetzt, nachdem wir wieder vereint sind, um so mehr.«
Hier erklangen Hurrarufe, und viele Tiere schrien: »Guter alter Fuchs!«
Der Fuchs fuhr fort: »Wir haben schon so viel zusammen durchgemacht, daß ich nicht bezweifle, daß wir es früher oder später schaffen werden. Wir haben die Jagd überlebt, und ich bin sicher, daß wir jeglicher Gefahr, die uns noch bevorsteht, gewachsen sein werden.« Die Tiere stießen bei den mutigen Worten des Fuchses aufgeregte Rufe aus. Einige hatten das Gefühl, sie hätten ihr Ziel schon fast erreicht.
»Nur noch eine Sache«, fuhr der Fuchs fort, »und dann können wir die ganze Nacht singen, wenn ihr wollt. Als ich allein war, traf ich ein altes Pferd, ein ehemaliges Jagdpferd, das mir einen guten Ratschlag gegeben hat. Es sagte mir, daß das offene Land hier und die Felder drum herum Jagdgebiet seien und daß ich es so schnell wie möglich verlassen soll.
Und das, meine Freunde, werden wir tun. Da wir wieder alle zusammen sind und uns gut ausgeruht haben, sollten wir morgen abend so schnell wie möglich weiterziehen und nur anhalten, wenn es unbedingt sein muß. Bis wir diesen Landstrich hinter uns haben, sollten wir nachts wandern und uns tagsüber verstecken. Es wird hart werden - das läßt sich nicht leugnen -, aber ich verspreche euch: wenn wir alle unser Bestes geben und uns gegenseitig helfen, dann bin ich sicher, daß wir es schaffen. Und was für Geschichten werden wir dann den Tieren im Hirschpark zu erzählen haben!«
Der Fuchs lächelte, als er die entschlossenen Mienen seiner Freunde sah. Allen - vom Kleinsten bis zum Größten - sah man an, daß sie jetzt, nachdem sie schon so weit gekommen waren, nichts mehr aufhalten konnte.
»Nun, Dachs«, schloß der Fuchs, »ich überlasse es jetzt dir, uns etwas aufzuheitern.«
»Danke, lieber Freund«, gab der Dachs zurück. »Nun, wer fängt mit dem Singen an?«
»Ich«, sagte eine leise Stimme von hinten. Und da war die Kreuzotter, die eifrig züngelnd durch das Gras auf sie zuglitt. Ihre schuppige Haut glänzte feucht. »Ich bin zum Singen aufgelegt«, zischte sie, ohne über ihre vorherigen Aktivitäten im Wasser ein Wort zu verlieren. »Fiedel-dum, fiedel-dum, wie geht noch einmal die Melodie? Ach ja...!« Und mit einem ziemlich monotonen und unmelodischen Lispeln sang sie ein Lied über die erste Schlange, die auf der Welt gelebt hatte. Sie hatte sechs Beine gehabt, von denen bei jeder Lüge eines abgebrochen war, bis sie

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