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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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immer wieder ein paar Strophen hinzufügen, und wenn wir dann unser Ziel erreichen, singe ich euch das ganz Lied.«
Alle Tiere willigten ein, und der Maulwurf erklärte, er sei jetzt um so begieriger, den Hirschpark zu erreichen. In bester Stimmung wurde das Fest beendet. Voller Vertrauen in den weiteren Verlauf ihrer Reise legten sich alle schlafen.

26
Die Autobahn
    Die Tiere verließen den sicheren Steinbruch spät am nächsten Abend. Der Fuchs nahm mit der Kröte auf dem Rücken wieder seinen Platz an der Spitze ein. Zu seiner Seite gingen die Füchsin und die Hasenfamilie.
    Der Dachs mit dem Maulwurf auf dem Rücken und das Wiesel bildeten die Nachhut. Neben ihnen glitt die Kreuzotter dahin.
    In der Mitte gingen die Kaninchen und die Igel. Dahinter folgten die Wühlmäuse, die Feldmäuse und die Eichhörnchen.
In der Luft flogen jetzt drei Gruppenmitglieder: ganz vorn der Waldkauz, gefolgt von dem Turmfalken und dem Pfeifer.
Für die Tiere war der regelmäßige, wohlklingende Flügelschlag des Reihers über ihnen sehr beruhigend. Aber dem Waldkauz, dem Meister der Heimlichkeit und der Stille, mißfiel dieses Geräusch im geheimen. Als die Morgendämmerung anbrach, mußten die Tiere sich so schnell wie möglich einen sicheren Ruheplatz suchen. Dort versteckten sie sich und schliefen. In der Abenddämmerung fraßen und tranken sie, und als es dunkel wurde, setzten sie ihre Wanderung fort. So machten sie es den ganzen Juni über, und Anfang Juli waren sie nur noch eine Tagereise vom Ende des Hügellandes entfernt, wo sie, wie die Kröte sagte, eine sehr breite, neue Straße überqueren mußten, an der immer noch gebaut wurde. Nach diesem Hindernis war das Schlimmste geschafft, denn dann kam als einzige gefährliche Stelle nur noch eine Stadt, durch die sie hindurch mußten, um zum Hirschpark zu gelangen. Während der vergangenen Wochen hatten sie keinerlei Anzeichen mehr dafür gesehen, daß sie sich in einem Jagdgebiet befanden, und ihr knappes Entrinnen und die Todesangst bei der Jagd erschienen ihnen fast nur noch wie ein schlimmer Traum.
Doch an dem Rastplatz, den der Fuchs für die noch verbleibenden Stunden des letzten Tages auf dem Hügelland gewählt hatte, wurden diese Erinnerungen ganz plötzlich und sehr unangenehm wieder wachgerufen. Es geschah am Nachmittag, als sie schliefen. Nur der Turmfalke war wach. Er schien es nie für nötig zu halten, länger als ein paar Stunden auszuruhen. Er hatte seine Freunde inmitten von dichtem Dornengebüsch schlafend zurückgelassen. Nun segelte er am wolkenlosen Julihimmel dahin und genoß die Einsamkeit. Mit seinen ausgezeichneten Augen entdeckte er verschiedene Dinge, die sich über die grüne Fläche weit unter ihm bewegten. Da waren kleinere Grüppchen von Menschen, die Picknick machten, Pärchen, die mit Hunden spazierengingen, andere Vögel, die unentwegt von Baum zu Baum und von einer Stelle zur anderen flogen, und Autos in allen Farben, die wie Leuchtfeuer glitzerten, wenn Glas und Chrom die Sonne reflektierten.
Der Turmfalke hielt Ausschau nach der Straße, welche die Kröte erwähnt hatte. Er wußte, in welcher Richtung sie lag, aber die Sicht war durch eine hohe Böschung und eine lange, gerade Baumreihe verdeckt. Wenn er die Straße gesehen hätte, so hätte er den anderen berichten müssen, daß sie ganz und gar nicht das war, was sie angenommen hatten. Doch nun wurde er durch einen roten Fleck in der Ferne ganz plötzlich an eine Gefahr erinnert, die sie inzwischen fast vergessen hatten.
Der Turmfalke ließ sich dahinschweben und versuchte, die Entfernung abzuschätzen. Er sah die Bewegung, die durch die Hundemeute lief, und das gleiche geschah bei den Pferden mit ihren Reitern in den roten Jacken. Es gab keinen Zweifel - sie kamen langsam in seine Richtung. Der Turmfalke entschied, daß sie im Augenblick noch weit genug entfernt waren und daß er sich nicht zu beunruhigen brauchte. Aber sie waren nicht weit genug entfernt, als daß man sie hätte ignorieren können. Er flog zurück ins Lager, um den Fuchs aufzuwecken und ihm zu berichten.
Der Fuchs war der Meinung, man sollte sofort aufbrechen, um nicht von den Jägern eingeholt zu werden, doch er weckte erst die Füchsin und fragte sie um Rat.
»Ja, wir sollten sofort aufbrechen!« sagte sie nachdrücklich. »Wir können nicht warten und hoffen, daß sie nicht in diese Richtung kommen. Dann würden wir vielleicht feststellen, daß wir zu lange gewartet haben.« Der Fuchs nickte. »Genau das meine ich

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